Jaime, es ist nun zwei Monate her, seitdem Du von Red Bull den Anruf erhalten hast, bei dem sie Dir gesagt haben, dass sie 2012 nicht auf Dich zählen. Wie fühlst Du dich jetzt?
Jaime Alguersuari: Am 13. Dezember, als Red Bull mir mitteilte, dass ich nicht mehr länger Teil der Familie bin, sagte ich, dass ich nicht über sie urteilen werde. Ich fühlte mich auch nicht als Opfer und es war kein Drama. Aber lasst mich eines sagen: sie taten mir weh und es war unnötig.

Wie fühlst Du dich rückblickend?
Jaime Alguersuari: Zwar sitze ich 2012 nicht im Toro Rosso, aber jeder soll wissen, dass ich sehr stolz auf mich und meine Arbeit bin, vor allem mit meinem Fortschritt in der F1. Red Bull hat noch nie so viel von jemandem verlangt! Sie haben mich debütieren lassen, da war ich 19 Jahre jung und hatte noch nicht einen einzigen Testkilometer gefahren. Ich traf auf Sebastien Buemi, einen großartigen Fahrer, der zwei Jahre älter war als ich und über mehr GP-Erfahrung verfügte.

Du hast über unnötigen Schaden gesprochen - wie meinst Du das konkret?
Jaime Alguersuari: Während des Brasilien GP bekam ich eine mündliche Zusage. Da ich von Red Bull und Toro Rosso bestätigt war, lehnte ich ein sehr gutes Angebot ab. Am 11. Dezember schickte mich Toro Rosso zu einem PR-Termin nach Madrid ins Hauptquartier von Cepsa. Mit einem gut vorbereiteten Skript aus Faenza sollte ich über Toro Rosso, Cepsa und mich selbst in 2012 sprechen. Zwei Tage später erhielt ich einen Telefonanruf und mir wurde gesagt, dass man nicht mehr auf mich zählt. Die beiden Anrufe dauerten nicht länger als jeweils zwei Minuten. Weder ich noch irgendjemand anders wird jemals verstehen, warum ich am 14. Dezember aufhören musste und keine Zeit mehr war, eine gute Option für 2012 zu finden - obwohl ich die Erwartungen des Teams größtenteils erfüllen konnte, mich seit 2010 verbesserte und meinen Teamkollegen besiegte. Ich bin es nicht, der beurteilen sollte, was Red Bull getan hat.

Irgendwie repräsentiere ich eine Generation von jungen Fahrern im Alter von 21 Jahren. Die, die in der World Series by Renault, der GP2 und anderen internationalen Serien fahren. Ich weiß, dass ich ein Beispiel für sie bin. Sie sahen, wie ich im Alter von 19 Jahren mit keinerlei Erfahrung in der F1 debütierte. Innerhalb von nur zwei Jahren sahen sie, wie ich elf Mal unter den Top-10 der Weltmeisterschaft landete. Sie sahen, wie ich Rosberg mit einem Toro Rosso besiegte und wie ich es auf den sechsten Platz beim Qualifying in Spa schaffte. Was könnten all diese Fahrer über die F1 und Red Bull denken? Was könnten sie über ihre Zukunft denken? Ehrlich gesagt glaube ich, dass es die Journalisten und die mit der F1 verbundenen Menschen sind, die zu dieser Angelegenheit Fragen stellen sollten.

Red Bull hat Dir nur wenig Zeit gelassen, einen Platz in der F1 zu finden…
Jaime Alguersuari: Gar keine Zeit. Nach dem Brasilien GP am 4. Dezember gewann ich den Desafio das Estrelas in Florianopolis, Brasilien. Ich erhielt zwei Anrufe von Red Bull und Toro Rosso, sie gratulierten mir, und wir sprachen über die Organisation für 2012. Es war unmöglich, sich vorzustellen, was sie nur zehn Tage später entscheiden würden. Ich will so oft wie nötig betonen, dass ich keinen Groll gegen sie hege, denn wegen ihnen bin ich, was ich bin. Aber realistisch gesehen, war es eine unmögliche Mission, Mitte Dezember ein Cockpit zu finden.

Ziehst Du die F1 noch in Betracht?
Jaime Alguersuari: Ich denke nur an die F1. Ich bin 21, startete in 46 Grand Prix und habe gezeigt, dass ich einen Mercedes auf der letzten Runde besiegen kann, wie beim Korea GP, und mich elf Mal unter den Top-10 qualifizierte. Ich bin kein Rookie. Also sage ich Ja zur Formel 1, aber nicht zu jedem Preis.

Warum hast Du HRT nicht in Betracht gezogen?
Jaime Alguersuari: Als ich im Dezember von Red Bulls Entscheidung informiert wurde, kontaktierte ich Luis Perez-Sala, mein Freund und Mentor seit meinen Tagen in der Formel Renault 1600 Italia. Wir hatten beide das gleiche Gefühl. HRT hat kein Auto für mich und ich kann in meinem Alter nicht mein Erbe auflösen, um ein Auto zu entwickeln, das in der Startaufstellung natürlich weit hinten liegt. HRT ist für mich jetzt keine Option. Ich ertrage es nicht, in jedem Rennen Vorletzter zu sein. Luis hat seit dem Beginn völlig mit mir übereingestimmt. Ich glaube, dass de la Rosa in der Lage ist, sowohl das Team als auch das Auto zu entwickeln und zu verbessern. Vielleicht eröffnet das neue Möglichkeiten für die Zukunft. Ich bin überzeugt, dass das Team, das HRT managt, es schafft, in Zukunft ein konkurrenzfähiges Auto zu haben.

Was war mit Williams?
Jaime Alguersuari: Um ehrlich zu sein, dachte ich nie über Williams nach. Sie brauchen nur Fahrer, die bezahlen.

Was hält die Zukunft für Dich bereit?
Jaime Alguersuari: Ich bin ein Profi-Rennfahrer mit Erfahrung und belegbaren Resultaten. Ich werde nie für ein Cockpit zahlen. Im Januar hatte ich ein paar Konversationen mit einem der Top-Teams in der F1, die für meine Zukunft entscheidend sein könnten. Ich wurde herzlich empfangen, sie respektieren mich und wir haben einen Pfad geöffnet. Natürlich kann ich nicht die Absichten verraten. Alles, was ich sage, ist, dass ich 2012 voll der F1 gewidmet bin. Es ist meine Pflicht, liefern zu können, wenn sich die Möglichkeit bietet. Genau das tue ich jetzt.

Ende März werde ich 22, ich trainiere jeden Tag und ich kann versichern, dass ich physisch und mental besser bin als je zuvor. In diesen zwei Monaten hatte ich Zeit zum Reflektieren und mit den verfügbaren Informationen entschied ich, ohne vertragliche Bindung für jeden verfügbar zu sein, um wieder in die F1 zurückzukehren und mein Talent und Potential zeigen zu können. Jetzt weiß jeder, dass ich eine sinnvolle, verfügbare Option bin. Ich werde mich entscheiden, wenn es an der Zeit ist.

Dezember war einer der schlimmsten Monate Deines Lebens. Was machst Du jetzt?
Jaime Alguersuari: Nachdem ich mir alles vor Augen geführt habe und nach der überraschenden Entscheidung von Red Bull, bin ich zumindest glücklich und zum ersten Mal in meinem Leben für mein eigenes Schicksal verantwortlich. Der plötzliche Tod von Raniero Gianotti, meinem Trainer, Bruder und Freund, half mir dabei, die wahren Werte des Lebens zu begreifen. Raniero wird immer in meinem Herzen sein.

Deine Musik-Karriere als DJ läuft gut. In diesem Jahr hast Du mehr Zeit als DJ Squire...
Jaime Alguersuari: Die Beziehung zwischen Alguersuari F1 und Squire wird sich nicht ändern. Ich habe meine Tage methodisch und ordentlich geplant. Mein physischer Zustand wird noch stärker sein als im vergangenen Jahr. Es ist wahrscheinlich, dass ich bei einem Kart-Test in der höchsten Klasse mitmache, wie der Europa- oder Weltmeisterschaft. Gleichzeitig habe ich begonnen, täglich Deutsch zu lernen.

Fühlst Du die Unterstützung der Fans?
Jaime Alguersuari: Ja, ich möchte jedem dafür danken. Das Gute an all diesen unüblichen Situationen im Leben eines Sportlers ist, dass sie dir erlauben zu realisieren, wer sich wirklich um dich kümmert, wenn man schwierige Zeiten durchlebt. Eines soll jeder wissen: Sie haben mich nicht getötet, ich bin 21. Ich werde zurückkommen.