Mit rund 25 GT3-Autos von mindestens fünf Marken und mit Werksfahrern gespickten Teams braucht sich die DTM 2022 nicht vor dem internationalen Wettbewerb zu verstecken. Nur die Kirsche fehlt auf der Starterfeld-Torte: MotoGP-Legende Valentino Rossi.

Der Italiener wurde nach dem Ende seiner Zweirad-Karriere mit einem Wechsel in die DTM in Verbindung gebracht, entschied sich aber für die GT World Challenge Europe, in der ebenfalls GT3-Fahrzeuge antreten. Der größte Unterschied beider Rennserien: Im Gegensatz zur DTM, teilt sich Rossi in der Serie von SRO-Boss Stephane Ratel einen von WRT eingesetzten Audi R8 LMS mit Teamkollegen.

Ein weiterer Unterschied: Die GT World Challenge ist aufgeteilt in eine Sprint- und Langstrecken-Wertung. Während in der DTM alle Rennen über eine Distanz von 55 Minuten plus einer Runde führen, trägt die GTWC zusätzlich zu ihren Sprintrennen auch Läufe mit einer Dauer von drei Stunden aus. Als Highlight im Rennkalender gilt das 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps. Rossi hat angekündigt, sowohl bei den Sprint- als auch den Langstrecken-Rennen starten zu wollen.

Berger: Vollstes Verständnis für Rossis Entscheidung

DTM-Boss Gerhard Berger hätte sich einen weltberühmten Rennfahrer wie Rossi sicherlich auf der eigenen Plattform gewünscht, kann die Entscheidung aber nachvollziehen. "Es gab lose Gespräche mit Valentinos Management, in denen schnell klar wurde, dass Valentino sich vor allem auf die Langstrecke konzentrieren will", sagt Berger zu Motorsport-Magazin.com. "Das bedeutet viel Fahrzeit, die es einfach braucht, um Erfahrung zu sammeln. Diese Möglichkeit bietet die DTM so nicht. Deswegen habe ich vollstes Verständnis für seine Entscheidung."

Natürlich hatten sich auch die DTM-Verantwortlichen um Rossi bemüht, "hatten aber das Gefühl, dass er sich im ersten Schritt eher auf die Langstrecke konzentrieren möchte", bestätigte DTM-Manager Frederic Elsner während einer Medienrunde an diesem Dienstag. "Wir haben mit gutem Maß versucht, ihn zu bekommen. Wir haben es aber auch nicht übertrieben. Wir hoffen, dass es sich 2023 noch ändern kann und er bereit ist, zu uns zu kommen."

"Wir pushen nicht wie verrückt auf einen Gaststart"

Zweifelsohne liebäugelte Rossi in der Vergangenheit mit einem Gaststart in der DTM. Dazu kam es bislang nicht, die Türen stünden dem 42-Jährigen aber sicherlich sperrangelweit offen. Elsner: "Er wird sich erst mal auf das andere Projekt konzentrieren. Wir pushen nicht wie verrückt auf einen Gaststart. Wir sind in Kontakt. Wenn er kommen will, ist er herzlich willkommen. Das wäre auf jeden Fall ein Gaststarter, den wir zulassen würden."

Voraussichtlich wird sich Rossi aber erst einmal mit dem belgischen Erfolgs-Team WRT - mit DTM-Vergangenheit als Audi-Kundenteam - auf die GT World Challenge einschießen. Zu seinen selbsternannten Zielen zählt auch ein Start bei den 24 Stunden von Le Mans - das ist ab 2024 aufgrund eines Reglementwechsels sogar möglich, wenn GT3-Autos die GTE-Klasse beim Frankreich-Klassiker ablösen.

Der frühere DTM-Champion Martin Tomczyk, der nach dem Ende seiner Karriere das Serien-Management für die DTM Trophy übernommen hat: "Natürlich wäre es schön, Rossi im DTM-Starterfeld zu haben. Ich verstehe aber, dass er jetzt lieber in eine Serie geht, in der er sich das Auto mit zwei anderen teilt. Wo er viel lernen kann, die Leistung vielleicht ein bisschen kaschiert wird von seinen Teamkollegen, er aber trotzdem gute Resultate einfahren kann. Ich glaube, dass er genug Ehrgeiz hat, eventuell auch in die DTM zu kommen."