Das Auto

Dass das schweizer Sauber-Team mit seinem jungen und unerfahrenen Fahrer-Duo 2011 einige etablierte Größen in der Formel 1 ärgern würde, hätte vor der Saison wohl niemand gedacht. Nicht viele trauten dem Privat-Rennstall so eine Leistung zu und doch fällt die Bilanz zur Halbzeit positiv aus. Mit Platz sechs in der Konstrukteurs-WM liegt man direkt hinter Klassenprimus Red Bull und den Hersteller-Teams McLaren, Ferrari, Mercedes und Renault. Dass der C30 ein guter Wurf sein würde, war spätestens nach dem ersten Saisonrennen in Australien klar. Überraschend kamen dort beide Boliden in die Punkte. Ebenso überraschend wurden ihnen diese nach dem Rennen aber auch wieder aberkannt: Disqualifikation wegen eines von der FIA als illegal eingestuften Heckflügels.

Die Truppe aus Hinwil ließ sich von diesem enttäuschenden Rückschlag nicht beeindrucken, arbeitete akribisch weiter und verbesserte das Auto. Immer wieder gelangen Achtungserfolge und die zu Beginn verlorenen Punkte, holte man sich schnell zurück. Entgegen kam einem dabei auch, dass der C30 hervorragend mit den Pirelli-Reifen umgeht und in schnellen Kurven stark aussieht. Mitsamt einer schonenden Fahrweise der Piloten, war daher oft die gewinnbringende Ein-Stopp-Strategie drin, von der die Konkurrenz, auf den schnell abbauenden Pirellis, nur von träumen konnte. "Strecken, auf denen die Reifen eher seitlich belastet werden und die mit den Pneus arbeiten, kommen uns entgegen und sind viel besser für den Wagen", gab auch Technikdirektor James Key einen Teil des Erfolgsrezeptes zu.

Team & Fahrer

Wie das Auto, so waren auch die Piloten stets für eine Überraschung gut. Neben dem guten Saisonauftakt, stimmte auch in den weiteren Rennen die Leistung. Zählt man Australien einmal mit, war Kamui Kobayashi in den ersten sieben Grand Prix des Jahres immer in den Punkten. Besonders beeindruckend war seine Top-10-Fahrt in Istanbul, wo er nach Problemen vom letzten Startplatz aus ins Rennen ging und trotz eines Reifenschadens noch WM-Zähler einfuhr. Stark auch der fünfte Platz im Chaos-Grand-Prix von Monaco. Besonders wichtig war das punktbeste Sauber-Wochenende zudem, weil Kobayashi als einziger Pilot des Teams ins Rennen ging und so den Schock über den heftigen Perez-Unfall des Vortages ein bisschen lindern konnte.

Erinnerungen an den Wendlinger-Unfall - der Perez-Crash in Monaco war die Schrecksekunde der Saison, Foto: Sutton
Erinnerungen an den Wendlinger-Unfall - der Perez-Crash in Monaco war die Schrecksekunde der Saison, Foto: Sutton

Sein mexikanischer Stallgefährte war in der Hafenschikane seitlich in die Begrenzung eingeschlagen. Zwar ging der Crash glimpflich aus, doch durch die Folgen des heftigen Abflugs versäumte der ehrgeizige Mexikaner zwei Rennen. In Kanada setzte Peter Sauber deshalb einen alten Bekannten ins Auto - McLaren-Tester Pedro de la Rosa sprang kurzerhand ein und schlug sich mit Platz zwölf im Rekord-Regenrennen von Montreal gar nicht einmal so schlecht. Ab Valencia saß wieder Perez im Cockpit, der in Silverstone seiner Punktplatzierung aus Barcelona noch eine weitere hinzufügte. Zudem führt der Mexikaner im internen Qualifying-Duell überraschend mit 6 : 4 - das Team kündigte deshalb bereits an, auch 2012 mit seinen vielversprechenden Talenten weiterfahren zu wollen.

Ausblick 2. Hälfte

Noch ist Perez im Klassement der beste Rookie des Jahres. Diese Position will man, genauso wie den sechsten Platz in der Konstrukteurs-WM, unbedingt halten. In die zweite Saisonhälfte startet man aber in dem Wissen, dass Force India von hinten Druck macht und aufholt. Updates seien bereits geplant und neue Teile unterwegs, denn man müsse noch weiter an der Leistungs-Konstanz arbeiten, erklärte Key. Verbessern wollen sich auch die Fahrer. "Nicht nur auf sondern auch neben der Strecke merkt man, dass die Formel 1 eine andere Welt ist. Als junger Fahrer muss man sich daran gewöhnen. Aber langsam wird alles normaler für mich und meine Saison besser", erklärte beispielsweise Neuling Perez.

Unklar ist hingegen, wie es finanziell um den Rennstall steht. Von Geldproblemen war bisher nichts zu vernehmen - Fakt ist aber auch, dass Perez-Förderer und Großinvestor Carlos Slim im Zuge der aktuellen Börsen- und Währungskrise mehr als nur ein Vermögen verloren hat. Wie sich das auf die wirtschaftliche Lage des Teams auswirken wird, sei noch nicht abzusehen. "Am Saisonende wissen mir mehr", meinte Team-Geschäftsführerin Monisha Kaltenborn. Allgemein gilt Slim aber als vollends überzeugt von seinem Engagement und will junge Mexikaner fördern, wie auch die Besetzung der Test- und Reserve-Rolle durch GP2-Pilot Esteban Guiterrez beweist. Zufrieden auf die bisherige Leistung darf man so oder so aber in jedem Fall sein. "Wir haben bislang einen ziemlich guten Job gemacht", fand auch Kamui Kobayashi.