Nach dem dramatischen DTM-Saisonfinale auf dem Norisring mit Überraschungs-Meister Maximilian Götz überschlugen sich die Emotionen. Vor allem aus dem Team AF Corse, das mit Liam Lawson die sichergeglaubte Fahrer-Meisterschaft nach einem kontroversen Unfall mit Rivale Kelvin van der Linde im letzten Moment verlor, herrschte Frust pur.

"Das ist einfach eine Schande für den Sport, den wir betreiben", fand AF-Corse-Teamchef Ron Reichert bei Sat.1 deutliche Worte. "Was hier heute auf der Strecke passiert ist, hat Jeder gesehen. Das gesamte Rennen ist nicht gut für den Sport. Das ist sehr schade. Wir hätten das heute fair und sauber zusammen ausfahren können und der Beste hätte gewonnen. Das war leider nicht der Fall."

Der erst 19-Jährige Lawson war als haushoher Favorit ins Rennen gestartet. Nach der Pole Position im Qualifying und den damit verbundenen Extra-Punkten führte der Neuseeländer die Gesamtwertung mit 19 Punkten Vorsprung auf van der Linde und mit 22 Zählern Abstand zu Götz an.

Top-6 hätte Lawson für DTM-Titel gereicht

Seine beiden Titel-Herausforderer mussten das Rennen zwingend gewinnen, um eine Chance zu haben. Lawson hätte schon ein Platz in den Top-6 gereicht, um aus eigener Kraft als jüngster Meister in die Geschichtsbücher der DTM einzugehen.

Doch dann krachte es nach dem Start, als van der Linde mit seinem Abt-Audi auf dem Weg in die erste Kurve den Red-Bull-Ferrari traf. Lawson musste zum Reparatur-Stopp an die Box und kehrte mit vier Runden Rückstand auf den 2,3 Kilometer langen Stadtkurs zurück. Mit seinem offenbar stark beschädigten Ferrari schleppte er sich durchs Rennen und hatte beim Zieleinlauf einen Rückstand von 24 Runden auf Sieger Götz.

DTM Norisring-Highlights: Götz Meister nach Titel-Krimi: (04:51 Min.)

Van der Linde reagiert auf Lawson-Vorwurf

Lawson nach dem Crash bei Sat.1 über Dauerrivale van der Linde, der für die Kollision eine 5-Sekunden-Zeitstrafe kassierte und seine Titelchancen nach einem späten Reifenschaden begraben musste: "Ich bin sehr enttäuscht, das Team hätte es echt verdient. Ich bin halt immer und immer wieder von dem gleichen Typ rausgenommen worden. Das ist der schmutzigste Fahrer, gegen den ich jemals gefahren bin! Der lernt es einfach nie."

Van der Linde, von Motorsport-Magazin.com auf Lawsons harte Kritik angesprochen: "Das habe ich noch gar nicht gehört und möchte mich dazu auch nicht äußern. Nicht nur heute ist etwas passiert, sondern auch schon in der Vergangenheit. Jeder soll sich dazu seine eigene Meinung bilden..."

Es sei nicht seine Absicht gewesen, Lawson nach dem Start aus dem Rennen zu schießen. "Es ist scheiße, was heute passiert ist", sagte der 25-Jährige. "Klar war, dass ich nur in Turn 1 die Chance hatte, vor Liam zu kommen. Letztendlich musste ich in Sekundenbruchteilen eine Entscheidung treffen, die leider nicht zu meinen Gunsten ausgefallen ist. Die dritte Fünf-Sekunden-Strafe innerhalb einer Woche zu akzeptieren, ist hart, aber nicht zu ändern. Ich erinnere dabei auch daran, was heute in den letzten fünf Runden passiert ist..."

Abt-Teamchef: So sah der Plan mit van der Linde aus

Lawson beendete seine DTM-Debütsaison letztendlich mit 227 Punkten auf dem zweiten Platz. Champion Götz (230 Punkte) schnappte sich den Titel mit drei Punkten Vorsprung, während van der Linde mit 208 Zählern den dritten Gesamtrang belegte.

Abt-Teamchef Thomas Biermaier erklärte im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com: "Für uns war vor dem Rennen klar, dass wir alles probieren mussten. Der Plan war, dass Kelvin vor der ersten Kurve Liam überholt und die Führung übernimmt. Wir hätten in diesem Fall damit gerechnet, dass er ihn ziehen lässt und Nick Cassidy seinen Teamkollegen nach hinten abschirmt. Damit hätte es für uns zwar nicht zum Titelgewinn gereicht, aber wir hätten nach all den Dingen, die in den letzten Rennen gegen uns gelaufen sind, wenigsten das Finalrennen gewinnen und Zweiter werden können."