Contra: Er kann es nicht mehr

von Kerstin Hasenbichler

7 Titel, 91 Siege, 68 Pole Positions. Michael Schumacher zählt aufgrund seiner Erfolge in der Vergangenheit zu den Giganten der Formel 1. Doch in seinem Comebackjahr nach dreijähriger Pause ließ der Deutsche bisher nichts von dem Giganten erkennen.

In keinem der zehn Rennen konnte Schumacher überzeugen - im Gegenteil: Teamkollege Nico Rosberg stahl ihm zumeist die Show. Zuerst war der 25-Jährige nur im Qualifying schneller, doch in Silverstone bewies er auch im Rennen seine Schnelligkeit. Während Rosberg auf dem Podest stand, landete Schumacher nur auf dem neunten Rang.

Niki Lauda hat vom siebenfachen Champion mehr erwartet. Er selbst brauchte nach einer zweijährigen Pause nur drei Rennen bis er siegte. "Ich hätte erwartet, dass es bei Michael ähnlich läuft. Wenn man die WM sieben Mal gewinnt, dann bedeutet das für mich, dass man sich mehr pushen kann als jeder andere Pilot", erklärte Lauda. Doch in seinem "Ruhestand" scheint Schumacher der Ehrgeiz abhanden zu kommen.

Hängt Schumacher den Helm endgültig an den Nagel?, Foto: Sutton
Hängt Schumacher den Helm endgültig an den Nagel?, Foto: Sutton

Statt wie früher um jeden Preis um Siege zu kämpfen, steht für ihn jetzt der Spaß im Vordergrund. Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug verspricht zwar immer wieder, dass der "Knoten bald platzen wird", doch so langsam sollte sich Mercedes Gedanken machen, ob man es sich wirklich leisten kann, für viel Geld einen Spitzennamen im Team zu haben, der allerdings mit den jungen Wilden nicht mehr mithalten kann.

Bestes Bespiel: In Silverstone schnupfte Sebastian Vettel den siebenfachen Champion innerhalb weniger Kurven. Allzu viel Gegenwehr sah man dabei von Schumacher nicht. Nach Ansicht von Jackie Stewart hat sich Schumacher die Suppe selbst eingebrockt und müsse jetzt mit der Kritik leben. Sowohl der dreifache Champion als auch Bernie Ecclestone äußerten bereits starke Zweifel daran, dass Schumacher - sollte die Saison so enttäuschend weiter verlaufen - noch ein Jahr dranhängen wird.

Pro: Halb so schlimm

von Stephan Heublein

Die Erwartungen waren groß, die Ergebnisse bislang klein. Michael Schumachers Comeback verlief in der ersten Saisonhälfte alles andere als nach Plan, so viel gesteht er selbst ein. Die Probleme sind vielfältiger Natur - ein Defekt in Malaysia, Pech in Australien und einige ungewöhnliche Strategiefehler.

In den drei Jahren Pause stand die Entwicklung in der Formel 1 nicht still, als die Lernphase vorbei war, traten andere Probleme ans Tageslicht: Der Nachfolger des Weltmeisterautos von 2009 ist alles andere als weltmeisterlich. Vor allem die Nutzung der Reifen ist dem Team nach wie vor ein Rätsel - wie teilweise schon in der Titelsaison.

Michael Schumacher ist das Lachen noch nicht vergangen, Foto: Sutton
Michael Schumacher ist das Lachen noch nicht vergangen, Foto: Sutton

Dass mit einem mittelmäßigen Auto keine Siege möglich sind, haben in der Vergangenheit schon andere Fahrer am eigenen Leib erfahren müssen. Erst als McLaren den Silberpfeil 2009 massiv nachrüstete, konnte Lewis Hamilton siegen, auch Fernando Alonso war bei Renault lange auf verlorenem Posten. Sollte Mercedes GP den Werks-Silberpfeil schärfen, wird auch Schumacher vorne mitfahren - das hat er mit guten Platzierungen wie in Barcelona bewiesen.

Die Niederlagen gegen seinen Teamkollegen Nico Rosberg sind keine Schande. Der Deutsche ist schnell, technisch versiert und steht auf einer Stufe mit Hamilton & Co. Wenn Hamilton, Alonso oder Vettel Schumacher als Teamkollegen schlagen würden, würde wohl niemand klagen.

Auch der nötige Biss ist noch vorhanden. Sonst würde er in Qualifying und Rennen kaum so viele Fehler machen, um doch das Letzte aus dem Auto herauszuholen. Ja, Katastrophen-Rennen wie in China und Fehler wie in Silverstone dürfen nicht passieren. Aber dass es Schumacher noch drauf hat, bewies er bei Zweikämpfen wie gegen Jenson Button in Spanien.

Racing liegt Schumacher immer noch im Blut. Selbst seine schärfsten Kritiker gestanden nach einem erbitterten und herzerfrischenden Zweikampf gegen Hamilton: "Racen kann er immer noch!" Rennfahren verlernt man also wirklich nicht.