Bernie Ecclestone ist ein Mann der Extreme. Als Formel-1-Primus lässt er immer wieder mit so manch einer waghalsigen Idee und mit spektakulären Projekten aufhorchen. Es sei nur an das Medaillensystem, welches Ecclestone in der Formel 1 einführen wollte, oder an den Vorschlag, den Fahrer mit den meisten Saisonsiegen zum Weltmeister zu erklären, erinnert. Solche Denkansätze tun der Formel 1 gut, auch wenn sie noch so realitätsfern und befremdend sind.

Genauso verhält es sich mit der Expansionspolitik, die Ecclestone kontinuierlich verfolgt: Sie schafft Diskussionen, bringt neues Leben in die Formel 1 und trägt vor allem dazu bei, neue Märkte für die Königsklasse zu sichern. Andererseits darf man Ecclestone unterstellen, dass er mit dieser Linie doch gehörig mit der Realität in Konflikt gerät.

Ohne Frage sind neue Austragungsorte außerhalb von Europa jederzeit wichtige Initiatoren, um neue Märkte zu schaffen und die Präsenz der Formel 1 weiter auszudehnen. Weniger von Vorteil ist es da nur, wenn sich das Zuschauerinteresse, wie zum Beispiel in Südkorea, dann doch eher in Grenzen hält.

Auch ein Bernie Ecclestone sollte das Zuschauerinteresse nicht außer acht lassen, Foto: Sutton
Auch ein Bernie Ecclestone sollte das Zuschauerinteresse nicht außer acht lassen, Foto: Sutton

Auch wenn Asien mit Sicherheit ein aufstrebender Markt mit einem hohem wirtschaftlichen Potenzial ist, darf man dennoch nicht vergessen, dass die Formel 1 in Europa immer noch eine breite Fan-Basis hat und auf das größte Zuschauerinteresse stößt. Schließlich lebt die Formel 1 doch davon, ein Show-Geschäft zu sein. Da muss die Show auch dort stattfinden, wo nach ihr gefragt wird

Da ist es doch selbstverständlich, dass sich die Königsklasse nicht nur als Geschäft und Wirtschaftsunternehmen verstehen darf, sondern auch ihr Gesicht bewahren muss. Die Formel 1 darf somit nicht Gefahr laufen, irgendwann ins Leere zu zielen und nur noch Rennen vor leeren Rängen auszutragen.

Zahlreiche Europa-Rennen haben sich mit der Zeit als Tradition im Formel-1-Zirkus etabliert. Begriffe wie Spa, Monza, Monte Carlo, Nürburg, Silverstone, Imola und auch Barcelona sind eng mit der Formel 1 verknüpft. Wenn diese Klassiker nach und nach wegfallen, zerschneidet der Sport seine eigenen Wurzeln.

Zuschauerpräsenz entscheidend

Profit und Wirtschaftsinteressen müssen zwar auch in der Formel 1 im Vordergrund stehen, doch ist es nur möglich, diese Interessen zu verfolgen, wenn der Sport auch eine Plattform besitzt, auf der er sich angemessen präsentieren kann. Dies bedeutet nun konkret, sich weniger an der Wirtschaftslage zu orientieren und sich verstärkt auf die Zuschauer auszurichten.

Der Nürburgring sticht hier als beliebter Austragungsort mit einer angespannten finanziellen Lage besonders hervor. Die Formel 1 bringt für den Eifelkurs zwar mehr Verluste als Gewinne ein, doch bietet der Nürburgring regelmäßig eine großartige Veranstaltung, die zahlreiche Besucher in ihren Bann zieht. Da empfiehlt es sich doch, Rennen wie dem auf dem Nürburgring entgegenzukommen, anstatt den Veranstaltern zukünftig die kalte Schulter zu zeigen.

Die Nürburg ist ein Wahrzeichen der Formel 1 und des Motorsports an sich, Foto: Sutton
Die Nürburg ist ein Wahrzeichen der Formel 1 und des Motorsports an sich, Foto: Sutton

Es ist schon traurig genug, dass sich der Nürburgring und der Hockenheimring mit der Austragung des Großen Preises von Deutschland jährlich abwechseln müssen. Für einen Bernie Ecclestone dürfte es doch möglich sein, von diesen beiden Kursen ein geringeres Budget zu verlangen, um das hohe Zuschauerinteresse in Deutschland an der Formel 1 zu stillen. Bei einem deutschen Weltmeister und zwischenzeitlich sogar sechs deutschen Startern in der Formel 1 müsste die Austragung, wenigstens eines Rennens in Deutschlands, doch auch im Sinne des Formel-1-Bosses sein.

Für Sicherheit sorgen

Darüber hinaus sind neue Austragungsorte auch immer mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor verbunden. Schon viele Rennen konnten sich langfristig nicht im Grand-Prix-Kalender etablieren und hinterließen nicht nur gehörige wirtschaftliche Einbußen für die Veranstalter, sondern auch Strecken, die brach liegen und für die sich niemand mehr interessiert.

Herr Ecclestone geht oftmals leider viel zu forsch vor, was neue Märkte angeht. Das Rennen in Austin war beispielsweise ein viel zu überhastet eingeleiteter Schritt, der womöglich wieder nur gehörige Summen an Geld verschlingt und für ein Debakel in der Politik Ecclestones sorgt, anstatt endlich einmal für einen guten Ruf der Formel 1 in den USA zu sorgen.

So wie sich die dort so beliebte Nascar-Serie ausschließlich auf Amerika konzentriert, täte es auch der Formel 1 gut, Europa wenigstens nicht ganz aus dem Blickpunkt zu verlieren. Denn obwohl der Kontinent in einer wirtschaftlichen Krise steckt, ist Europa noch lange nicht, wie nach der Aussage Ecclestones, am Ende.

Ein neuer Denkansatz wäre es doch einmal, die Kurse in Europa nach und nach zu modernisieren und sie damit für die Zukunft am Leben zu halten. Neue Märkte sind der Formel 1 definitiv zuträglich, aber eben nur in einem begrenzten und abgesicherten Maß.