Die Karaoke-Hütten am Circuit-Hotel in Suzuka, in denen frühere Japan-GP-Sieger ihre Triumphe gern bis in die frühen Morgenstunden feierten, gibt es nicht mehr: abgerissen im Zuge des Gesamtumbaus des Hotels. Also zogen sich Sebastian Vettel, sein Red-Bull-Teamchef Christian Horner und Designer Adrian Newey in eines der Restaurants der Edel-Herberge zurück, um Vettels dritten Saisonsieg und seine damit wieder voll intakten WM-Chancen ein bisschen zu begießen.

Aus Sicht der Chefs dürfte sicher auch die Tatsache gefeiert worden sein, dass Red Bull in der Konstrukteurs-WM den Vorsprung auf McLaren-Mercedes auf 45 Punkte ausgebaut hat... Auch Mercedes-Sportchef Norbert Haug gesellte sich zu der fröhlichen Runde - ein bisschen freundschaftliche Solidarität mit dem großen Sieger des Tages, der klargemacht hatte, dass der Weg zum WM-Titel nur über ihn führen wird, 14 Punkte Rückstand auf den noch führenden Mark Webber hin oder her.

Vettel ist zurück

Nach dem kleinen Vettel-Tief im Frühsommer dominiert der Heppenheimer seinen Teamkollegen zumindest beim Speed seit Montreal wieder souverän, in den letzten drei Rennen holte er auch deutlich mehr heraus als der immer angespannter wirkende Australier, dem man den Druck des Titelkampfes inzwischen deutlich anmerkt. Der weiß das auch: "Ich müsste mal wieder gewinnen", gibt Webber zu.

Dass er sich aber nebenbei mit solchen Banalitäten abgibt wie Sebastians "Helmtick" und unkte, "immer, wenn Seb einen neuen Helm hatte, hat er verloren", zeigt schon eine gewisse Unsicherheit. Wohl auch deshalb, weil der 34-Jährige weiß, dass 2010 seine einzige Chance ist, je einen WM-Titel zu gewinnen, dass Red Bull auch weiterhin dabei bleibt, das Team für die Zukunft eindeutig um Vettel aufzubauen. Und dass er im Kampf der letzten drei echten verbleibenden Titelkandidaten fahrerisch wohl der Schwächste ist - Vettel ist schneller, Fernando Alonso, derzeit punktgleich mit dem Deutschen, kompletter.

McLaren sucht Schützenhilfe

Vettel zeigt Webber wo es lang geht..., Foto: Red Bull/GEPA
Vettel zeigt Webber wo es lang geht..., Foto: Red Bull/GEPA

Mit den McLaren-Fahrern Lewis Hamilton und Jenson Button rechnet nach dem Suzuka-Wochenende kaum noch jemand so richtig - und auch die beiden selbst geben unisono zu: "Jetzt wird es sehr schwer." Jenson Button tippt sogar schon: "Jetzt holt Vettel den Titel!" Aus eigener Kraft können es die beiden bei 28 bzw. 31 Punkten Rückstand auf Webber bei drei noch ausstehenden Rennen sowieso nicht mehr schaffen - sie sind auf Schützenhilfe durch die Konkurrenz angewiesen.

Sebastian Vettel dagegen kann locker feststellen: "Wenn ich die nächsten drei Rennen gewinne, ist alles in Ordnung." Und sollte der Korea GP doch noch abgesagt werden müssen, etwa, weil sich dort im Training herausstellen sollte, dass der frisch aufgebrachte Asphalt doch nicht hält, dann würden ihm auch zwei Siege in Brasilien und Abu Dhabi reichen, selbst wenn Webber zweimal Zweiter werden sollte.

Wobei ja ausgerechnet Korea die Strecke ist, die Red Bull von den restlichen drei die größten Probleme machen könnte. Sie hat drei Geraden, die dem etwas PS-schwächeren Renault-Motor nicht so wirklich entgegenkommen, Alonso mit dem Ferrari ist da besser aufgestellt.

Alonsos Podesttaktik

Der Spanier ist immer noch überzeugt: "Es wird reichen, jedes Mal aufs Podest zu kommen, um Weltmeister zu werden. Denn die Red Bulls werden nicht immer ankommen." Wobei es zuletzt bei der technischen Zuverlässigkeit bei den Bullen deutlich besser aussah als noch zu Saisonbeginn. Das größere Risiko besteht eher darin, dass das Duell zwischen Vettel und Webber noch einmal so eskaliert, dass es in einem Ausfall endet.

"Freunde werden die beiden sicher nicht mehr", sagt Christian Horner noch eher untertreibend. Wohl wissend, dass das auch für ihn als Teamchef der GAU wäre: Den Fahrer-WM-Titel für Red Bull zu verlieren, weil er die Situation zwischen seinen beiden Fahrern nicht im Griff hat.

Im Moment macht dabei freilich eher Webber den Eindruck, dazu zu tendieren, einen Verzweiflungsakt zu starten, Vettel mit seiner wieder gewonnenen Souveränität eher weniger. Und wenn er weiterhin so auftrumpft wie in Suzuka, dann stellt sich das Problem vielleicht gar nicht erst. Dann kommt Webber nämlich gar nicht nahe genug an ihn heran, um eine Gewaltaktion zu versuchen. Wobei dem Australier sowieso klar sein muss: Im Zweifelsfall macht er damit dann tatsächlich Alonso zum Champion...