Der Teamkollege ist im Motorsport immer derjenige, den es als erstes zu schlagen gilt und gleichzeitig der Maßstab für die Leistung des anderen Piloten. An einem starken Teamkollegen sind in der Formel 1 schon viele Karrieren zerbrochen. Motorsport-Magazin.com blickt auf die Teamduelle der vergangenen Saison zurück - wer hatte seinen Partner fest im Griff, wer hat ihn überraschend geschlagen?

Sauber: Kobayashi vs. Perez

Punkte: 60:66 - Qualifying: 9:11

Perez hatte die Nase nicht immer vorne, Foto: Sutton
Perez hatte die Nase nicht immer vorne, Foto: Sutton

Eigentlich war es schon das Jahr des Sergio Perez - aber eben nur eigentlich. Zwar fuhr der Mexikaner 2012 dreimal aufs Podium, hatte in Malaysia und Italien sogar Siegchancen und am Ende sicherte er sich durch seine Leistung den Wechsel ins Top-Cockpit von McLaren. Doch blickt man einmal auf die nackten Zahlen, fragt man sich, warum der eine Sauber-Pilot nächstes Jahr womöglich um den Titel kämpfen kann und der andere dafür arbeitslos ist. So groß wie in der kollektiven Wahrnehmung waren die Unterschiede zwischen Kamui Kobayashi und Perez bei weitem nicht. Wie bereits in den beiden Vorjahren wurde der Japaner auch heuer Zwölfter in der Gesamtwertung. Seitens des Teams konnte man ihm dementsprechend Stagnation vorwerfen. Seinen aggressiven Fahrstil hat der Ex-Toyota-Pilot nach wie vor nicht verlernt - bei einigen überflüssigen Kollisionen gereichte ihm das 2012 aber eher zum Nachteil.

Besonders in den Sommermonaten ließ er dabei zu viele Punkte liegen. Auch wenn Perez am Ende nur sechs Punkte Vorsprung auf seinen Teamkollegen hatte, wusste er sich in der Außendarstellung durchaus besser zu verkaufen. Auf diesen Hype sprang letztlich auch McLaren auf, wobei sich der Mexikaner bei vereinzelten Highlights und taktischen Fahrten in puncto Reifenverschleiß wirklich auszeichnen konnte. Genauso wirkte er nach der Klärung seiner Zukunft desinteressiert bis unmotiviert - in den letzten sechs Saisonrennen nach seiner McLaren-Unterschrift holte er keinen einzigen Punkt mehr, womit er den positiven Gesamteindruck nachhaltig schädigte. Im Qualifying nahmen sich die beiden Rivalen derweil wenig - wie schon im Vorjahr hatte Perez mit elf gewonnenen Duellen im Zeittraining die Nase denkbar knapp vorne.

Mercedes: Schumacher vs. Rosberg

Punkte: 49:93 - Qualifying: 10:10

Rosbergs China-Sieg war das Mercedes-Highlight, Foto: Mercedes AMG
Rosbergs China-Sieg war das Mercedes-Highlight, Foto: Mercedes AMG

Zu Saisonbeginn hatte es den Anschein, als wäre für Mercedes 2012 eine Menge möglich und als hätte Michael Schumacher nach zwei unterlegenen Jahren im Winter plötzlich den heiligen Grahl und ein Rezept gegen den schnellen Nico Rosberg gefunden. Punktemäßig floppte der Saisonstart zwar, doch beim dritten Lauf in China war Mercedes urplötzlich die Nummer eins im Feld. Rosbergs-Qualifyingrunde am Samstag war eine der besten des ganzen Jahres, wodurch er den Grundstein für seinen verdienten ersten Karrieretriumph legte. Schumacher wurde allerdings nicht nur in Shanghai vom Technikpech verfolgt - in der ersten Saisonhälfte sah er kaum das Zieltuch und konnte somit auf dem Papier wenig vom damals noch großen Potenzial des F1 W03 profitieren. In Monaco stellte er den Silberpfeil zwar auf Startplatz eins - mit einer Strafe aus dem vorangegangenen Rennen in Barcelona schoss er sich jedoch zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt selbst ins Bein.

Rosberg holte im Fürstentum mit P2 den nächsten Podestplatz und zwischen China und Kanada die meisten Punkte aller Fahrer im Feld. Danach brach die Performance des Autos sichtbar ein - Schumacher schaffte im Chaosrennen von Valencia mit ein bisschen Glück zwar noch sein erstes Podium nach dem Comeback, danach war an eine signifikante Aufstockung seines Punktekontos aber nicht mehr zu denken. Festzuhalten bleibt: Ging das Auto gut, war Rosberg oftmals knapp vorne - zickte der Bolide, half Schumachers Erfahrung, ein Quäntchen mehr herauszuquetschen. Auch im Qualifying endete das Duell unentschieden. Auf der Piste wurde Schumacher durch die Technik eingebremst, Rosberg am Jahresende durch Abschüsse der Kollegen. Letztendlich war der Wiesbadener aber dann präsenter, als es die Big Points einzufahren gab - auch das ist eine Qualität, die sich schließlich im eindeutigen Punktestand widerspiegelt.

Lotus: Räikkönen vs. Grosjean/Räikkönen vs. D'Ambrosio

Punkte: 197:96/10:0 - Qualifying: 9:10/1:0

Schnelle Zeiten & viel Schrott: Grosjean erlebte Licht & Schatten, Foto: Sutton
Schnelle Zeiten & viel Schrott: Grosjean erlebte Licht & Schatten, Foto: Sutton

Kimi Räikkönen gelang 2012 das, was Michael Schumacher in den vergangenen drei Jahren verwehrt geblieben war: Ein Traumcomeback. Rang drei in der Abrechnung spricht für sich, wobei der Finne bei Lotus auch auf unverhofft gutes Material traf. Beleg dafür ist ebenso die Leistung Grosjeans, der sich trotz etlicher Erstrundeneskapaden an die 100-Punkte-Marke herantastete und immerhin dreimal aufs Podest raste. Dennoch war es eine durchwachsene Saison des oftmals am Start viel zu nervösen Franzosen. Trauriger Tiefpunkt war seine Rennsperre in Monza nach der Spa-Kollision. Überstand Grosjean Runde eins jedoch unbeschadet, zeigte er das, was er auch am Samstag oft demonstrierte: Seinen hervorragenden Grundspeed, der seine Daseinsberechtigung in der F1 noch am Leben erhält.

Das Qualifying war hingegen Räikkönens einzige Schwachstelle - im Zeittraining war er seinem unerfahrenen Stallgefährten unterlegen, zu viele mögliche Punkte ließ er hier schon am Samstag liegen und damit auch die Möglichkeit, am Ende wirklich noch in den WM-Kampf einzugreifen. Trotzdem machte der Finne aber kaum grobe Fehler - belohnt wurde das mit dem längst überfälligen ersten Lotus-Sieg in Abu Dhabi. Dieser war neben den Fahrten in Bahrain und Ungarn nur eines von vielen Highlights - das größte aber wohl Räikkönens unfassbare Konstanz. Alle 20 Saisonrennen beendete er, nur einmal (China) kam er dabei nicht in die Punkteränge. Besonders von dieser Beständigkeit, die eines Weltmeisters mehr als würdig war, kann auch der schnelle Rohdiamant Grosjean noch eine Menge lernen.