Erleben wir 2018 die spannendste Saison in der jüngeren Geschichte der DTM? Im vorerst letzten Jahr von Mercedes-Benz in der Tourenwagenserie wurden die Rennautos noch einmal überarbeitet. Weitere Einheitsteile und zusätzliche Entwicklungsbeschränkungen sollen Audi, BMW und Mercedes noch näher zusammenführen.

Die Ingenieure hatten vor der anstehenden Saison, die am 5. Mai in Hockenheim beginnt, nur noch einen kleinen Spielraum, um dem eigenen Arbeitgeber einen Vorteil zu verschaffen. Einheitliche Radhäuser - Audis großer Vorteil in der vergangenen Saison - vereinfachte Fahrwerke und weniger Aero-Bauteile sollen für einen möglichst ausgeglichenen Wettbewerb sorgen.

Verliert Audi nur 25 Prozent?

Interessant: Laut Angaben von DTM-Rechteinhaber ITR sollen die Autos 2018 rund ein Drittel, also etwa 33 Prozent, weniger Abtrieb produzieren. Audi hingegen sprach zuletzt von einem Abtriebsverlust von rund 25 Prozent - also einem Viertel weniger als im Vorjahr. Bedeutet das also, dass die Ingolstädter noch immer mehr Downforce am Auto haben als BMW und Mercedes?

Mercedes-Teamchef Uli Fritz zu Motorsport-Magazin.com: "Das würde ja bedeuten: Wenn der Audi wirklich mehr Abtrieb gehabt hätte, so wie es jeder vermutet, und die nur 25 Prozent verlieren und alle anderen 30, dann wäre der Gap ja noch größer. Warten wir mal ab, was wir in Hockenheim sehen."

Mercedes: Audi hat brutal-clevere Ingenieure

Als das neue Aerodynamik-Paket und die Einschränkungen im Winter eingeführt worden waren, hieß es intern, dass 30 Prozent weniger Abtrieb das Ziel sein sollten - allerdings ausgehend von den letztjährigen Rennautos der drei Hersteller. Audi gelang es in den vergangenen drei Jahren, jeweils das allgemein stärkste Gesamtpaket zu bauen, das vor allem am besten mit den Reifen umgehen konnte.

Wenn die Aero zu dieser Saison insgesamt reduziert werden soll - hätte Audi dann nicht einen noch größeren Vorteil gegenüber der Konkurrenz? "Das zeigt einfach, dass Audi brutal-clevere Ingenieure hat", sagt Fritz mit einem Grinsen im Gesicht. "Wenn Dieter Gass jetzt sagt, dass er 25 Prozent hat, muss ich sagen: Glückwunsch. Also ist er den Erwartungen vorausgeeilt."

Der Mercedes-Chef selbst will den Abtriebsverlust am Mercedes-AMG C63 DTM nicht genau beziffern, sagt nur: "Ich weiß, wie viel wir haben. Das ist aber keine Zahl, die ich streuen will. Was mir Sorgen macht: Wenn der Dieter Gass jetzt schon sagt, dass er 25 Prozent weniger hat, sind es in Wirklichkeit bestimmt bloß 20."

BMW zeigt einige Änderungen im DTM-Reglement, Foto: BMW
BMW zeigt einige Änderungen im DTM-Reglement, Foto: BMW

Audi muss Philosophie ändern

Audi habe im Zuge der Neuerungen und geringerer Möglichkeiten der Fahrwerksabstimmung laut eigener Aussage die bisherige Philosophie ändern müssen. Die bislang geltende, ausgiebige Entwicklung der Aerodynamik im Windkanal musste unter dem neuen Reglement stark eingeschränkt werden.

"Im Prinzip haben alle Autos nun dasselbe Aerodynamik-Paket", sagt Andreas Roos, neuer Projektleiter DTM bei Audi. "Für jeden Hersteller individuell gestaltet sind die Übergangsbereiche zwischen den Aerodynamik-Teilen und der jeweiligen Karosserie." Die Aufgabe bestand vor allem darin, die neuen Aero-Teile rund ums Auto herum an das bestehende Konzept anzupassen, da nur gewisse Bereiche verändert werden durften - und nicht das gesamte Auto.

Das ist Aufgabe der Hersteller

"Die Herausforderung an die Hersteller wird sein, wie jeder mit dem neuen Paket klarkommt", erklärt Uli Fritz. "Das hat überhaupt nichts mit den Fähigkeiten der Hersteller zu tun, sondern damit, wie das bestehende Konzept - man darf ja nicht das ganze Auto verändern - diese neuen Teile annimmt. Das ist eine Herausforderung, das richtig zu verstehen. Deswegen haben wir hochbezahlte Ingenieure."

Ähnlich wie Mercedes, hält sich auch BMW mit genauen Bezifferungen über den Verlust des Abtriebs zurück. Fehlt Ihnen auch ein Drittel, Herr Marquardt? "Irgendwas um den Dreh", antwortet der BMW Motorsport-Direktor Motorsport-Magazin.com. "Im Endeffekt ist die Zahl völlig Wurscht. Es geht darum, dass wir deutlich reduziert haben, damit es wirklich mehr auf den Fahrer ankommt, die Show gut ist und die Zuschauer spannende Rad-an-Rad-Action zu sehen bekommen."

Jens Marquardt weiter: "Wenn das Racing auf der Strecke stark ist, spannend ist und im Vordergrund steht - und nicht irgendwelche Ingenieursarbeiten im stillen Kämmerchen - dann hat der Zuschauer viel mehr davon. Das muss der Ansatz sein und ich denke, dass wir in der Richtung einen guten Schritt gemacht haben."

2018 ohne Performance-Gewichte

Das funktioniert allerdings nur, wenn Audi, BMW und Mercedes es geschafft haben, ihr Autos auf ein vergleichbares Niveau zu bringen. Sollte wieder einmal ein Hersteller abfallen, könnte es bitter werden: Die Performance-Gewichte gibt es nicht mehr, was einen künstlichen Ausgleich nicht mehr möglich macht. Sie wurden für die letzten Rennen 2017 abgeschafft. Und Kompromisse, wie sie Mercedes und BMW in der Vergangenheit zugesprochen wurden, sind beim letzten Mercedes-Auftritt ebenfalls nicht mehr zu erwarten.