In nur drei Jahren hat sich der Singapur Grand Prix, das einzige Nachtrennen der Formel 1, neben Monaco als eines der zwei wichtigsten Rennen im Kalender für den Sport, die Teams und die Sponsoren etabliert. Doch das Rennen im Marina Bay Circuit ist für die Autos und Fahrer auch eines der längsten und härtesten des Jahres. Es kann bis zu zwei Stunden dauern und durch die hohen Temperaturen, die hohe Luftfeuchtigkeit sowie ständiges Bremsen und Lenken ist es ein harter Marathon. Es gab bereits interne Diskussionen zwischen den Teams und Verantwortlichen, das Rennen möglicherweise zu kürzen.

Die Bremsen werden viel aushalten müssen, Foto: Sutton
Die Bremsen werden viel aushalten müssen, Foto: Sutton

Auch für die Bremsen ist es eines der härtesten Rennen der Saison, nicht weil es harte Bremsmanöver von hohen zu niedrigen Geschwindigkeiten gibt, sondern weil die Bremsen häufig eingesetzt werden und es keine Geraden gibt, um sie zu kühlen. Das belastet die Reifen zusätzlich, da die besonders heißen Bremsen innerhalb der Felgen die Reifen von innen kochen. Da die Strecke auf Meereshöhe ist, ist der Luftdruck höher, die Luft ist dichter und dadurch ist der Benzinverbrauch höher. Die Stopp-an-Go-Charakteristik des Kurses trägt noch weiter dazu bei. Also starten die Autos schwerer als an vielen anderen Orten, sie werden rund 165 Kilogramm Sprit an Bord haben - 15 Kilogramm mehr als im Schnitt. Dadurch werden die Reifen in den ersten Runden des Rennens noch zusätzlich belastet.

Wir werden dieses Wochenende wahrscheinlich zahlreiche Entwicklungs-Teile auf den Autos sehen. Es wird das letzte Rennen sein, bei dem die Teams signifikante Update-Pakete mitbringen. Als erstes einer Serie von sechs Übersee-Rennen am Ende der Saison und mit einer mehr oder weniger entschiedenen Weltmeisterschaft wird es in weiterer Folge wohl nur noch kleine Entwicklungsschritte geben.

Wettervorhersage

Die Wettervorhersage für dieses Wochenende spricht von hohen Temperaturen bei rund 31 Grad Celsius mit Gewittern an jedem Tag und einer 60-prozentigen Chance auf Regen. Wenn man bedenkt, wie oft es in der Region am Abend regnet, ist es erstaunlich, dass das bislang noch nie Einfluss auf den Singapur Grand Prix hatte.

Wahrscheinliche Reifen-Leistung und andere Überlegungen

Die Pirelli-Reifenwahl für Singapur ist soft (gelbe Markierungen) und supersoft (rote Markierungen). Diese Kombination gab es bisher in Monaco, Montreal und Budapest. In Singapur ist es die Herausforderung, die Hinterreifen zu schonen, da sie in den 23 Kurven der Strecke durch das ständige Bremsen und Beschleunigen schnell leiden. Derweil wird die schnellste Kurve des Kurses nur mit 170 km/h genommen, also ist es für die Fahrer schwierig, Energie in die Vorderreifen zu bekommen und sie zu aktivieren. Nimmt man noch die heißen Bremsen dazu, die die Reifen von innen kochen, dann wird das Reifen-Management wird eine große Herausforderung.

Die Reifen werden stark belastet, Foto: Sutton
Die Reifen werden stark belastet, Foto: Sutton

In Budapest erwartete man, dass der Pirelli Supersoft-Reifen 20 Runden halten würde, doch nachdem die Strecke vor dem Rennen durch Regen gesäubert worden war, überstand er nur 14 Runden. Der Marina Bay Circuit baut über das Wochenende Grip auf, aber die Teams werden trotzdem genau überwachen, wie der Reifen in den Trainings am Freitag und Samstag hält, um zu sehen, wie weit sie gehen können.

Nach der Kontroverse um den Radsturz in Spa und die darauffolgende FIA-Vorschrift in Monza hat Pirelli seine Vorgabe für Singapur etwas aufgeweicht und die Teams können bis zu 4 1/4 Grad an Radsturz fahren. Es gibt keine lang andauernden hohen Rad-Rotationsgeschwindigkeiten, um die man sich sorgen müsste, daher wird Blasenbildung kein Problem sein. Die Vorschrift von Monza wäre aber ohnehin schwer durchzusetzen gewesen, da es einen großen Unterschied gibt, wenn das Auto stationär ist und wenn es eine hohe Geschwindigkeit fährt. Daher hätte wohl jedes Team auf der falschen Seite der FIA Einspruch eingelegt. In diesem Prozess wäre es an den anderen Teams gelegen, zu beweisen, dass sie allem entsprochen hätten.

Anzahl und wahrscheinliches Timing der Boxenstopps

Dies dürfte ein faszinierendes Rennen werden, denn laut UBS Strategy Report besagen die Strategie-Modelle, dass der attraktivste Weg nur ein Boxenstopp wäre; die verlorene Zeit bei einem Boxenstopp ist in Singapur mit 26 Sekunden enorm. Für Autos ohne einen neuen Satz Supersoft-Reifen wird das aber schwer zu schaffen sein - also wohl vor allem für Fahrer in den Top-10, die mit den Supersofts starten müssen, auf denen sie sich qualifizieren.

Ein Safety Car in Singapur ist nicht selten, Foto: Sutton
Ein Safety Car in Singapur ist nicht selten, Foto: Sutton

Teams wie Sauber, Toro Rosso und auch Ferrari, die schonender zu den Reifen sind, könnten hier ein starkes Ergebnis holen. Wenn sie sich außerhalb der Top-10 qualifizieren, ist es nicht schwer vorstellbar, dass ein Sauber oder ein Toro Rosso mit einem neuen Satz weicher Reifen startet und dann nur einen Stopp macht, um auf superweiche Reifen zu wechseln. Die Chance auf ein Safety Car ist sehr hoch und sechs oder sieben Runden hinter dem Safety Car könnten für Einstopper ein echter Bonus sein, da dadurch die Reifenhaltbarkeit verlängert wird.

Safety Cars können das Rennen für einen Fahrer zu einem Erfolg oder Misserfolg machen, je nachdem, wann sie kommen. Für jeden, der eine Strategie mit mehreren Stopps plant, sind sie schlecht, da die Boxengasse in Marina Bay aber so lange ist, dürfte das wohl kaum jemand probieren. Sollte ein Safety Car aber zu einem günstigen Zeitpunkt für einen Fahrer kommen, der zwei Stopps machen will, könnte es ideal sein. Die vorderen Fahrer werden die erste Rennhälfte wohl in zwei Stints mit Supersofts teilen wollen, danach werden sie für den Rest des Rennens auf Softs wechseln. Sie werden aber auch flexibel bleiben, sollte ein Safety Car ihnen helfen.

Chancen auf ein Safety Car

Die Chance, dass in Singapur das Safety Car ausrückt, ist sehr groß. Es gab bislang bei jedem Singapur Grand Prix zumindest eine Safety-Car-Phase, im Durchschnitt wurden 6,7 Runden hinter dem Safety Car gefahren. Das wird vor allem jene Teams weiter ermutigen, die mit einem Stopp durch das Rennen kommen wollen.