1. S - wie Startaufstellung

Es ist vollbracht: nach mehr als zwei Jahren Anlauf steht erstmals seit dem Comeback von Mercedes als Werksteam ein Silberpfeil auf der Pole-Position. Doch damit nicht genug. Durch die Strafversetzung von Lewis Hamilton komplettiert Michael Schumacher die erste Startreihe. Damit stehen zum ersten Mal seit dem Italien-GP 1955, als Juan Manuel Fangio, Stirling Moss und sogar noch Karl Kling vorne losfuhren, wieder zwei Mercedes-Piloten in der ersten Reihe.

Die strahlenden ersten Zwei und daneben ein strafversetzter Lewis Hamilton, Foto: Sutton
Die strahlenden ersten Zwei und daneben ein strafversetzter Lewis Hamilton, Foto: Sutton

"Fantastisch! Es ist der absolute Hammer - eine super Runde und ein tolles, ganz besonderes Gefühl", jubelte Rosberg, der zudem in seinem 111. Qualifying die erste Pole seiner Formel-1-Karriere einfuhr. Da kam sogar Lob von der Konkurrenz. "Glückwunsch an Nico, das war heute fantastisch. Ich bin wirklich stolz auf ihn, das hat er echt gut gemacht", zeigte Lewis Hamilton auf.

Für Kimi Räikkönen verlief der Tag aber eher frustrierend, was nach der vierten Startposition - und damit dem besten Ergebnis seit seinem Comeback - nicht ganz nachvollziehbar ist. "Die Startposition ist okay, aber wenn man sich einmal die Zeiten anschaut, dann bin ich heute enttäuscht von der Pace des Autos", erklärte der Weltmeister eher ernüchtert.

Fernando Alonso scheint sich mit seinem Schicksal hingegen schon abgefunden zu haben. "Das Ergebnis ist mehr oder weniger das, was wir erwartet hatten", äußerte der Spanier leicht genervt. Schließlich war er in die Saison gegangen, um endlich wieder Weltmeister zu werden. Stattdessen rollt er das Feld von hinten auf. "In Q3 fuhr ich die beste Runde, die mit diesem Auto möglich war. Das Ergebnis ist P9."

2. S - wie Start

Der Start ist in China traditionell interessant, denn bis zur ersten Kurve sind es lange 360 Meter, bevor sich alle Piloten in die sogenannte Schneckenkurve quetschen. Hier muss man im engen Rechts und Links aufpassen, sein Auto nicht zu zerstören. "In der ersten Kurve gilt es die richtige Balance zu finden zwischen Angriff und Ruhe bewahren", weiß auch Hamilton.

Deshalb will Kamui Kobayashi sehr vorsichtig herangehen. "Der Start ist der gefährlichste Moment, hier muss ich aufpassen", kennt der Japaner die Gefahren, die gleichzeitig noch von hinten kommen. "Kamui ist direkt vor mir, das wird sehr lustig", lachte Jenson Button, der von der fünften Position aus ins Rennen geht.

Diese Probleme von hinten hofft Pole-Setter Rosberg erst gar nicht bedenken zu müssen. "Ich bin überzeugt, dass ich einen guten Start und ein gutes Rennen haben werde - aber ob es reicht, um zu gewinnen, weiß ich jetzt noch nicht." Gleiches gilt für Schumacher. Denn der China-Sieger von 2006 wäre einfach glücklich, wenn er seinen Platz behalten könnte.

3. S - wie Sauber

Jeder sprach von Red Bull, Ferrari, McLaren und Mercedes. Am Rande war vielleicht noch von Force India die Rede. Doch nun zeigt ein anderes Team, wo der Hammer hängt. "Sauber war eines der schnellsten Teams bei den Wintertests. Sie waren in Australien schnell und hätten den Sieg in Malaysia durchaus verdient gehabt", zeigte sich Fernando Alonso begeistert vom Ferrari-Kundenteam.

Kamui Kobayashi sicherte sich mit Rang drei die beste Startposition seiner Karriere, Foto: Sutton
Kamui Kobayashi sicherte sich mit Rang drei die beste Startposition seiner Karriere, Foto: Sutton

Während viele davon sprachen, dass Sergio Perez mit Rang zwei in Malaysia nur ein Zufallswurf gelang, unterstrich diesmal Kamui Kobayashi mit seiner dritten Startposition die gute Performance des C31. "Das Team hat ein großartiges Auto gebaut und ich bin sehr zufrieden mit dem Wochenende. Ich sage schon lange, dass wir uns im Qualifying verbessern müssen und da haben wir uns eindeutig gesteigert", strahlte der Japaner. Sein Hintermann Button traut dem Schweizer Team sogar die beste Rennpace im Land des Lächelns zu.

4. S - wie Sonntagswetter

Kaltes Wetter und Mercedes ist schnell - heißes Wetter und McLaren ist schneller. Das ist die einfache Regel, wie es scheint. Doch aussuchen können sich die Teams die Temperaturen glücklicherweise noch nicht. "Wir müssen abwarten, denn es ist abhängig von den Bedingungen - wenn es kälter ist, könnte uns das entgegen kommen", hoffte Rosberg.

"Ich denke, das Wetter wird es auch interessant machen, selbst wenn es nicht regnet. Wenn die Temperatur fällt, ist es hart für mich. Wenn es heiß ist, fühlt sich das Auto großartig an", bestätigte Button nochmals, der vor allem mit den Vorderreifen kämpft. Wozu sich Petrus letztendlich entscheidet, werden die Fahrer und Teams zwar erst am Sonntag sehen, doch die Prognosen gehen in Richtung kalt, trüb, aber trocken, denn das Niederschlagsrisiko liegt bei nur acht Prozent.

5. S - wie Statistik

Der Shanghai International Circuit ist ein Kurs, der viele verschiedene Herausforderungen bietet. Denn zum einen müssen die Boliden über genug Anpressdruck verfügen, um sicher in den teils engen und langsamen Kurven zu liegen, anderseits bietet die Strecke auch eine der längsten Geraden des Kalender. Hier heißt es fressen, oder gefressen werden, denn wenn die Top-Speed nicht stimmt, wird man von seinem Hintermann buchstäblich stehen gelassen.

2006 konnte sich auch Michael Schumacher in die Liste der Shanghai-Sieger eintragen - sein bisher letzter Triumph, Foto: Sutton
2006 konnte sich auch Michael Schumacher in die Liste der Shanghai-Sieger eintragen - sein bisher letzter Triumph, Foto: Sutton

Wie schwer es ist, sich hier richtig zu entscheiden, zeigen sechs Sieger in sieben Jahren. Lediglich Lewis Hamilton gelang es zwei Mal, den Kurs zu bezwingen. Eine weitere Besonderheit ist Premierensieger Rubens Barrichello. Denn der Brasilianer ist der einzige Sieger, der sich nicht Weltmeister nennen darf. So gingen die weiteren Triumphe an Fernando Alonso, Michael Schumacher, Kimi Räikkönen, Sebastian Vettel und Jenson Button. Ein weiterer Punkt, der für die Herausforderungen des Kurses spricht.

6. S - wie Sturz der Favoriten

Vor dem dritten Saisonrennen hätte man vermutlich sehr viel Geld bekommen, hätte man sich dazu entschieden, auf Nico Rosberg, Michael Schumacher, Kamui Kobayashi und Kimi Räikkönen auf den ersten vier Startplätzen zu setzen. Doch wenn die vermeintlichen 'Underdogs' vorne stehen, wo sind dann die Favoriten - die McLarens und Red Bulls dieser Welt?

Um sie zu finden, muss man mit dem Zeigefinger die Startliste etwas weiter nach unten rutschen. Denn der Beste der vier Großen startet mit Jenson Button auf Rang fünf. Seine Erklärung lag in den Bedingungen, die zum Zeitpunkt seiner Runde einfach schon zu kalt waren. Natürlich darf nicht vergessen werden, dass Lewis Hamilton ohne seine Strafe in der ersten Reihe gestanden wäre - aber eben nicht auf Pole.

Viel entsetzter sahen die Mienen allerdings am Kommandostand von Red Bull aus. Sebastian Vettel kämpfte, doch am Ende stand neben seinem Namen die elf. Nicht in Q3. Das war dem Deutschen letztmals 2009 in Brasilien passiert, da hieß es aber auch Land unter. "Wir waren einfach nicht schnell genug. Schade, dass die letzten Zehntel nicht kamen", musste der Heppenheimer frustriert eingestehen.

Dazu hatte auch Alonso eine Meinung, der mit seinem Ferrari immerhin noch zwei Plätze vor dem Weltmeister ins Rennen geht. "Man muss stets perfekt sein. Wenn irgendwas nicht richtig funktioniert, dann ist man angesichts der engen Rundenzeiten sehr schnell weg. Das scheint heute Red Bull passiert zu sein"

7. S - wie Spannung

Die wohl spannendste Frage ist: Kann Mercedes die erste Pole-Position seit der Rückkehr tatsächlich in den ersten Sieg umwandeln? Pole-Setter Nico Rosberg ist jedenfalls verhalten optimistisch. "Wir waren im Rennen bisher nicht so gut wie im Qualifying, haben aber sehr hart daran gearbeitet, um uns zu steigern - allerdings geht das nicht in ein paar Wochen. Es ist also sehr schwierig vorherzusagen, wo wir stehen werden."

Die Gerade auf dem Shanghai International Circuit ist 1250 Meter lang, Foto: Sutton
Die Gerade auf dem Shanghai International Circuit ist 1250 Meter lang, Foto: Sutton

Sollte Mercedes vorne nicht wegziehen können, wie McLaren es 2012 bereits einige Male demonstrierte, wird das Feld zu Beginn sicherlich eng beisammen liegen. Und auch weiter hinten ist noch nichts verloren, ist sich Hamilton sicher. Denn auf dem Shanghai International Circuit ist laut dem McLaren-Piloten überholen mit und ohne DRS möglich.

Genau das wird in jedem Fall Vettel versuchen, denn wenn er nach vorne kommen will, muss er viele Überholmanöver einplanen. Helfen soll ihm dabei ein neuer Satz Reifen, den er sich durch das Verpassen von Q3 sparte. "Ich habe noch einen Satz neue Reifen mehr, was vielleicht das einzig Gute ist." Demensprechend ist es aus seiner Sicht nicht unmöglich, ein gutes Rennen zu zeigen.

Die Zutaten für ein spannendes Rennen sind also in jedem Fall gegeben. Ob die Piloten, ihre Technik - und nicht zu vergessen auch Petrus - aus diesen Ingredienzien eine interessante Suppe zaubern, muss wie immer der Sonntag zeigen.