Der Große Preis von Malaysia ist seit jeher berüchtigt für enorme Hitze, extreme Luftfeuchtigkeit und das Risiko sintflutartiger Regengüsse. Seit 1999 ist der Kurs vor den Toren Kuala Lumpurs fester Bestandteil des Rennkalenders. Das Rennen auf dem Sepang International Circuit ist das einzige im Jahr, das über eine Distanz von mehr als 310 Kilometern geht. Doch nicht nur in puncto Renndistanz ist der Lauf ein Marathon für alle Beteiligten. Die hohen Temperaturen setzen den Piloten unter der tropischen Sonne jedes Jahr erneut massiv zu.

Tropische Temperaturen als Herausforderung

"Körperlich ist der Kurs sehr anstrengend, und er ist auch technisch anspruchsvoll. Zudem ist er lang, und das macht es schwierig, eine komplette Runde richtig gut hinzubekommen", erklärt Sauber-Pilot Sergio Perez, der die Strecke bereits von einem GP2-Asia-Rennen kennt. Ähnlich sieht es aber auch der erfahrenste Pilot im Feld. "Auf Grund der Hitze und der Luftfeuchtigkeit ist Malaysia immer echte Herausforderung für die Fahrer", meint Rubens Barrichello. Der Routinier fügt aber auch hinzu, dass er sich auf die anspruchsvolle Aufgabe freut. "Es ist ein wirklich netter Ort und eine Strecke, auf der ich sehr gerne unterwegs bin. Ich freue mich dort hin zu kommen und auf so einem unglaublichen Kurs zu fahren", so der Brasilianer in Williams Diensten.

Um den Extrembedingungen gerecht zu werden, haben sich die Teams wieder viele verschiedene Tricks einfallen lassen. Kühlwesten werden in der Startaufstellung unter den Fahrern wohl zum allgemeinen Dress-Code gehören, aber bei Lotus Renault geht man sogar noch ein Schritt weiter. Die schwarzen Outfits tauscht das Team für den Hitze-Grand-Prix gegen helle Overalls ein, die den hohen Temperaturen besser gerecht werden sollen. Lotus-Pilot Vitaly Petrov will sich überdies aber auch auf konventionelle Methoden verlassen. "Ich werde einfach ganz viel Wasser trinken", so der Russe.

Der Flüssigkeitsverlust der Piloten am Renntag ist in der Tat nicht zu unterschätzen. Auf Grund des schwülen Wetters und extremen Klimas hat Malaysia den Ruf als härtestes Rennen des Jahres. Die Fahrer verlieren bei Cockpit-Temperaturen von weit über 40 Grad im Rennen rund drei Kilogramm Gewicht. Doch nicht nur für die Piloten ist der Grand Prix eine echte Herausforderung. Auch die Ansprüche an die Autos sind unter solchen Bedingungen hoch. "Sepang ist sehr anspruchsvoll. Es ist nicht nur ein ernsthafter Test für die Funktionalität der Kühlsysteme aller Boliden, sondern auch für die Reifen, da die Streckentemperaturen hier 20 bis 30 Grad höher sein werden, als alles bisherige in diesem Jahr", erklärt McLarens Martin Whitmarsh.

Rauer Asphalt & hoher Verschleiß

Nach dem Straßenkurs im Albert Park zu Melbourne geht es in Malaysia wieder auf eine permanente Strecke, doch im Vergleich zu Australien wartet in Sepang eine relativ raue Streckenbeschaffenheit und grober Asphalt auf die Teams. Der Verschleiß der neuen Pirelli-Reifen ist daher schwer abzusehen. Seitens des italienischen Herstellers werden bereits drei bis vier Boxenstopps im Rennen erwartet, obwohl man wie in Melbourne mit der weichen und der harten Komponente der Reifen angereist ist.

Land unter - in Malaysia keine Seltenheit: 2009 gewann Jenson Button nach Abbruch, Foto: Sutton
Land unter - in Malaysia keine Seltenheit: 2009 gewann Jenson Button nach Abbruch, Foto: Sutton

"Sepang erfordert vom Reifen wirklich sehr viel Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten. Das wird die ganze Reifen-Situation ein bisschen heikeler machen", glaubt auch McLaren-Pilot Jenson Button. "Ich denke wir werden eine höhere Abnutzung und mehr Boxenstopps sehen", lautet daher die Prognose des Briten für das Rennen, das über 56 Runden geht. "Es ist eine höchst raue Strecke, die Vorder- und Hinterreifen werden also leiden", ist sich der Sepang-Sieger von 2009 sicher. Damals waren die Pneus jedoch noch das kleinste Problem, vorausgesetzt man hatte den Regen rechtzeitig auf dem Schirm. Das Rennen versank vor zwei Jahren im Chaos, über die Strecke flossen regelrechte Sturzbäche. Als dann auf Grund der späten Startzeit gegen Abend auch noch die Dunkelheit über das Areal hereinbrach, unterbrach man das Rennen erst, um anschließend ganz abzubrechen.

Ein ähnliches Schicksal könnte auch dieses Jahr wieder drohen, denn der Regen kommt in den Tropen zu dieser Jahreszeit jeden Abend so sicher, wie das Amen in der Kirche. "Es regnet jeden Tag - die Frage ist nur wann und wie viel? Das wird noch kniffelig", weiß auch Weltmeister Sebastian Vettel. Somit stehe die Chancen nicht schlecht, dass die neuen Pirelli-Intermediates und Regenreifen ihr Renndebüt geben werden. Doch auch wenn es wiedererwartend trocken bleiben sollte - das Wetter ist und bleibt in Malaysia die Gretchenfrage. "Das Wetter kann dort leicht eine entscheidende Rolle spielen. Es dürfte sehr heiß werden, und das bedeutet Asphalttemperaturen, für die es mit den neuen Reifen noch keine Erfahrungswerte gibt. Es könnte auch regnen, das wäre eine weitere neue Situation", sagt Sauber-Technikdirektor James Key.

Beliebte Strecke

Vom technischen Standpunkt aus wird Sepang ein wesentlich aufschlussreicheres Bild über die Teams liefern. "Die Rennstrecke ist ein viel aussagekräftigerer Kurs als jener in Melbourne. Es gibt Hochgeschwindigkeitskurven und lange Geraden, die für Überholmanöver interessant sind. Außerdem gibt es auch enge Kurven, wie die erste und die zweite der Runde, sowie die Haarnadelkurve am Ende. Das sind schwierige Passagen", fasst Key zusammen. In der Tat machen die vielen schnellen Kurvenkombinationen die Abstimmungsarbeit für die Teams nicht einfacher - denn neben der dort benötigten Fahrstabilität, braucht man in den langsamen und zum Teil ansteigenden Passagen beim Herausbeschleunigen auch eine Menge Traktion.

Rund 25% einer Runde entfallen wiederum auf die beiden, jeweils fast einen Kilometer langen Geraden am Ende, respektive Anfang der Runde. Verbunden werden die beiden Geraden durch die bekannte Sepang-Haarnadel rund um eine Ecke der Haupttribüne, die wohl die beste Überholmöglichkeit des Kurses ist, da die Strecke an dieser Stelle besonders breit ist. Sepang ist folglich eine Mischung aus unterschiedlichen Kurventypen - von sehr langsam bis ultraschnell. Das hat in der Vergangenheit immer für unterhaltsame Rennen gesorgt. "Malaysia ist eine sensationelle Strecke. Sie liefert immer interessante Rennen und ist für den Fahrer eine große Herausforderung", freut sich Mark Webber vor dem Auftritt in Sepang.

Auch die Kollegen sparen nicht mit dem Lob. Michael Schumacher teilt Webbers Meinung. "Die Strecke an sich ist klasse, denn sie weist eine Vielzahl an Überholmöglichkeiten pro Runde auf. In einigen Kurven sind unterschiedliche Linien möglich, was sonst kaum auf einer anderen Strecke der Fall ist. Ich bin schon immer gerne dort gefahren und ich freue mich darauf, wieder dort zu starten", so der Mercedes-Pilot. Noch einen Schritt weiter geht Teamkollege Nico Rosberg: "Sepang ist meine Lieblingsstrecke im Formel 1-Rennkalender. Sie ist schnell und fordernd, besitzt einen schönen Streckenverlauf und eine Vielzahl an verschiedenen Kurven - eine tolle Strecke", findet der Deutsche.

Verstellbarer Heckflügel wird für Action sorgen

Rubens Barrichello macht es vor - mit Kühlweste und nassem Handtuch bewaffnet, lässt es sich in der Hitze Sepangs noch am besten aushalten, Foto: Sutton
Rubens Barrichello macht es vor - mit Kühlweste und nassem Handtuch bewaffnet, lässt es sich in der Hitze Sepangs noch am besten aushalten, Foto: Sutton

Bei aller Freude über das anspruchsvolle Layout, darf man aber nicht vergessen das Augenmerk auf die Effizienz der Boliden zu legen. Denn die acht Links- und fünf Rechtskurven der 5,543-Kilometer langen Strecke haben es in sich. "Da die richtige Abstimmung zu finden, ist nicht so einfach. Man braucht ein Auto, das überall funktioniert: In den schnellen Kurven, in den langsamen Kurven und man muss auch gut auf der Bremse sein", sagt Vitaly Petrov. "Auf Grund der drei lange Geraden, wird das Set-Up auf diese schnellen Abschnitte ausgerichtet, denn diese Effizienz lohnt sich hier wirklich", fügt Williams-Technikchef Sam Michael hinzu. Der Brite denkt zudem, dass sich der verstellbare Heckflügel in Malaysia stärker auf das Überholen auswirken wird, als noch in Australien.

Das glaubt auch Nick Heidfeld. "Ich denke der Heckflügel sollte hier einen größeren Einfluss haben. Überholen war in Malaysia auf Grund der Streckenführung ja schon immer einfacher. Man hat lange Geraden, gefolgt von langsamen Haarnadelkurven - wir sollten mehr Action zu sehen bekommen", freut sich der Mönchengladbacher. Kritisch sieht den Umgang mit dem Heckflügel hingegen Ferrari-Pilot Felipe Massa, denn die FIA überlegt noch, ob die Fahrer in Sepang sogar zwei Zonen zu Verfügung bekommen, auf denen der Flügel aktiviert werden darf. Eine endgültige Entscheidung steht zwar noch aus, doch Massa ist von dieser Überlegung nicht angetan.

Der Brailianer fürchtet, dass Überholmanöver dann schlichtweg zu einfach seien. "Man muss die richtige Balance finden, um das Überholen zu erleichtern, es aber nicht zu einfach zu machen", erklärt der Ferrari-Fahrer. "Derzeit ist der Plan der FIA, den Heckflügel-Einsatz auf der Geraden vor den Boxengassen zu benutzen. Aber in Sepang ist die gegenüberliegende Gerade länger", so Massa zu den FIA-Plänen.

Bevor sich die Piloten aber weiterhin über diese sportlichen Thematiken den Kopf zerbrechen, müssen sie erst einmal mit den heftigen Temperaturen zurecht und anschließend ins Ziel kommen. Dort kann man ihnen dann nur wünschen, dass der Champagner kalt gestellt wurde. Über das gesamte Wochenende verteilt werden allein von den Teammitgliedern im Fahrerlager 4000 Flaschen Wasser ausgetrunken. Nochmals 2000 weitere andere Getränke kommen hinzu - das ist doppelt so viel, wie der normale Verbrauch und beweist: Der Malaysia-Marathon wird ein ganz heißer Tanz.