Es war der große Aufreger des Sonntags-Rennens der DTM in Misano: der Dreifach-Clash zwischen BMW-Pilot Marco Wittmann und den beiden Audi-Fahrern Rene Rast und Jonathan Aberdein. In der Startphase des Rennens kämpften Samstags-Sieger Wittmann und Pole-Setter Rast um den dritten Platz. Als sich DTM-Rookie Aberdein in das Duell einmischte, wurde es wild.

Auf dem Weg in die Haarnadel-Kurve drückte sich der junge Südafrikaner mit seinem WRT-Audi auf der Innenbahn neben Rast. Es kam zu einer leichten und aus mehreren Gründen folgenschweren Berührung beider Rennwagen. Rast wurde leicht nach rechts gedrückt und erwischte dort den BMW von Wittmann, der sein 100. Rennen in der DTM aufgenommen hatte.

Der Kontakt der beiden Titelanwärter reichte aus, um Wittmann auf die Wiese zu drücken. Der Einschlag reichte aus, um die Lenkung des BMW M4 kapital zu beschädigen und den zweifachen DTM-Champion vorzeitig zur Aufgabe zu zwingen.

Dass die Kollision offenbar durch Aberdein ausgelöst wurde, war Wittmann zunächst nicht bewusst. Er beschimpfte Rast am Teamfunk als einen Idioten und schickte dem Audi-Star eine wütende Handgeste hinterher. Nach der ersten kurzen Video-Analyse räumte Wittmann ein, dass man Rast gegebenenfalls von einer Schuld freisprechen müsse.

DTM Misano 2019: Zusammenfassung des Rennens am Sonntag (03:10 Min.)

Trotzdem war der BMW-Pilot, der das Samstagsrennen dank gewagter Strategie und Safety-Car-Glück vom letzten Startplatz gewonnen hatte, mächtig angefressen. "So auszuscheiden ist total ärgerlich", sagte der Franke. "Ich kann nicht viel dazu sagen und bin natürlich total frustriert." Gegen Lackaustausch auf der Strecke sei nichts einzuwenden, doch dieser Schlag sei über der Grenze gewesen.

Die Rennleitung untersuchte den Vorfall nach Rennende gründlich und kam schließlich zum Urteil, keinem der drei Fahrer eine Schuld zuzuweisen. Der Dreier-Clash wurde als Rennunfall bewertet. "Ich bekam einen Schlag von links und traf Marco", erklärte Rast, der als Dritter noch aufs Podium fuhr. "Es tut mir leid, dass er nicht weiterfahren konnte. Es war keine Absicht, ich war einfach im Sandwich."

DTM-Neueinsteiger Aberdein ging in dieser Situation, womöglich beflügelt durch seine vorangegangenen starken Leistungen in den Qualifyings, zumindest äußerst mutig zur Sache. Der Vorfall aus seiner Sicht: "Ich war innen und konnte Marco außen nicht sehen. Ich habe nur den Kontakt mit Rene auf der Innenseite gespürt." Ob Aberdein hier derart gewagt hätte reinstechen müssen, darüber scheiden sich die Geister.

Rast setzte seine Fahrt nach der Kollision auf dem dritten Platz hinter den Audi-Kollegen Robin Frijns und Loic Duval fort. Bis zur neunten Runde hatte er die Führung, die er nach einem mittelmäßigen Start hatte abgeben müssen, ohne größeren Widerstand wieder übernommen. Brenzlig wurde es dann in Runde 14, als ein Reifenschaden an seinem rot-weißen Audi auftrat.

Glück im Unglück: Rast befand sich kurz vor dem Eingang in die Boxengasse, als der Reifen drohte, sich von der Felge zu lösen. Laut eigener Aussage habe er seinen Pflicht-Wechsel der Hankook-Reifen ohnehin in dieser Runde geplant. Der Reifen-Vorfall kostete ihn aber rund sechs Sekunden.

"Auf Start/Ziel hatte ich nur noch 0,5 bar Luftdruck hinten links im Reifen", erklärte Rast. "Ich wusste aber, dass ich Vollgas geben muss. Das war kritisch und beinahe hätte ich das Auto verloren. Aber was sollte ich sonst machen?"

War dies etwa eine Folge der frühen Kollision mit Markenkollege Aberdein? So oder so könnten die Reifen Rast den möglichen Sonntagssieg gekostet haben - es wäre saisonübergreifend sein sechster in Folge gewesen. Denn: Als Nico Müller seinen Reifenwechsel in Runde 17 einlegte, kam er nur wenige Sekunden vor Rast und dem folgenden BMW-Fahrer Philipp Eng als Führender wieder auf die Strecke. Wäre Rast stattdessen durchgerutscht, hätte Müller vermutlich gegen Eng abschirmen müssen.

Doch so gelang es dem Schweizer, seinen zweiten Sieg in der DTM über die Ziellinie zu fahren. Vor Eng und Rast, der als Führender in der Meisterschaft aus Misano zum nächsten Rennen an den Norisring in vier Wochen reist. Der amtierende Vize-Champion führt mit 93 Punkten vor Eng mit 83 und Müller, mit durch seinen Sieg auf 76 Zähler kommt.

Für Müller war es im 85. DTM-Rennen der zweite Sieg. Zuletzt stand er am 26. Juni 2016 auf dem Norisring ganz oben auf dem Treppchen. Durch den Misano-Triumph konnte auch sein Team Abt aufatmen. Es war der erste seit 624 Tagen, nachdem der zweimalige DTM-Champion Mattias Ekström für den letzten Erfolg der Mannschaft aus dem Allgäu gesorgt hatte.