Die letzte Woche war für mich wirklich sehr schwierig, sehr aufregend – aber am Ende auch sehr schön und befriedigend. Ich habe erst am Mittwoch wirklich sicher gewusst, dass es mit meinem ersten Einsatz für Lotus-Renault in Spa auch klappen würde. Das war eine gewaltige Anspannung, die sich aufgebaut hat, und ich wusste, dass ich auf Anhieb wirklich etwas zeigen, etwas beweisen musste.

Was nicht einfach ist mit so wenig Fahrpraxis in der letzten Zeit – und dann haben es mir die Bedingungen in Spa nicht gerade einfach gemacht. Aber es ging doch ganz gut, obwohl ich mich am Freitagvormittag über den Ausrutscher selbst am meisten geärgert habe, vor allem, weil ich dadurch ein bisschen mehr von der sowieso schon knappen Zeit verloren habe.

Aber das Team hat super reagiert, sie haben mir keinerlei Vorwürfe gemacht, sondern mich aufgebaut, mir gesagt, ich solle das einfach abhaken, den Kopf freibekommen und am Nachmittag einen guten Job machen. Das hat geklappt, und der Speed war auch okay, obwohl ich in den paar Runden, wo es annähernd trocken war, auf den Slicks doch sehr vorsichtig war, um ja nicht auf einem nassen Randstein oder eine der weißen Linien zu kommen und noch mal raus zu fliegen.

Als ich Samstagfrüh im Nassen, als alle mehr oder weniger unter gleichen Bedingungen fuhren, Neunter war, war mir schon klar, dass ich eine Chance haben sollte, in die Nähe des Q3 zu kommen, falls es nass bleiben würde. Als ich das tatsächlich geschafft hatte, durch das Q2 durch war, obwohl die letzte, entscheidende Runde nicht optimal war, hat sich das angefühlt wie ein kleiner Sieg. Dass es sogar im Trockenen auch noch fast perfekt gepasst hat, obwohl ich anfangs zum Team gesagt habe, dass ich wirklich nichts mehr riskieren wolle, und der siebte Platz heraussprang, war nur noch das Tüpfelchen auf dem i.

Mir war aber von Anfang an klar, dass das Rennen eine noch größere Herausforderung werden würde, vor allem im Trockenen. Ich war durch das chaotische Wetter in Spa den Renault noch nie mit vollem Tank gefahren, hatte keine Ahnung, wie sich das Auto, die Bremsen, die Reifen, verhalten. Und noch was kommt dazu: Ich bin seit fast drei Jahren, seit dem Ende meiner GP2-Zeit, keinen Start mehr von ziemlich weit vorne gefahren, bei dem es wirklich drauf ankam.

Starts in Langstreckenrennen oder von ganz hinten wie immer mit dem HRT, das ist einfach was anderes, da ist auch der Druck und die Anspannung bei weitem nicht so hoch. Anderseits wollte ich auch nicht von vorneherein nur vorsichtig sein und gleich mal sozusagen freiwillig Plätze abgeben. Ich bin ein Racer, wenn ich Rennen fahre, dann will ich auch in jeder Situation das Bestmögliche herausholen, angreifen...

Das Wochenende begann mit einem Abflug, Foto: Sutton
Das Wochenende begann mit einem Abflug, Foto: Sutton

Und dann ging halt das erste Anbremsen der La Source mit vollem Tank voll daneben, ich war schon an Webber vorbei, wollte auch vor ihm bleiben – und hab mich dabei mit dem Bremspunkt um vielleicht zwei, drei Meter verschätzt...

Dass ich Jaime Alguersuari das Rennen kaputt gemacht habe, tut mir sehr leid, dabei hatte mir ausgerechnet sein Vater kurz vor dem Start noch viel Glück gewünscht... Ich habe Jaime an der Strecke nicht mehr gesehen, ihn dann aber gleich am nächsten Tag angerufen und mich auch persönlich bei ihm entschuldigt. Klar, dass er direkt nach dem Crash ziemlich sauer war, aber ihm ist auch klar, dass so was mal passieren kann, er hat ja selbst auch schon mal Fehler gemacht und ist jemand anderem rein gerutscht.

Ich konnte zum Glück weiterfahren, und nach dem Boxenstopp zum Flügel- und Reifenwechsel waren meine Rundenzeiten auch durchaus in Ordnung. Der Speed war da, nur in der Phase nach dem Safety-Car habe ich viel Zeit verloren. Da habe ich dann die doch schon etwas abgenutzten weichen Reifen hinten nicht mehr richtig auf Temperatur gekriegt, bekam dadurch starkes Übersteuern und musste dann sehr früh, schon in der 21. Runde, auf den harten wechseln.

Im Nachhinein kann man vielleicht sagen, es wäre möglicherweise doch besser gewesen, wie die anderen auch in der Safety-Car-Phase noch einmal auf den einen Satz neue weiche, die wir ja noch hatten, zu gehen. Kurz vorher hatte mich das Team auch noch gefragt, ob ich noch mal wechseln will, aber da hatte ich das Gefühl, dass die alten noch sehr gut sind. Dass das mit dem Aufwärmen so ein Problem geben würde, damit hatte ich nicht gerechnet – so was ist halt auch ein bisschen eine Erfahrungssache, beim ersten Mal schwierig zu wissen.

Dadurch, dass ich so früh auf die harten Reifen gewechselt habe, 11 Runden früher als Vitaly, und ja im Gegensatz zu ihm praktisch auf einer Zwei-Stopp-Strategie unterwegs war, ist es natürlich auch schwierig, unsere Rundenzeiten gerade in der späteren, schnelleren Phase des Rennens direkt zu vergleichen, vor allem auch die schnellsten Rennrunden nicht. Aber wenn man alle Faktoren mit einrechnet, dann sah meine Pace wirklich nicht so schlecht aus, die Zeiten waren auch konstant, das hat auch das Team festgestellt.

Und auch wenn der Fehler am Anfang natürlich ärgerlich war, weil sonst durchaus Punkte drin gewesen wären – ich glaube, sie haben mir das nicht so heftig angekreidet, fanden es prinzipiell okay, dass ich angreifen und wirklich was zeigen wollte. Am Ende kam ich an die Gruppe vor mir wieder ran, hing hinter Kobayashi fest, konnte aber keinen Überholversuch mehr starten, dafür war unser siebter Gang zu kurz, da fehlte etwas Top-Speed.

Bruno Senna freut sich schon auf Monza, Foto: Sutton
Bruno Senna freut sich schon auf Monza, Foto: Sutton

Was mir aufgefallen ist – ich war nach dem Rennen überhaupt nicht müde, obwohl ich schon die ganze Zeit gepusht habe, das hat mir also weder physisch noch psychisch etwas ausgemacht. Am Samstag nach dem Qualifying war das ein bisschen anders, da habe ich mich mental ziemlich ausgelaugt gefühlt, das war wohl die extrem hohe Anspannung unter den schwierigen Bedingungen, der enorme Druck, das Wissen, jetzt alles genau auf den Punkt bringen zu müssen...

Generell bin ich mit dem, was ich an dem Wochenende abgeliefert habe, schon zufrieden, gleichzeitig war es für mich die Bestätigung, dass mit ein bisschen mehr Routine sicherlich noch einiges mehr kommen kann. Jedenfalls habe ich für Monza eine gute Basis, auf der ich aufbauen kann. Ich habe wieder etwas Rennpraxis, kenne das Auto, die Reifen, schon deutlich besser, habe auch schon ein paar Ideen, in welche Richtung wir jetzt arbeiten müssen.

Ich habe dem Team einen langen, detaillierten Bericht über meine Eindrücke vom Auto in Spa geschickt, fliege jetzt auch in dieser Woche noch mal nach England ins Werk, wo wir alles genau durchgehen werden, um für Monza noch besser vorbereitet zu sein. Das niedrige Downforce-Niveau dort gilt als sehr kritisch, aber ich bin mal gespannt, wie das dieses Jahr mit dem DRS aussieht, ob man da vielleicht gar nicht mehr ganz so tief gehen muss.

Außerdem – wenn ich mit etwas in der Formel 1 ein bisschen Erfahrung mit irgend etwas habe, dann mit Autos mit wenig Downforce, die ziemlich instabil sind. Das hatte ich in der letzten Saison bei HRT das ganze Jahr... Ich kann es jedenfalls schon kaum noch erwarten, in Monza wieder ins Auto zu steigen.

Bevor es nach Italien geht, werde ich am Sonntag auch noch wieder beim Triathlon in Monaco starten, wie letztes Jahr in einer Staffel, in der ich die 100 Kilometer auf dem Rad bestreite. Die Zeit wird zwar diesmal bestimmt schlechter, weil ich nicht so viel trainiert habe, aber ich mache das zusammen mit zwei Mädels bzw. Damen, aus dem Renault-Umfeld und wir werden bestimmt eine Menge Spaß haben und das ist ja das Wichtigste. Eines weiß ich allerdings genau: Ich werde auf den zum Teil recht heiklen Abfahrten bestimmt nichts riskieren, sondern das ganz vorsichtig angehen.... Einen Sturz kann ich jetzt ganz bestimmt nicht brauchen!