Die DTM Electric soll für Furore sorgen mit innovativen Technologien, automatisierten Batteriewechseln - und mächtig Dampf auf der Kette. Über das neue Rennprojekt aus dem Hause Schaeffler und den Motorsport der Zukunft unterhielt sich Motorsport-Magazin.com mit Matthias Zink, Vorstand Automotive Technologies der Schaeffler AG, und Dr. Jochen Schröder, Leiter Unternehmensbereich E-Mobilität bei Schaeffler.
Wie fühlt es sich eigentlich an, mit der DTM Electric wieder ein Pionier im Motorsport zu sein?
Dr. Jochen Schröder: Der Moment, als wir das Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt haben, war stark und hat Spaß gemacht. Spannend war für mich vor allem das Feedback der Fahrer, nachdem sie das Auto gefahren sind. Von der jungen Sophia Flörsch bis hin zum erfahrenen Strietzel Stuck saßen sämtliche Generationen hinterm Steuer. Alle waren begeistert und die Fahrten haben echte Emotionen geweckt. Das macht uns als Schaeffler natürlich stolz.
Mit Hans-Joachim Stuck und Timo Scheider saßen Fahrer am Steuer, die nicht dafür bekannt sind, mit ihrer Meinung hinter dem Berg zu halten... Hatten Sie Angst vor dem ehrlichen Feedback, Herr Zink?
Matthias Zink: Nein, eigentlich nicht. Nicht erwartet hatte ich allerdings das überwältigende Feedback von Strietzel Stuck. Ich hatte erwartet, dass er etwas skeptisch reagieren würde. Aber seine begeisterte Reaktion nicht nur angesichts der rund 1.200 PS Leistung, sondern auch über die Agilität der Steer-by-Wire-Lenkung, die er vorher überhaupt nicht kannte, hat mich wirklich beeindruckt. Das Feedback der Medien, Fahrer, Teamchefs und OEM-Vertreter stimmt mich positiv. Ich bin guter Hoffnung, dass dies die Serie in die Zukunft trägt. Wenn das funktioniert, dann ist die Pionierarbeit gelungen.
Hat Schaeffler mit dem Elektro-Projekt der DTM langfristig das Überleben gesichert?
Matthias Zink: Bei aller Euphorie wollen wir bodenständig bleiben. Wir haben mit Gerhard Berger gesprochen und gesagt, dass es mit einem verlässlichen Technologiepartner wie Schaeffler gelingen kann, die DTM in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Der Übergang in die Elektromobilität ist schwierig, wir selbst arbeiten seit einigen Jahren an den Szenarien und einer Fächerstrategie. Wir sind das Thema ganz bewusst angegangen, weil wir überzeugt sind, dass Rennsport die Elektrifizierung mit Silhouetten-Fahrzeugen flankieren muss. Wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Daher kann es durchaus sein, dass wir einen erheblichen Anteil am Erfolg der DTM haben.
In Hockenheim haben Sie ein Demo-Fahrzeug präsentiert. Wird es bis zur rennfertigen Version noch Veränderungen geben?
Dr. Jochen Schröder: Es wird sich noch einiges am Fahrzeug verändern. Nicht ändern soll sich die Gesamtleistung. Man braucht Leistung im Motorsport, damit emotionalisiert man. Im nächsten Schritt brauchen wir ein Gesamtfahrzeugkonzept auf Basis eines richtigen Rennwagens, das den Gestaltungsprozess der einzelnen Komponenten vorgibt. Wichtig ist mir auch, dass wir keine Schaeffler-Rennserie haben wollen, sondern den deutschen Motorsport für die E-Mobilität nach vorne bringen möchten. Ziel ist es, das Projekt auch mit Erstausrüstern und Partnern aus der Zuliefererindustrie weiter zu entwickeln. Dazu zählt die Frage, wo später ein technischer Wettbewerb stattfinden kann.
Der Sound von elektrischen Rennwagen ist ein sehr emotionales Thema. Wie sehen Sie das auch aus Sicht eines Ingenieurs?
Dr. Jochen Schröder: Den Sound eines Verbrennungsmotors hat ja niemand erfunden. Man hat es nur mit der Zeit geschafft, ihn zu formen und schön klingen zu lassen. Am Ende des Tages ist das die Eigenschaft eines Verbrennungsprozesses, durch die Akustik generiert wird. Das passiert bei der Umwandlung von Strom nicht, die ist grundsätzlich sehr geräuscharm. Das bedeutet aber nicht, dass man beim Thema Sound ideenlos sein muss. Man muss sich anschauen, wie man die Akustik eines E-Motors nutzen kann. Als Ingenieur bin ich allerdings der Meinung, dass es nicht der richtige Weg ist, wenn man irgendetwas künstlich erzeugt, um eine alte Physik nachzuahmen. Die Physik elektrischer Autos erzeugt keinen Sound und das muss man auch lernen zu akzeptieren. Alles andere wäre künstlich, aufgesetzt und auch nicht authentisch.
Matthias Zink: Ich sehe das ähnlich und als eine Aufgabe. Es wäre zu kurz gedacht, V8-Motoren oder Ähnliches zu imitieren. Es ist ja nicht so, dass ein E-Fahrzeug geräuschlos ist. Wir sollten auch in diesem Bereich neu denken, etwas Neues aufsetzen und uns nicht zu sehr an das klammern, was wir seit 100 Jahren haben.
Aber können Sie nachvollziehen, dass der Sound für die meisten Motorsport-Fans das beherrschende Thema ist?
Matthias Zink: Absolut, ich kann das nachvollziehen. Auch für mich ist der Sound, besonders an der Rennstrecke, etwas sehr Emotionales. Auf der anderen Seite denkt man vielleicht mehr über andere Wettkampfkomponenten wie die Beherrschung des Rennfahrzeuges nach, wenn der Sound nicht da ist. Aber es stimmt schon, dass etwas fehlt, wenn ein E-Auto mit 1.200 PS in Hockenheim geräuschlos über die Gerade fährt. Unsere Akustik-Spezialisten und die DTM beschäftigen sich bereits gemeinsam mit diesem Thema.
Ist die DTM nach den Ausstiegen von Audi und BMW weiter interessant für einen Zulieferer?
Dr. Jochen Schröder: Ich rechne fest damit, dass die Hersteller zurückkehren werden. Auch sie brauchen eine Plattform, auf der sie sich mit neuen Produkten zeigen können. Wenn es der DTM gelingt, sich wieder als Plattform für Innovationen und Technologien zu präsentieren - und daran arbeiten wir mit der DTM Electric intensiv - wird es auch die richtige sein für OEMs. Die DTM hat sich lange Zeit mit der Elektromobilität schwergetan. Und ich glaube, dass der Rückzug der Hersteller damit zusammenhängt. Es passt aktuell nicht ins Konzept, sich differenzierend auf einer verbrennungsmotorischen Plattform zu präsentieren. Deshalb gehen wir mit der DTM voran und wollen die Hersteller einladen, unseren Innovations-Gedanken aufzugreifen und mitzutragen.
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