Viel wurde bereits über das nach vorne verlegte Auspuffsystem bei Renault diskutiert, die Konkurrenz hat sich die Konstruktion mittlerweile auch genau angesehen und ihre Schlüsse gezogen. Darunter Williams-Technikdirektor Sam Michael, der durchaus Vor- und Nachteile daran erkennen kann. Zu den Pros zählt dabei für ihn erstens das Verdrängen des Abriebs der Vorderreifen. "Es [das System] schafft zwei Dinge. Es bringt hochenergetische Luft unter den Boden und es drückt den Reifenabrieb der Vorderreifen weg, der schädlich ist", meinte er.

So sind bei Formel-1-Autos zwar viele Teile der Verkleidung wie Bargeboards und so weiter dazu entworfen, das ebenfalls zu tun, das Auspuffsystem von Renault schafft das aber besser. Der zweite starke Punkt ist die Front, denn durch die Luft, die unter den vorderen Teil des Unterbodens geblasen wird, verstärkt sich dort der Abtrieb. "In langsamen Kurven und immer, wenn man Untersteuern haben könnte, wird das Auto sehr gut zu fahren sein. Sie haben aber potentiell kein so gutes Heck wie bei einem angeblasenen, hinteren Unterboden, zeigen die Studien, die wir gesehen haben", kam er zu den Nachteilen.

Ohne Gas weniger Abtrieb

Ein prinzipielles Problem ist außerdem: durch die Gestaltung des Auspuffs gibt es Abtriebs-Verluste, wenn der Fahrer nicht auf dem Gas steht. "Und man hat nicht nur nicht den Abtrieb, sondern etwas, das viel schlimmer ist als eine normal verbaute Geometrie [weil sie im Weg des Luftflusses liegt]. Sollte Renault allerdings da rausgehen und die ersten drei Rennen gewinnen, dann wird es jeder tun müssen", meinte Michael. So ein Nachbau wäre auch durchaus machbar, wobei er nicht so gut eingepasst werden könnte wie bei Renault, da der Auspuff dort von Anfang an so konzipiert war.

In langsamen Kurven müsste es gut laufen, Foto: Sutton
In langsamen Kurven müsste es gut laufen, Foto: Sutton

Daher müsste die Kühlung neu arrangiert werden und man müsste am seitlichen Einschlagschutz etwas verändern. Der wurde bei Renault etwas höher gelegt, um so einen guten Kanal für den Auspuff zu haben. "Das ist ein kleines Monster, denn er muss bis zum Ende einen Hitzeschutz haben, weil er 1000 Grad warm ist. Aber sie haben das offensichtlich zuverlässig hinbekommen", erklärte Michael. Und gerade diese Zuverlässigkeit zu erreichen, wäre wohl ohne große Testfahrten schwierig. Daher fand er beim Thema Hitzebelastung durch den Auspuff für die Fahrer einen - wenn auch scherzhaften - Weg, um sich Nachbauten generell zu ersparen.

Ein Haus oder ein Auspuff?

"Die Kerntemperaturen für die Fahrer werden katastrophal hinaufgehen - es ist so gefährlich", sagte er mit einem leichten Lächeln. "Sie könnten sogar die Mechaniker in der Box ersticken. Unfassbar. Verbieten. Sofort." Falls es dann aber doch soweit kommt, dass ein Nachbau gemacht werden muss, so würde das nach Michaels Einschätzung zwei Monate Vorlaufzeit brauchen, was in der Formel 1 lange ist, sich aber auszahlen könnte, sollte das System wirklich einschlagen. "Ein völlig neues Auspuffsystem zu entwickeln, das völlig anders ist als unser aktuelles, würde um die 140.000 Euro kosten. Dafür könnte man sich ein Haus kaufen, aber nach Formel-1-Maßstäben ist das kein Hinderungsgrund."