Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali wurde der Motorsport praktisch in die Wiege gelegt. Der heute 47-Jährige wurde in Imola geboren und half in seiner Jugend an Rennwochenenden im Paddock und Medienzentrum aus. Nach seinem Abschluss in Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft an der Universität von Bologna sandte er direkt eine Bewerbung an Ferrari. Bis zum Teamchef war es da jedoch noch ein weiter Weg.

Zunächst war Domenicali in der Finanzabteilung tätig, zeitgleich erhielt er jedoch die Erlaubnis, die hauseigene Strecke in Mugello zu betreuen. Von 1992 bis 1994 war er Renndirektor in Mugello und kam mit der MotoGP, DTM und anderen Rennserien in Kontakt. Anschließend war er verantwortlich für das Personal und Sponsoren, ehe er 1996 zum Teammanager aufstieg und 2002 zum Sportdirektor ernannt wurde. 2008 folgte er schließlich Jean Todt auf den Posten des Teamchefs. "Für mich gibt es nur Ferrari", stellt er klar.

"Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal das werden würde, was ich jetzt bin, um ehrlich zu sein", erklärte der Nachfolger von Todt, Claudio Lombardi und Cesare Fiorio gegenüber F1 Racing. "Es ist eine große Herausforderung, die man mit der richtigen Herangehensweise und der richtigen Professionalität angehen muss, in dem Wissen, dass das als ein Privileg angesehen werden muss", fügte er hinzu. "Voller Einsatz und Vollgas - das braucht man, wenn man hier sitzt."

Jedoch war und ist Motorsport nicht alles im Leben von Stefano Domenicali. Im Alter von 17 Jahren erhielt er seine Pilotenlizenz, heute hat er auf einem Bücherregal in seinem Büro ein paar Modellhubschrauber stehen. "Ich bin nach wie vor begeistert von der Luftfahrt. Als Kind wollte ich Basketball spielen und ein Militärpilot werden. Ich habe das erste getan, aber nicht das zweite", meinte er mit einem Lächeln.

Stefano Domenicali nennt Fernando Alonso sein stärkstes Attribut., Foto: Sutton
Stefano Domenicali nennt Fernando Alonso sein stärkstes Attribut., Foto: Sutton

Formel 1 ist nicht Fußball

Mit einem anderen Spiel - nämlich dem Fußball - will Domenicali die Formel 1 nicht vergleichen. Im Fußball könne man einen Spieler austauschen und plötzlich erfolgreich sein. "Wenn man hier ein paar Veränderungen in Bezug auf die Methodik oder die Organisation vornimmt, dann wird man den Nutzen erst nach einem Jahr oder sogar erst noch später sehen", stellte er eine Besonderheit der Königsklasse des Motorsports heraus. "In einer Situation wie dieser im Moment, mit stabilem Reglement, muss man alles verbessern, wenn man sich verbessern will, jedes kleine Detail, sonst wird man nie gewinnen."

Doch das ist das oberste Ziel von Ferrari, denn Zweiter zu werden, schmerzt. Das weiß wohl keiner besser als Fernando Alonso, der den Titel im vergangenen Jahr knapp verfehlte. Dass der Spanier eine beinahe perfekte Saison wie 2012 - mit dem einzigen Makel des fehlenden Titels - nicht wird wiederholen können, glaubt Domenicali nicht. "Warum nicht? Er kann das absolut wieder schaffen - vielleicht sogar besser", schickte er zugleich eine Warnung an die Konkurrenz.

"Das Großartige am Sport ist, dass man glaubt, mehr erreichen zu können, als man ursprünglich für möglich gehalten hat und dann wir einem klar, dass man das Jahr danach noch besser ist." Es sei eine Frage der Reife, des richtigen Werkzeugs, der Ausgeglichenheit, die man erreiche, wenn man wachse. "Daher bin ich positiv gestimmt, dass er diese Saison wieder einen großartigen Job macht. Kein Zweifel."

Mehr im Kopf als im Windkanal

Domenicali beschreibt Alonso als sein stärkstes Attribut und nennt ihn einen großartigen Fahrer, der nicht viel rede. Er habe viel Vertrauen ins Team und verlasse sich auf die Teamarbeit. Vor der Saison sorgte Alonso jedoch für Stirnrunzeln, als er auf die Testfahrten in Jerez verzichtete. Gerüchte um eine Verletzung machten die Runde und das Paddock rätselte, warum ein Fahrer, der zum dritten Mal Weltmeister werden will, auf Kilometer in seinem neuen Arbeitsgerät verzichtet.

Domenicali betont zum einen, wie wichtig es für Alonso war, sich nach der bitteren Niederlage gegen Sebastian Vettel richtig zu erholen und mental wie körperlich gestärkt in die neue Saison zu gehen. Zum anderen hat der Ferrari-Teamchef eine klare Auffassung, wie man ein Auto schnell macht. "Es steckt mehr Leistung im Kopf eines Fahrers als in einer Woche im Windkanal", lautet seine These.