Es kommt zum Mega-Showdown um die DTM-Meisterschaft 2017. Am Sonntag in Hockenheim haben noch vier Fahrer Chancen auf den Titelgewinn - alle aus dem Lager von Audi. Gewürzt wird das große Finale mit Grid-Strafen für den Gesamtführenden Mattias Ekström sowie seinen ersten Verfolger Jamie Green. Triumphiert am Ende Rookie Rene Rast oder gar Außenseiter und Fußbruch geplagter Mike Rockenfeller? Motorsport-Magazin.com liefert die Übersicht zum packenden Audi-Vierkampf.

Das Samstagsrennen in Hockenheim:

Verrücktes Rennen zum Auftakt des großen Finales: Jamie Green setzte sich schon früh gegen die BMW-Doppelspitze aus Pole-Setter Timo Glock und Maxime Martin durch. Gegen Glock ging es robuster zur Sache, als der Brite seinen Widersacher von der Strecke drängte. Dafür kassierte er eine Verwarnung. Green lupfte nach dem Zwischenfall das Gas und ließ Glock wieder passieren. "Ich wusste, dass es nichts bringen würde, vorne zu bleiben", sagte Green. "Das war unfair und unter dem Reglement kannst du das nicht machen." Der Pace des Audi hatte Glock aber nichts entgegenzusetzen und so musste er Green schließlich vorbeilassen.

Interessanter ging es bei Mike Rockenfeller zu, der in der Schlussphase des Rennens zur großen Aufholjagd blies und sich Platz zwei erkämpfte. Dank eines späten Stopps in Runde 23 schnappte er sich nacheinander Rene Rast, Edo Mortara, Maxime Martin und in der letzten Runde auch noch Timo Glock. Ausgerechnet mit dem BMW-Piloten war er zuvor im Qualifying etwas aneinandergeraten. "Ein bisschen habe ich dran gedacht, als ich nah an ihn rankam", lachte Rocky. "Da hab ich gedacht: Jetzt kriegst du ihn doch! Aber alles gut. Beim nächsten Berg, wenn wir wieder auf dem Fahrrad sitzen, hänge ich ihn ab."

Rene Rast, der dritte Titelanwärter im Bunde, sammelte als Sechster immerhin ein paar Zähler. "Das waren wichtige Punkte, auch wenn ich gern weiter vorne gelandet wäre", zeigte sich der DTM-Rookie versöhnlich. Auf die Frage von Motorsport-Magazin.com, ob er eine unruhigere Nacht erwarte wegen der verbesserten Titelchance, antwortete Rast: "Ich habe auch gestern nicht gut geschlafen. Das lag aber nur daran, dass in meinem Hotel um 03:30 Uhr nachts ein paar Betrunkene rumgeschrien haben."

Ein bitteres Rennen erlebte Titelfavorit Mattias Ekström, der nicht über den elften Platz hinauskam. P11 im Qualifying war ohnehin eine denkbar schlechte Ausgangslage. Dabei fehlten Eki nur 1,5 Zehntelsekunden zu einem Startplatz in der zweiten Reihe. Dass es nicht sein Rennen werden würde, wusste Ekström früh: "Ich bin aus der Box rausgefahren und wusste schon: Hui, das wird nix!" Der Schwede kämpfte mit den Reifen, die früh im Rennen überhitzten. Überholmanöver waren dadurch kaum möglich.

Die Strafen für Ekström und Green:

Das Samstagsrennen hatte einen bitteren Nachgeschmack für Jamie Green und Mattias Ekström. Green kassierte für das überharte Duell mit Glock eine Verwarnung - die fünfte in der laufenden Saison und damit eine Strafversetzung um 10 Plätze in der Startaufstellung am Sonntag. Auch Ekström wurde mit einer Verwarnung belegt, weil er zu hart gegen Maro Engel zu Werke gegangen war. Die dritte Verwarnung des Jahres kostet ihn fünf Startplätze beim letzten Rennen des Jahres.

"Wir haben uns nicht mal berührt, glaube ich", sagte Ekström zu Motorsport-Magazin.com. "Dass er nicht mehr mit vier Reifen auf der Strecke war, kann ich mir denken. Ich glaube aber, dass es zwei waren. Aber so ist die Regel, und das muss ich akzeptieren. Und ich fühle mich ja auch nicht wie ein Krimineller, ich habe ja niemanden abgeschossen."

Nach Zandvoort hatten die Fahrer untereinander beschlossen, künftig fairer in Zweikämpfen miteinander umzugehen. Dadurch sollte ermöglicht werden, dass zwei Autos nebeneinander fahren können, ohne sich gegenseitig die Aero-Teile zu zertrümmern. Die neue Regelung wurde bislang sehr positiv angenommen.

Auch Green akzeptierte die Strafe ohne jegliches Murren. "Jamie verdient jede Verwarnung, die er bekommen hat", sagte Gary Paffett. "Er hatte vor dem Rennen schon vier und es war bekannt, was bei der fünften passiert. Das ist unglücklich, aber so sind die Regeln. Die kennen wir alle und ich finde sie fair."

Die Ausgangslage:

Rein nach Punkten bleibt Mattias Ekström der Favorit auf die Meisterschaft. Trotz der Nullrunde führt er die Gesamtwertung weiter mit 172 Punkten an. Aber es ist viel enger geworden, nachdem seine drei Audi-Titelrivalen gepunktet haben. Jamie Green (163 Punkte) verdrängte Rene Rast (159) vom zweiten Gesamtplatz. Auch Mike Rockenfeller kann mit 152 Zählern - also 20 weniger als Ekström - noch in den Titelkampf eingreifen.

Speziell wird die Situation wegen der Grid-Strafen für Ekström und Green. Die beiden müssen im Qualifying extrem stark abliefern, um sich eine halbwegs gute Ausgangslage zu sichern. Je weiter es nach hinten geht, desto größer ist das Unfall-Risiko.

"5 und 10 Strafplätze sind schon 'ne Nummer", sagte Rast zu Motorsport-Magazin.com. "Das muss man erst mal aufholen. Und vor allem musst du die erste Runde überleben, wenn du da im Getümmel bist. Jeder will morgen glänzen und keiner wird die Nase rausziehen."

Während sich Rast gute Chancen ausrechnet, geht Rockenfeller den Titel-Fight eher defensiv an. Trotz der Strafen muss er am Sonntag 20 Punkte zu Ekström aufholen. "Normalerweise können die das nicht verlieren", sagte Rocky zu Motorsport-Magazin.com. "Aber ich muss keine Rücksicht nehmen und werde das auch nicht machen. Wer das erwartet, ist verrückt."

Die Statistik der Audi-Fahrer:

Was die Statistik betrifft, so scheint Jamie Green in Hockenheim immer noch ein wenig stärker zu sein. Sechs seiner 16 Siege holte der Brite auf dem Auftakt- und Finalkurs. Gleichzeitig stand er genau so oft wie Mattias Ekström auf dem Podium, obwohl dieser fünf Versuche mehr hatte. Rene Rast und Mike Rockenfeller konnten in Hockenheim hingegen noch nie gewinnen. Bei Rast ist das bei nur fünf Versuchen allerdings auch nicht so verwunderlich. Dennoch ist der Rookie nicht abzuschreiben. In bisher gerade einmal 20 Rennen siegte Rast dreimal. Eine so gute Siegquote pro Rennen kann keiner der anderen drei Titelkandidaten vorweisen.

Allerdings ist Rast als Neuling auch derjenige, der am ehesten Nerven zeigen könnte, weil ihm einfach die Erfahrung fehlt. Sowohl Ekström als auch Rockenfeller und Green kennen die Situation im Titelkampf. Ekström von bereits zwei Titeln, Rocky war auch schon Champion. Einzig Green fehlt im erfahrenen Trio noch ein Titel. Vorentscheidend für den Titelkampf könnte bereits die Qualifikation werden. Mit der Pole Position hätten Rast oder Rockenfeller schon eine gute Voraussetzung für das Rennen, da Ekström und Green ja noch bestraft werden. Der Pole-König des Quartetts in Hockenheim ist jedoch der Schwede, der auch die meisten Rennen in Hockenheim beenden konnte.

Die Hockenheim-Statistik spricht also für Ekström. Die Gesamtstatistik spricht, zumindest was Erfolge pro Rennen angeht, eher für Rast, weil der in seiner Debüt-Saison bereits viel erreicht hat.

FahrerMattias EkströmMike RockenfellerJamie GreenRene Rast
Statistiken der Fahrer in Hockenheim
Rennen3728325
Siege4060
Podien134130
Poles6130
Ausfälle6331
Statistiken der Fahrer in der DTM
Rennen19313415620
Siege235163
Podien7620384
Poles216133
Schnellste Runden177224
Punkte1215639897.5167

Die Stimmen zum Titelkampf:

Mattias Ekström: "Es wäre ja traurig, wenn es heute vorbei gewesen wäre. Dann wäre es eine Spazierfahrt geworden. Jetzt wird es aber ein wildes Rennen. Aber mit der Brechstange hat noch keiner Erfolg gehabt. Wenn man ein Auto hat, das schnell genug ist, muss man sich keine Gedanken machen. Ich weiß schon, wie man Rennen fährt."

Jamie Green: "Mit meiner Strafe wird es bestimmt nicht einfach werden. Wir haben alle das gleiche Auto und es hängt davon ab, wer das Meiste rausholt."

Rene Rast: "In die Karre fahren werden wir uns nicht. Da haben wir schon unsere Richtlinien. Wir kämpfen fair, sollen aber keinen Kontakt haben mit anderen Audis. Wir sollen uns fair battlen und ein faires Rennen zeigen. Meine Ausgangslage hat sich verbessert, jetzt ist alles offen."

Mike Rockenfeller: "Die Titelchance war vor dem Wochenende nicht sehr realistisch und jetzt ist sie es auch nicht. 20 Punkte sind eine Welt. Aber alles ist möglich. Andere können Nerven zeigen. Das Schöne ist, dass ich in der Angriffs- und nicht in der Verteidigungsposition bin."