Vier Punkte fehlten Rene Rast am Ende zur Titelverteidigung in der DTM-Meisterschaft. Seine beiden Siege - Nummer fünf und sechs in Folge - reichten nicht aus, um Gary Paffett und Mercedes den Fahrer-Titel im letzten Moment vor der Nase wegzuschnappen. Dabei kann sich Audi nicht vorwerfen lassen, nicht alles für die Titel-Sensation probiert zu haben.

Um Rast in den beiden Hockenheim-Qualifyings eine möglichst gute Ausgangslage zu verschaffen, opferte Audi zwei der eigenen Fahrer. 'Unter den Bus werfen', war das geflügelte Wort dafür im Fahrerlager, zurückzuführen übrigens auf Mercedes-DTM-Teamchef Uli Fritz.

Was war passiert: Audi wusste, dass Rast in den Qualifyings in die ersten beiden Startreihen fahren muss, um eine Chance auf die Meisterschaft zu haben. Dafür versuchten es die Strategen aus Ingolstadt mit einem speziellen Trick: Jeweils zwei Audi-Fahrer wurden abgestellt, um Rast auf der Parabolika-Geraden Windschatten zu geben!

Ein durchaus risikoreiches Unterfangen, bei dem einiges schiefgehen kann. Doch dank der tatkräftigen Unterstützung von Loic Duval und Jamie Green im Samstags-Qualifying sowie Duval und Robin Frijns am Sonntag ging der Plan auf: Rast qualifizierte sich für das erste Rennen auf Platz vier, am Sonntag startete er von der zweiten Position hinter Marco Wittmann.

In beiden Qualifyings erreichte Rast jeweils die Höchstgeschwindigkeit aller 18 Piloten im Feld. 257 km/h am Samstag, während Pole-Setter Lucas Auer nur auf 254 km/h kam. Am Sonntag war Rast mit 256 km/h alleiniger Topspeed-Spitzenreiter, Pole-Mann Wittmann war 1 km/h langsamer. Den Windschatten-Trick bezifferte Audi im Idealfall mit 1,5 bis 2 Zehntelsekunden auf einer Runde.

Qualifying 1: Audi-Performance

PlatzierungFahrerRundenzeit
P4Rene Rast1:32.847
P6Nico Müller1:32.887
P9Robin Frijns1:32.946
P15Mike Rockenfeller1:33.168
P16Loic Duval1:33.275
P17Jamie Green1:33.372

"Wir hatten das zuvor noch nie gemacht", sagte Audi-Motorsportchef Dieter Gass zu Motorsport-Magazin.com. "Das dann so beim letzten Rennwochenende einzuführen und durchzuziehen, da muss alles passen. Das ist ja hochkomplex. Das ist nicht nur Windschatten geben, es ist auch wichtig, dass alle ihre Reifen so aufwärmen wie Rene es macht, um seine Reifen ans Arbeiten zu bekommen."

Rast zu unterstützen, bedeutete gleichzeitig, seine Windschatten-Adjutanten zu opfern. So landeten Duval, Green und Frijns in den jeweiligen Qualifyings auch stets ganz am Ende des Feldes - weil sie sich darauf konzentrierten, den einzigen Audi-Titelanwärter zu unterstützen. "Jeder im Team kann stolz auf sich sein, auch unsere Fahrerkollegen haben dazu beigetragen", bedankte sich Vize-Champion Rast.

Qualifying 2: Audi-Performance

PlatzierungFahrerRundenzeit
P2Rene Rast1:32.737
P9Nico Müller1:32.972
P14Jamie Green1:33.324
P16Mike Rockenfeller1:33.468
P17Loic Duval1:33.477
P18Robin Frijns1:34.695

Rast gelang es wieder einmal perfekt, die Pläne umzusetzen. Während den Qualifying-Runs saß er in der Box und studierte die Daten und Kennlinien seiner Audi-Teamkollegen auf dem Tablet. Tatsächlich war Audi der Konkurrenz von Mercedes und BMW auf einer schnellen Runde im Qualifying unterlegen. In beiden Qualifyings war Nico Müller auf den Plätzen sechs beziehungsweise neun der nächstbeste Audi-Pilot.

Natürlich hätten wir gerne mehr Audis vorne gehabt", sagte Gass. "Aber dann hätten wir Rene nicht nach vorne bekommen und dadurch auch nichts gewonnen. Und wären wir mit Rene nicht so weit vorne gelandet, hätten wir nicht die Chance gehabt, das Ding offenzuhalten."

Rene Rast beim Daten-Check in seinem Audi mit Tablet in der Hand, Foto: Audi Communications Motorsport
Rene Rast beim Daten-Check in seinem Audi mit Tablet in der Hand, Foto: Audi Communications Motorsport

Rast konnte die guten Ausgangspositionen auch in den Rennen umsetzen. Hier spielte Audi auch der vorgeschriebene Reifendruck von 1,3 bar in Verbindung mit den hohen Temperaturen in die Karten. Während sich die Konkurrenz im zweiten Stint immer schwerer tat, konnten Rast und Co. ihre Performance bis zum Rennende halten.

Für Mercedes kam der Windschatten-Trick unterdessen nicht in Frage. Vor allem, weil man jeweils Gary Paffett und auch Paul Di Resta vorfahrende Teamkollegen hätte abstellen müssen. Und auch, weil der Mercedes-AMG C 63 ohnehin schnell genug für die Pole war. Am Samstag sorgten Lucas Auer und Paffett für eine reine erste Mercedes-Reihe.

Mercedes-Teamchef Uli Fritz bestätigte bei Motorsport-Magazin.com: "Wir hatten im Qualifying ein gutes Auto. Mit solchen Themen hast du die Gefahr, dass du einen Fehler reinhaust und es wirklich schief geht. Und der Haken an der Geschichte ist, dass du ein bis zwei andere Fahrer unter den Bus wirfst. Da stellt sich die Frage, ob es das wert ist."