Als nicht schön, aber verständlich und Realität hatte Gerhard Berger in seiner ersten Reaktion die Vorgänge rund um das DTM-Saisonfinale auf dem Norisring beschrieben. Die Aktionen von Kelvin van der Linde gegen Liam Lawson in Turn 1 sowie die Mercedes-Unterstützung für den späteren Meister Maximilian Götz waren und sind heiß diskutierte Themen unter den Fans. Die Reaktionen haben Berger offenbar schlaflose Nächte bereitet.
Mit etwas Abstand zu den kontroversen Geschehnissen nahm der DTM-Boss noch einmal Stellung. Es lässt sich festhalten: Sein Urteil fällt vernichtend aus und der Österreicher kündigte gar Folgen für die Zukunft der Traditionsserie an.
"Was ich klar sagen muss: Beide Themen, die Mercedes-Stallorder und das Manöver von van der Linde, haben nicht nur Diskussionen ausgelöst, sondern der DTM einen Schaden zugefügt", sagte Berger der Bild. "Das tut mir wahnsinnig leid für alle Beteiligten, die zur Attraktivität der DTM in dieser Saison beigetragen haben und die alles dafür getan haben, dass die DTM für hartes, faires Racing bis zum letzten Rennen steht, bei dem der Beste gewinnt."
Berger über Mercedes: Kann ich nicht akzeptieren
Konnte Berger zunächst das Verhalten von Mercedes-AMG nachvollziehen, Götz durch Einbrems-Taktik der beiden Winward-Piloten Lucas Auer und Philip Ellis zur Meisterschaft zu verhelfen, hielt sich der frühere Formel-1-Fahrer - dem Stallorder seit jeher ein Graus ist - im Interview nicht mehr zurück und suchte den direkten Konfrontationskurs mit der Marke aus Affalterbach.
Was Berger vor allem nicht schmeckte, war der Umstand, dass nicht etwa ein Teamkollege für Götz einsprang, sondern ausgerechnet zwei Fahrer aus einem Mercedes-Team, das in Konkurrenz Götz' Mannschaft HRT steht. Berger: "Das ist noch einmal eine ganz andere Qualität, die ich weder sportlich noch persönlich auf unserer Plattform akzeptieren kann. Das heißt: Das Thema ist nicht vom Tisch und ich werde mich persönlich für eine künftige Lösung einsetzen."
Im Gegensatz zur vergangenen Saison ist eine Teamorder in der DTM per Reglement nicht verboten. Versuche, gegen häufig erlebte Stallorder vorzugehen, scheiterten in den letzten Jahrzehnten meist grandios. Berger wolle sich die Fakten genau ansehen und auf Basis dieser Erkenntnisse "hoffentlich die richtigen Konsequenzen ziehen.". Wobei der frischgebackene Champion Götz nichts dafür könne, dass "der Meistertitel aus anderen Gründen einen etwas faden Beigeschmack hat".
Berger wütet: Absolut inakzeptabel
Berger bezeichnete es gar als "absolut inakzeptabel", wenn Teams oder Fahrer den Auftrag bekämen, ihre Position - in diesem Falle Bergers Neffe Auer in Führung liegend - aufzugeben, "um den Vorteil woanders hin zu verlagern".
Das sah auf der Gegenseite Thomas Jäger, DTM-Fahrer von 2000 bis 2003 und inzwischen Kundensport-Koordinator von Mercedes-AMG, anders. Alle eigenen Kundenteams würden von einem System profitieren, bei dem Daten untereinander ausgetauscht werden. "Bei uns profitiert jeder Fahrer mal hier und da, deshalb helfen sie ihrerseits auch mal gerne."
Die aktuelle Diskussion zeige laut Berger, dass die Hersteller in der DTM Einfluss nehmen würden. Das sei positiv, dürfe laut ihm aber "keine Auswirkungen auf die Fairness" haben. Wobei es letztendlich Sache des Veranstalters, in diesem Fall die ITR ist, welche Teams und Hersteller an den Start gehen. Dass Mercedes-AMG durch eine Hoheit im Feld der 19 permanent eingeschriebenen Starter genoss, war seit dem Saisonbeginn kein Geheimnis gewesen.
Berger über van der Linde: Können wir nicht unterstützen
Auch der in den sozialen Medien zum Teil hart kritisierte van der Linde bekam im Nachgang sein Fett weg von Berger. Über den Abt-Audi-Piloten, der sich direkt und auch öffentlich bei Lawson entschuldigt hatte, urteilte Berger: "Die harten Manöver gegen Götz kann man vielleicht noch unter hartem Racing verbuchen. Aber die Tatsache, dass er den Meisterschaftsführenden in der ersten Kurve aus dem Rennen genommen hat, können wir als Plattform nicht unterstützen."
Das sei aber letztendlich eine Sache der Sportbehörde, fügte Berger an, der zudem den Hut vor dem Verhalten von AF Corse zog, im Rennen kein Foulspiel zu betreiben, als Lawson mit über 20 Runden Rückstand im Feld herumschlich und Möglichkeiten gehabt hätte, sich zum Titel zu crashen.
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