Der Saisonauftakt in Hockenheim verlief für Manuel Reuter und sein Opel Team alles andere als perfekt. Nach einer guten Vorbereitungsphase bei den Wintertests, kämpften die Rüsselsheimer am Samstag mit den Bedingungen, welche laut Reuter durch das vorherige Formel 3 Rennen und dem damit verbundenen Reifenabrieb verschlechtert wurden, und am Sonntag mit einem Startunfall, der dem Arbeitsgerät des am meisten erfahrenen DTM-Piloten irreparable Schäden zufügte.

Manuel Reuter nahm den misslungenen Saisonstart jedoch gelassen hin und sprach mit motorsport-magazin.com über die DTM, deren neues Reglement und die Zukunft der Serie.

Sie haben sich mit drei Triathleten auf die anstehende Saison vorbereitet: Sind Sie gestählt für die kommenden Aufgaben?

Manuel Reuter: Triathlon ist mein Hobby und ich konnte eine Woche hernehmen und trainieren. Opel hat ja auch ein Triathlon Team. Ich habe eine schöne Woche verbracht, aber das hat nichts geholfen. [lacht] Wir hätten hier vielleicht mit dem Fahrrad fahren sollen, dann wäre es besser gewesen.

Wie hoch sind die Anforderungen an den Fahrer während einer DTM-Saison?

Manuel Reuter: Das Rennfahren ist ja nur die Spitze des Eisbergs. Wir haben speziell in der DTM einen Eventcharakter, der sehr viele Termine beinhaltet und es teilweise schon sehr schwierig macht sich auf das Rennfahren zu konzentrieren. Ich würde jetzt natürlich lieber drei Stunden mit meinen Ingenieuren sprechen, aber dann ruft das Team an und sagt Du hast hier und da einen Termin. Aber das gehört halt dazu und ist auch Teil der DTM.

Ihnen gefällt also die große Fannähe der DTM mit den vielen Zuschauern hier im Fahrerlager?

Manuel Reuter: Ich bin ja schon lange dabei und damit ist die DTM groß geworden. Das Konzept ist genau das Richtige. Man bekommt tollen Motorsport für in Anführungsstrichen kleines Geld geboten und erlebt die Fahrer und das ganze Umfeld zum Anfassen.

Die sportliche Vorbereitung verlief bestens. Die letzten Tests brachten positive Ergebnisse ein: Geben die vielen Testbestzeiten einen gewissen Auftrieb für die anstehenden Rennen?

Manuel Reuter: Wir hatten einen sehr guten Winter und das gibt auf jeden Fall Auftrieb. Jeder weiß, dass die Voraussetzungen für uns in diesem Jahr nicht die einfachsten sind. Wir haben zwar eine sehr kleine Mannschaft, aber ein sehr effektives Team. Dies wollen wir mannschaftlich geschlossen zeigen.

Wie verliefen die Tests abseits der Rundenzeiten: Was wurde im Vergleich zu 2004 verbessert? Konnten die Problemfelder des Vorjahres beseitigt werden?

Manuel Reuter: Unser Auto sieht von außen dem letztjährigen Wagen ziemlich ähnlich. Wir haben sehr viel Detailarbeit geleistet. Es ist keine Revolution, sondern eine Evolution. Wir sind sehr zufrieden, nur das Ergebnis heute stimmt den ein oder anderen nicht ganz so zuversichtlich.

Obwohl es in allen Rennserien so schön heißt "Testzeiten haben nichts zu bedeuten", gab es zuletzt viel Kritik an der gesteigerten Geheimhaltung der Hersteller, welche wie Audi bei den Tests gar nicht aufkreuzten oder noch nicht alle Karten auf den Asphalt legten. Halten Sie diese Entwicklung für richtig?

Manuel Reuter: So lange man die Tür für Geheimhaltung offen lässt, wird dies immer wieder passieren. Es war eben nicht gerade schön, dass Audi auch bei den ITR-Testfahrten nicht mit dem neuen Auto da war, sondern lieber 'heimlich' in Spanien gefahren ist. Darüber sollte man vielleicht einmal nachdenken. Denn auch die Tests sind ein Teil der DTM, bei welchem beispielsweise in Spa viele Fans vor Ort waren. Entsprechend sollten die Hersteller dort auch mit den neuen Autos zu fahren haben. Und wenn sie nicht fahren wollen, dann sollten sie gar nicht fahren. Aber nicht irgendwo heimlich in Spanien testen.

In der neuen Saison gibt es einige neue Regeln. Beispielsweise bei den Zusatzgewichten: Wie sehen Sie diese Änderungen?

Manuel Reuter: Wenn Du Rennen gewinnst, bist Du mit Sicherheit kein Fan davon. Aber im Sinne der DTM und der möglichen Sieger tut es der DTM und der Spannung gut. Man hat ja auch hier gesehen, dass die Vorjahresautos ganz gut dabei waren. Prinzipiell hat man hier also den richtigen Weg eingeschlagen. Jedenfalls so lange es sich in diesem 'kleinen Rahmen' hält.

Mit der WTCC bekommt die DTM einen starken internationalen "Konkurrenten": Was halten Sie von der Serie und wie sehen Sie die Tourenwagen-WM im Vergleich zur DTM?

Manuel Reuter: Die WTCC ist für mich keine Konkurrenz für die DTM. Die haben weniger Zuschauer auf der Tribüne als wir im Fahrerlager und die haben im Fernsehen vielleicht so viele Zuschauer wie wir am Samstag. Es ist also keine Konkurrenz. Die Autos fahren über 20 Sekunden langsamer als wir und haben 260 PS, so viel hat heutzutage ein guter Diesel auf der Straße, also sehe ich diese Serie im Moment nicht als Konkurrenz. Es ist zwar schön, dass sie eine Weltmeisterschaft haben, aber der richtige Tourenwagensport sind die DTM-Autos.

Angesichts des Opel-Ausstiegs Ende 2005 drängt sich natürlich die Frage auf, ob Sie sich eine Zukunft in der WTCC vorstellen könnten?

Manuel Reuter: Ich hoffe nicht! Ich hoffe nicht! Es hängt in erster Linie von uns selbst ab. Wenn wir in diesem Jahr Rennen gewinnen, dann sieht die Welt anders aus. Wenn wir 2005 genauso ein Jahr wie in den letzten vier Saisons erleben sollten, dann brauchen wir auch nicht weiterreden. Die Ergebnisse müssen für sich sprechen und dabei sind wir gefragt. Der Winter war gut, der Auftakt bis jetzt gemischt, aber ich glaube, dass es im Moment noch viel zu früh ist darüber nachzudenken.

Vor der mittelfristigen Zukunft 2006, liegt aber noch die kurzfristige Zukunft 2005: Welche Erwartungen haben sie an diese Saison?

Manuel Reuter: Da wo Marcel in der Startaufstellung stand [4. Platz, d. Red.], da müssen immer drei, vier Opel stehen und dann kannst Du auch um Siege und Podiumsplätze fahren und genau dies ist das Ziel. Wir sind mit Sicherheit nicht hierher gekommen, um 17. und 19. zu werden. Da bleibe ich lieber zu Hause und mache etwas anderes.

Und ganz langfristig betrachtet: Haben Sie sich bereits Gedanken über die Zeit nach Ihrer aktiven Rennfahrerkarriere gemacht?

Manuel Reuter: Langfristig habe ich keine Pläne. Ich bin mittlerweile der Älteste in der DTM, das ist auch nicht schlecht. Aber Ziele kommen und gehen. Wenn Opel nächstes Jahr weiter Motorsport macht, dann müssen wir sehen was ich mache, aber ich werde der Marke mit Sicherheit treu bleiben.

Durch die neuen Regeln sollen Privatteams, aber auch weitere Hersteller angelockt werden. Wie sehen Sie die Zukunft der DTM? Gerade nach dem Hickhack um MG.

Manuel Reuter: Das ist für mich kein Hickhack. Es ist momentan etwas unglücklich gelaufen, dass die Chinesen MG nicht übernommen haben, dadurch dann der Konkurs und somit wahrscheinlich auch kein Engagement von MG in der DTM. Aber auch hier müssen wir abwarten, was passiert. Es ist momentan für keinen von uns möglich die Lage richtig zu beurteilen. Derzeit ist es für alle Rennserien wichtig, wie viele mögliche Sieger man hat. Und dies ist nicht unbedingt abhängig von vielen Herstellern. Wir hatten schon andere Jahre, da haben wir in Deutschland bei den Tourenwagen sechs oder sieben Hersteller gehabt und es war trotzdem nichts. Das Wichtigste sind spannende Rennen, spektakuläre Autos, dass heißt auch Sound und eine gewisse Leistung, und viele abwechslungsreiche Sieger. Was nützt es mir, wenn wir in der DTM sechs Hersteller haben, aber immer der gleiche gewinnt? Dann ist es auch langweilig, wie in der Formel 1. Es ist also entscheidend diese Kombination zu haben. Ob es dann ein Privatteam oder ein Werksteam ist, spielt keine Rolle. Auch das Einfrieren des Reglements für die nächsten drei Jahre ist der richtige Weg, da die Autos mittlerweile auf einem guten Niveau sind. Sie haben einen guten Sound, Leistung und werden von den Fans angenommen. Ob Du dann jedes Jahr drei Zehntel schneller fährst ist glaube ich dem Fan egal. Der Fan will Action und ein enges Feld sehen. Und da müssen wir weiter dran arbeiten, dass es mit noch weniger Geld, noch besseren Sport gibt.

Wie empfinden Sie die Internationalisierung der DTM?

Manuel Reuter: Grundsätzlich ist es sehr positiv, so lange es im Rahmen von Europa bleibt. Der EU-Gedanke über Deutschland hinaus kommt sehr gut an und wird glaube ich auch funktionieren. Die Basis sollte aber immer in Deutschland bleiben. Wenn fünf Rennen im Ausland wären, ist das auch okay. Aber der Stamm sollte in Deutschland bleiben.

Und wie sieht es bei der Anzahl der Rennen aus? Gibt es da eine Zahl, bei der Sie sagen, dass man einen Riegel vorschieben sollte?

Manuel Reuter: Es ist letztendlich immer eine Frage der Kosten. Das können andere besser beurteilen, aber elf, zwölf Rennen sind glaube ich noch vertretbar und realisierbar. Es ist natürlich auch eine Frage dessen, was das Fernsehen dazu sagt. Wenn wir einfach sagen, dass wir 20 DTM-Rennen machen, dann sagen die so viele können sie gar nicht mehr unterbringen.