Nach dem haarsträubenden Unglücksfall am Nürburgring, bei dem ein Kameramann von einem umherfliegenden Rad getroffen wurde, fordern viele Teamchefs und Beobachter Sturzhelme für sämtliches Personal in der Boxengasse. Eine nahezu grandiose Idee. Übertragen auf besagten Vorfall hieße dies: Der Betroffene wäre wohl noch mal davongekommen. Schließlich hätte er mit einem Helm auf dem Kopf statt eines Schlüsselbeinbruchs, zweier gebrochener Rippen und einer Gehirnerschütterung nun lediglich einen Schlüsselbeinbruch und lediglich zwei gebrochene Rippen.

Dass obige Sätze nicht ganz ernst gemeint sind, sei hiermit sicherheitshalber erwähnt. Der Punkt ist: Helme halten Räder nicht davon ab, wie wild durch die Luft zu jagen. Ein Kopfschutz allein kann ergo nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Vielmehr sollte das Problem dort in den Griff bekommen werden, wo es entsteht – nämlich bei den Reifenwechseln selbst. Die lächerlich schnelle Geschwindigkeit, mit der geschätzt 28 Mechaniker vier jeweils 15 Kilogramm schwere Räder wechseln, ist zwar spektakulär, aber ebenso eine unnötige Gefahrenquelle.

Die Schau hat eine Grenze überschritten

Natürlich, Motorsport ist gefährlich. Vermutlich wird er es auch für immer bleiben. Aber: Nach den jüngsten Todesfällen in Le Mans und Le Castellet sollte man die Anbringung dieser unheimlich tollen, männlichen Weisheit mit äußerster Vorsicht genießen. Wie auch immer man zur Sache steht: Unfälle mehr oder minder zu provozieren – und dies ist bei den Blitz-Boxenstopps der Formel 1 ganz offensichtlich der Fall –, kann bei allen Zugeständnissen an die Natur des Sports niemand goutieren. Muss es tatsächlich zum Schlimmsten kommen, damit etwas verändert wird?

Tankvorgang an einem Toro Rosso im Jahr 2008, Foto: Sutton
Tankvorgang an einem Toro Rosso im Jahr 2008, Foto: Sutton

Eine simple Lösung könnte es sein, das Nachtanken wieder zu erlauben. Wenn für etwa sechs bis acht Sekunden Sprit fließt, besteht genug Zeit, um alle Räder vernünftig zu befestigen. Selbstverständlich wäre dies ein Kompromiss, so besteht beim Nachtanken immer das Risiko eines Feuers. Schaut man sich aber an, wie viele Feuerunfälle es zuletzt in den relevanten Rennserien dieser Welt gegeben hat, und wie viele Formel-1-Räder unterdessen durch die Gegend geflogen sind, ist jener Kompromiss womöglich ein nicht allzu schlechter.

Nicht nur, dass die Stopps weitaus weniger hektisch ablaufen würden, auch Strategie-Liebhaber kämen auf ihre Kosten. Zudem müssten die Teams nicht mehr einzig und allein nach der Pfeife der unsäglichen Pirelli-Reifen tanzen, würden mit variabler Benzinmenge durchaus flexibler agieren können. Ein weiterer Ansatz wäre die Einführung einer Mindeststandzeit, doch ob eine solche in der Königsklasse des Motorsports akzeptiert würde, ist zweifelsohne fraglich. Unter dem Strich sollte jedoch nun klar sein: Es ist Zeit, die Sicherheit aller Beteiligten wieder in den Fokus zu rücken.