Nico Rosberg ist eine der ganz großen Überraschungen der Saison. Dass er gegen Michael Schumacher so gut aussehen, oft sogar schneller sein würde als der siebenmalige Weltmeister, hatten ihm nicht viele zugetraut. Das Motorsport-Magazin bat Rosberg zum Gespräch über Verbesserungen und Teamkollegen.

MSM: Bist Du glücklich damit, wo Du in Deinem ersten Mercedes-Jahr, in Deiner ersten Saison in einem Top-Team, stehst? Hattest Du persönlich erhofft oder gar erwartet, dass es intern so läuft?
NICO ROSBERG: Von den Resultaten her war unser Ziel natürlich, die WM zu gewinnen und davon sind wir schon ein Stück entfernt. Das ist bislang nicht so optimal gelaufen. Aber wir haben eine gute Basis, auf der man aufbauen kann. Ich hätte natürlich nicht erwartet, dass ich im Vergleich zu meinem Teamkollegen jetzt so viel mehr Punkte habe. Aber das ist nicht das Entscheidende, wenn man noch nicht an der Spitze ist. Ich möchte insgesamt vorne sein!

Das ärgert Dich mehr als das andere Genugtuung gibt?
Ja, schon. Nach den Tests war mir nicht bewusst, dass wir zur Spitze noch diesen Rückstand haben - und es wird schon ein bisschen dauern, bis wir ganz vorne dabei sind. Diesen Abstand kann man nicht über Nacht aufholen. Aber es ist ja noch eine Menge Zeit, es gibt durchaus die Möglichkeit, dass wir dann ab Mitte der Saison doch deutlich näher dran sind. Wir haben mittlerweile einen verbesserten F-Schacht und auch sonst ein paar Neuerungen - wir machen schon kontinuierliche Schritte nach vorne.

Wie ist die Zusammenarbeit mit dem siebenmaligen Weltmeister Michael Schumacher?
Ich bin da sehr positiv überrascht. Ich hatte anfangs sicher einige Vorbehalte durch das, was man alles so gehört hat - da haben manche Leute ja wahre Horrorszenarien entworfen. Aber das ist alles gar nicht wahr, im Gegenteil, wir arbeiten sehr gut zusammen... Michael und ich haben ja auch fast den gleichen Fahrstil - es kann also überhaupt nicht sein, dass ein Auto ihm wesentlich besser liegt als mir.

Nico Rosberg hatte Michael Schumacher fast immer im Griff, Foto: Sutton
Nico Rosberg hatte Michael Schumacher fast immer im Griff, Foto: Sutton

Trotzdem hast Du Dich in Monaco für etwas bei ihm entschuldigt, was eigentlich gar nicht Dein Fehler war...
Letztlich gab es durch ein Koordinationsproblem eine schwierige Situation, wodurch das Timing beim Wegfahren dafür sorgte, dass Michael durch mich unabsichtlich etwas aufgehalten wurde. Aber im Endeffekt war das auch alles halb so wild, Michael hat es halt in den TV-Interviews angesprochen, erst mal aufgeregt, das wurde dann von den Medien noch aufgebauscht. Aber nachdem er erstmal verstanden hatte, was da wirklich passiert war, hat er es ja auch eingesehen und es war kein Problem mehr... Aber das ist auch alles nicht so wichtig für mich. Wichtig ist, dass ich auf der Strecke mit ihm auf Augenhöhe bin...

Dadurch ist Dein Standing im Fahrerlager in den letzten Monaten merklich gestiegen. Merkst Du das auch selbst?
Ja, das spüre ich schon, das ist so, dass einen die Leute dann etwas anders anschauen - und natürlich ist das nicht schlecht für das Selbstbewusstsein. Andererseits ist mein Aktienwert im Moment auch nicht ganz so wichtig, ich habe einen langjährigen Vertrag hier. Da ist es wichtiger, tolle Resultate einzufahren.

Hat sich dadurch auch für Dich persönlich etwas verändert, für Dein Privatleben?
Nein, da hat sich eigentlich nichts verändert. Das empfinde ich auch als sehr angenehm. Ich habe auch weiterhin genügend Zeit für mich, für meine Interessen, vor allem auch für mein Training, was mir sehr wichtig ist. Das ist ja schon eine Art Hobby von mir geworden.

Du hattest früher auch noch eine Menge anderer Interessen, Reisen zum Beispiel...
Das ist auch immer noch so, das mache ich immer noch gerne. Ich habe zum Beispiel jetzt während der Überseetour einige Zeit in Thailand verbracht und habe das auch wirklich genossen.

Zu Hause in Monaco hat sich aber doch etwas geändert - Du bist umgezogen.
Stimmt, zurück dahin, wo ich aufgewachsen bin, in das gleiche Haus, wo meine Eltern wohnen. Aber jetzt natürlich mit eigener Wohnung! Das ist einfach eines der schönsten Häuser in Monaco, das ist ein Traum, da zu leben!

Deine Freundin Vivian ist Innenarchitektin - da macht sie doch sicher auch die gesamte neue Wohnungseinrichtung?
Ja schon - aber das ist zum Teil auch das Problem, denn sie hat mit ihrer eigenen Firma auch sehr viel zu tun. Deshalb wird das schon noch ein bisschen dauern, bis bei uns alles fertig ist.

Noch mal zurück zum Training - was machst du sportlich alles in Monaco?
Laufen, Schwimmen, Radfahren - so richtig Triathlon-mäßig. Mein Trainer ist auch Triathlet, mir macht das sehr viel Spaß, ich bin da auf einem guten Weg.

Nico Rosberg stand dem Motorsport-Magazin im Juni Rede und Antwort, Foto: adrivo Sportpresse
Nico Rosberg stand dem Motorsport-Magazin im Juni Rede und Antwort, Foto: adrivo Sportpresse

Spielst Du auch noch Tennis mit Deinem Vater Keke?
Nein, das traue ich mich nicht mehr. Der ist so ehrgeizig, der vergisst, dass er schon über 60 Jahre ist. Und da habe ich Angst um seine Gesundheit. Denn wenn wir spielen würden, dann würde ich ihn natürlich laufen lassen - und das möchte ich ihm nicht antun.

Macht sich das verstärkte Fitnesstraining auch in den Rennen bemerkbar?
Schon, speziell in Situationen wie am Ende des Rennens in Monaco, man hat da mehr Konzentration übrig - das spürt man schon.

Ist das etwas, was ein junger Fahrer erst im Laufe der Zeit wirklich in den Griff bekommt?
Ja. Man lernt da so viel, wie man trainieren soll, was einem für den Rennsport am besten hilft, wie man seine Fitness erhält während der Saison. Denn auch wenn ich vor drei Jahren schon dachte, ich sei absolut fit, weiß ich jetzt, was ich damals hätte besser machen können. Das ist ein Teil des allgemeinen Entwicklungsprozesses, man wird einfach immer besser.

Wie viel und in welchen Bereichen bist Du heute besser als zu Beginn Deiner Karriere?
Die große Verbesserung liegt im Erarbeiten des Setups, seinen Kopf zu benutzen, um schneller fahren zu können - und sich entsprechend konzentrieren zu können. Das ist ja zum Beispiel auch eine Stärke von Michael. Und da liegt eben auch mein großes Verbesserungspotenzial. Ich bin jetzt besser beim Entwickeln des Setups, beim Verständnis der Elektronik, in meinem Fahrstil, den Möglichkeiten, die eine unterschiedliche Linienwahl bietet, setze mich mit all dem gedanklich stärker auseinander. Rein fahrerisch brauchte ich mich gar nicht so zu verbessern.

Wie viel hast Du von Michael und auch von Ross Brawn noch lernen können?
Ich habe über die Jahre ständig gelernt, natürlich jetzt auch von Michael. Aber ich glaube, es ist auch umgekehrt, dass Michael auch mal was von mir lernt. Ich habe schließlich auch schon einige Erfahrung und wir tauschen uns insgesamt in allen Bereichen sehr stark aus.

Was bedeutet es für Dich, Teil des gesamten Mercedes-Umfelds zu sein?
Es ist eine unglaubliche Position, einer der beiden Mercedes-Fahrer zu sein. Das ist der Traum schlechthin, denn Mercedes ist nun mal die Automarke überhaupt. Das konnte ich mir vorher gar nicht vorstellen. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl dafür bekommen, als ich im November letzten Jahres in Stuttgart im Mercedes-Museum war.

Das Exklusivinterview mit Nico Rosberg stammt aus unserem Printmagazin Motorsport-Magazin. Mehr Technikhintergründe, Interviews und Reportagen lesen Sie im Motorsport-Magazin - im gut sortierten Zeitschriftenhandel oder am besten direkt online zum Vorzugspreis bestellen: