Nach fünf Siegen in sechs Rennen wollen die Red-Bull-Konkurrenten das österreichische Weltmeisterteam um jeden Preis aufhalten. Helfen soll dabei die Eigenart des Kurses in Montreal, der auf der Stadt-Insel Notre Dame im St. Lorenz Strom liegt. Die nahen Mauern, langen Geraden und vielen harten Bremspunkte vor den diversen Schikanen, machen die Abstimmungsarbeit schwer. Auf einem zum Circuit Gilles Villeneuve vergleichbaren Kurs, wurde in der bisherigen Saison noch nicht gefahren. Dieser Umstand lässt alle Gegner hoffen, dass die Strecke Red Bull nicht entgegenkommen könnte.

Beim ersten Verfolger McLaren herrscht daher vor dem Wochenende purer Optimismus. Lewis Hamilton, der auf dem Kurs schon immer schnell unterwegs war, in Kanada 2007 seinen allerersten Grand-Prix-Sieg feierte und auch im Vorjahr gewann, will seine gute Statistik auf der Strecke ausbauen. Nachdem der McLaren-Pilot in Monaco noch durch rüpelhaftes Verhalten, seltsame Aussagen und Strafen aufgefallen war, will er sich nun wieder auf das Sportliche konzentrieren. Montreal ist für ihn also in vielerlei Hinsicht der ideale Ort für die Wende zum Guten.

"Ich bin auf der Strecke immer gut klar gekommen", erinnerte sich Hamilton zurück. "Das Layout scheint zu meinem Fahrstil zu passen", meinte der Brite, der auch davon überzeugt war, dass der temporäre Kurs seinem MP4-26 gut liegen sollte. "Wir haben einen großartigen Motor, das beste KERS in der Formel 1 und somit eine exzellente Traktion aus den langsamen Kurven heraus", glaubte der WM-Zweite. Um den immer größer werdenden Rückstand in der Meisterschaft wieder schrumpfen zu lassen, muss er aus diesen Mitteln nun aber auch das Maximum herausholen.

Positive Einstellung bei McLaren

"Nachdem wir in Spanien und Monaco den Sieg knapp verpasst haben, gibt es innerhalb des Teams ein riesiges Verlangen, wieder an die Spitze zurück zu kehren", betonte daher auch Teamchef Martin Whitmarsh. Der McLaren-Mann glaubt, dass sein Team durchaus dazu in der Lage ist, Klassenprimus Red Bull Paroli zu bieten. Vor allem im Rennen sei der McLaren-Bolide stark einzuschätzen. "Ich habe das Gefühl, dass wir uns verbessern und wieder einmal mit den Red Bulls kämpfen können", erklärte Whitmarsh somit im Vorfeld. Das würde auch seinen Piloten Jenson Button freuen, der 2011 noch auf seinen ersten Sieg wartet.

Wie schon 2007 siegte auch im Vorjahr Lewis Hamilton in Kanada, Foto: Sutton
Wie schon 2007 siegte auch im Vorjahr Lewis Hamilton in Kanada, Foto: Sutton

Der Weltmeister von 2009 verspüre momentan einen positiven Ruck, der durch das ganze Team gehen würde. McLaren greift daher verstärkt an und will den schnellen Red Bulls auch schon im Qualifying die Stirn bieten. "Mit einer kleinen Verbesserung dort, denke ich, dass wir wirklich anfangen können, die Renn-Pace zu bestimmen", so der Engländer, der anfügte: "Das war etwas, was wir schon in den vergangenen beiden Rennen zeigen konnten und ich denke, dass wir die Geschwindigkeit, die Entwicklung und den Schwung haben, um das an diesem Wochenende zu ändern. Ich freue mich wirklich darauf."

Ähnliches plant man auch bei der Konkurrenz von Ferrari, wenngleich Star-Pilot Fernando Alonso trotz seinem zweiten Rang von Monaco wesentlich vorsichtiger und weniger optimistisch mit seinen Prognosen in das Rennwochenende geht. Für ihn seien die Rennen in Montreal und auch danach in Valencia, ob ihrer besonderen Streckenbeschaffenheit noch nicht so aussagekräftig. Ein richtiges Kräftemessen erwartete er erst wieder ab Silverstone.

"Ich habe schon mit den Ingenieuren über neue Teile gesprochen, die wir in Montreal haben werden. Noch viel wichtiger sind aber die Fortschritte, die wir für Silverstone brauchen, wenn wir an einer Strecke sind, die viel aerodynamischen Abtrieb verlangt", so Alonso, der anfügte: "Dort werden wir wirklich sehen, wie sich unsere Saison entwickelt. Bis dahin wollen und müssen wir an uns glauben."

Ferrari legt den Fokus nicht nur auf Montreal

Schaffen es Fernando Alonso und Jenson Button diesmal Sebastian Vettel zu schnappen?, Foto: Sutton
Schaffen es Fernando Alonso und Jenson Button diesmal Sebastian Vettel zu schnappen?, Foto: Sutton

Nach vorne blicken wollte auch Teamkollege Felipe Massa, der nach seinem Ausfall in Monte Carlo wieder angreifen will. Mut machte ihm dabei, dass man an der Spitze die Pace von Red Bull Racing und McLaren mitgehen konnte. "Auf dem Papier sah es gut für uns aus - jetzt müssen wir sehen, wie die Situation in Montreal am Freitag aussieht", lautete daher die Schlussfolgerung des Brasilianers. Einfach wird es für die Verfolger in jedem Fall aber nicht, denn Red Bull gibt sich bislang keine Blöße. Ein schlechtes Vorzeichen gibt es für die WM-Führenden aber: Das Team aus Fuschl konnte auf dem Circuit Gilles Villeneuve noch nie gewinnen.

"Diese Nuss müssen wir noch knacken", lautete daher auch die Ansage von Mark Webber. Der Australier freute sich auf das Rennen, wusste aber auch: "Die Strecke bietet allen Teams eine ganz neue Herausforderung, da sie wegen der langen Geraden ein ganz anderes Aerodynamik-Setup verlangt." Für den Red-Bull-Piloten trotz einiger Unsicherheitsfaktoren aber noch lange kein Grund zur Beunruhigung."Das sollte dem RB7 trotzdem liegen - ich stand im letzten Jahr hier ja auch in der ersten Startreihe", so Webber zuversichtlich.

Einen weiteren unbekannten Faktor nannte Teamkollege Sebastian Vettel: "Im letzten Jahr war der Reifenverschleiß enorm." Der Asphalt sei äußerst rutschig und glatt, so der Deutsche, der bei der Strecke Parallelen zum Albert Park in Melbourne ausmachen wollte. "Sie wird hauptsächlich als öffentliche Straße verwendet und ist nur in zweiter Funktion Rennstrecke", so Vettel, der sich vom Wochenende aber erneut eine Menge Spaß versprach. Ein weiteres Fragezeichen bildet auch das Wetter. Am Wochenende sind Regenschauer möglich - spätestens dann wird das Feld durcheinander gewürfelt und alle Red-Bull-Jäger lauern erneut auf ihre Chance.