Mit einem Sieg könnte sich Timo Scheider heute die Meisterschaft sichern - solange Paul di Resta nicht Zweiter wird. Auch ein fünfter Platz würde dem Audi-Piloten genügen - sollte der Schotte im HWA-Mercedes nicht in die Punkte kommen. Und doch scheint die vorzeitige Entscheidung nach dem gestrigen Qualifying wenig realistisch. Audi auf Pole, Mercedes im Vorteil? "Mercedes sah am Freitag sehr vielversprechend aus, Paul di Resta hat die Performance im Qualifying nur nicht auf eine Runde hin zusammenbekommen", glaubt auch motorsport-magazin.com DTM-Experte Manuel Reuter, dass es durchaus zu einer Mercedes-Pole hätte reichen können.

Besondere Anforderungen

Dennoch kam auch die Pole Tom Kristensens, der den zweitplatzierten Jamie Green um fast drei Zehntelsekunden distanzierte, nicht von ungefähr: "Auch Audi hat mit Mattias Ekström und Tom Kristensen einen guten Eindruck hinterlassen. Timo Scheider hatte allerdings Schwierigkeiten mit seiner Balance. Über das ganze Wochenende hinweg war Timo nicht so stark wie gewohnt." Nach Bremsproblemen während der ersten Session des Qualifyings hatte der am Ende fünftplatzierte Scheider im Folgenden über das Handling seines Boliden geklagt.

Manuel Reuter kennt die Gründe. "Der Kurs hat ganz spezielle Anforderungen: Man braucht ein Auto, mit dem man in die 180-Grad-Kehren sehr weit hineinbremsen kann. Dafür darf man kein Untersteuern haben, sondern braucht sogar tendenzielle eine lose Hinterachse", erläutert der ITC-Champion von 1996. "Mit einem leicht übersteuernden Auto kommt Timo hingegen weniger gut zurecht - das liegt eher Tom und Mattias." So könnte Tom Kristensen seiner Misserfolgsserie der letzten Monate in Westfrankreich ein Ende setzen.

Erschwerte Strategie

"Wenn bei Tom einmal alles normal läut, ist ihm ein Sieg absolut zuzutrauen. Le Mans als Austragungsort gibt ihm zusätzlichen Auftrieb, denn hier hat er seine größten Erfolge eingefahren", glaubt Manuel Reuter. Zur strategischen Komponente im Titelkampf avanciert der Däne dabei nur bedingt: "Vorne steht in jeder Reihe ein Audi und ein Mercedes - das erschwert die strategischen Planungen. Jeder muss zunächst sein Rennen fahren und die Bedingungen abwarten. Strategisch kann auch für Timo noch nicht viel geplant werden."

Als weiteren Unsicherheitsfaktor sieht Manuel Reuter den möglichen Regen. So dürften insbesondere die Ingolstädter den grauen Himmel mit Sorge zur Kenntnis nehmen. "Vor dem Rennen muss entschieden werden, ob man auf ein komplettes Trocken-Setup setzt oder sich auf den Regen, der dann möglicherweise nicht kommt, vorbereiten will", weiß Manuel Reuter. "Das Bauchgefühl spricht im Regen für Mercedes, denn im Nassen können sie ihre Stärken bei der Traktion noch stärker ausspielen."