"Der alte Hockenheimring, der war wirklich gut", schwelgt Mark Webber in Erinnerungen. "Es ging einfach nur volles Rohr geradeaus durch den Wald." Wie viele andere Fahrer und Fans ist auch der Australier von dem neuen Layout des Hockenheimrings nicht gerade außerordentlich begeistert. Seit nunmehr über einer Dekade fährt die Formel 1 nicht mehr die schier endlos langen Geraden des Hartwaldes entlang – und wird dies auch nie mehr. Sämtlicher Asphalt, der sich einst zwischen Nordkurve und Parabolika-Haarnadel befand, ist heutzutage verschwunden. Ob Jim-Clark-Schikane oder Ostkurve: Die 70 Jahre alten Streckenteile wurden längst wieder aufgeforstet.

Wie so häufig im Sport musste auch auf dem ehemaligen Kurpfalzring die Tradition der Rentabilität weichen. Mehr zahlende Zuschauer sollten die vorbeirasenden Rennwagen häufiger sehen, und so wurde der 1932 errichtete Hochgeschwindigkeitskurs drastisch gekürzt. Die Umbauarbeiten im Februar 2002 kosteten die Strecke rund 2,2 von einst knapp sieben Kilometern Länge. Sieben Kilometer, auf denen mitunter historische Duelle ausgetragen wurden. So zum Beispiel die fulminante Windschattenschlacht zwischen Alan Jones und Alain Prost 1981; ein Jahr später der etwas bizarre Boxkampf Nelson Piquet gegen Eliseo Salazar.

Liebling der Hockenheimer Fans: Michael Schumacher, Foto: Sutton
Liebling der Hockenheimer Fans: Michael Schumacher, Foto: Sutton

Fraglos definierte sich der Ruf des alten Hockenheimrings über seine langen Geradeauspassagen und die damit verbundenen hohen Tempos. Im letzten Jahr des Bestehens der Sieben-Kilometer-Variante beendete Ralf Schumacher den Großen Preis von Deutschland nicht nur als Gewinner, sondern auch mit der höchsten je erreichten Durchschnittsgeschwindigkeit bei einem Formel-1-Rennen in Hockenheim: 235,351 Stundenkilometer. Punktuell erreichten die Autos an der schnellsten Stelle der Bahn zu dieser Zeit einen Topspeed von sage und schreibe 360 Sachen. Nur auf der italienischen Traditionspiste Monzas sind diese Werte ähnlich beeindruckend.

Bis heute unvergessen ist auch das Chaosrennen anno 2000. Mit Brasilienflagge in der Hand, Freudentränen in den Augen und jeder Menge unverständlicher Worte im Boxenfunk rollte Rubens Barrichello dazumal als frisch gebackener Grand-Prix-Sieger ins Hockenheimer Parc fermé. Tatsächlich hatte er es geschafft, zu gewinnen, obwohl er von der allerletzten Position aus gestartet war. Zum Sieg verhalf dem zu diesem Zeitpunkt 28-Jährigen kurioserweise ein ehemaliger Mercedes-Mitarbeiter, der während des Rennens die Fahrbahn kreuzte. Die ungewöhnliche Aktion dieses Mannes rief das Sicherheitsfahrzeug auf die Bahn – und Barrichello fand den Anschluss an die Spitze des Feldes.

Nicht mehr das, was es einmal war

"Jetzt haben wir schlichtweg eine normale Rennstrecke", reagiert auch Michael Schumacher nicht sonderlich euphorisch auf das neue "Hoggene", wie es bei den Einwohnern der Stadt heißt. Damals aber, so stimmt er mit Webber überein, sei der Kurs in gewisser Weise eine echte Herausforderung gewesen. Besonders der Rekordweltmeister mobilisierte zu seinen glorreichen Zeiten bei Ferrari die Massen entlang der badischen Waldgeraden. Die Betreiber des Hockenheimrings hoffen daher, dass der Kerpener, dessen zweite Formel-1-Karriere sich ihrem Ende entgegenzuneigen scheint, auch über 2012 hinaus in der Königsklasse verbleiben wird.

Zwar merken nahezu alle Piloten die Stadionatmosphäre im Motodrom-Bereich der Strecke als positiv an, doch Webber hält fest: "Es ist einfach nicht solchermaßen packend zu fahren wie die alte Bahn. Jedes Mal, wenn ich die zweite Kurve anbremse, wünsche ich mir, einfach geradeaus weiterfahren zu können."