Bloß Marco Wittmann. Dafür steht BMW in der DTM-Saison 2014. Ohne den frisch gebackenen Meister sind die Münchener meist leichte Beute für die Konkurrenz von Audi. In der Fahrerwertung liegen gleich drei Ingolstädter hinter dem DTM-Dominator. Dasselbe Bild zeigt sich in der Teamwertung: Vorne die Wittmann-Truppe, dahinter ein Audi-Trio. Damit nicht genug. Neuerdings hält sogar Mercedes Schritt - angeführt von Youngster und Lausitz-König Pascal Wehrlein und dem Meisterschaftszweiten und Doppel-Rennsieger Christian Vietoris.

Wieso bringt nur Wittmann den M4 auf Speed?

Besonders deutlich zeigte sich das dramatische Leistungsgefälle von Wittmann zu allen anderen Fahrern und Teams des Münchener Herstellers im Qualifying von Zandvoort. Sicher, die holländische Dünen-Piste ist die Haus- und Hof-Strecke der Ingolstädter. Aber müssen deshalb gleich fünf von acht Autos im letzten Qualifying-Segment Audi-Ringe zieren?

Nur Marco Wittmann sorgt regelmäßig für Top-Resultate mit dem M4, Foto: DTM
Nur Marco Wittmann sorgt regelmäßig für Top-Resultate mit dem M4, Foto: DTM

Und es alle Fünf sogar unter die Top-6 schaffen (Strafen und Disqualifikationen herausgerechnet), während BMW nur mit zwei Autos um die Pole kämpfen kann? Zumal das auch noch übertrieben ist, rettet sich Martin Tomczyk doch nur in Q3, weil er seinen letzten frischen Reifensatz bereits im zweiten Abschnitt verbrät und deshalb abgeschlagen auf Platz acht landet.

"Ja, es macht einen Unterschied, auf gebrauchten Reifen zu fahren - von 1,2 Sekunden", erklärt der Rosenheimer gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Es war mir klar, dass ich nur auf P8 oder mit Glück auf P7 fahren kann. Aber es war einfach unsere Strategie, irgendwie in Q3 zu kommen. Ich wollte nicht wieder aus der letzten Reihe starten", klagt der Rosenheimer sein Leid, das sich nun schon durch die ganze Saison zieht.

Martin Tomczyk opferte seinen letzten frischen Satz Reifen, um das Q3 zu erreichen., Foto: BMW AG
Martin Tomczyk opferte seinen letzten frischen Satz Reifen, um das Q3 zu erreichen., Foto: BMW AG

Tomczyk bekommt den M4 einfach nicht auf Speed. Doch liegt das kaum an Tomczyk selbst. Bis auf Wittmann eben, dem der 2014er BMW auf den Leib geschneidert scheint und der damit alles in Grund und Boden fährt, haben sämtliche BMW-Piloten mit ihren M-Lingen zu kämpfen.

"Das war wieder kein gutes Qualifying. Ich hatte einfach nicht die Balance im Auto, um weiter vorne zu sein. Die war nicht, wie sie sein sollte, war eigentlich gar nicht da. Es gab auch nicht nur ein Problem, sondern gleich mehrere, weshalb ich nicht schneller fahren konnte", redet sich Bruno Spengler im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com nach einem enttäuschenden 15. Platz in Zandvoort den Frust von der Seele. Und der Kanadier findet kaum noch ein Ende: "Wir hatten das Problem schon im Training. Wir haben einfach kein Setup gefunden, um schnell zu sein."

Funkenflug beim schlecht balancierten BMW von Spengler, Foto: BMW AG
Funkenflug beim schlecht balancierten BMW von Spengler, Foto: BMW AG

Liga der Unzufriedenen: Glock, Martin, Farfus, da Costa

Einen Platz weiter vorne aber mit genauso unzufriedenem Gemüt steht Timo Glock. "Ich hätte heute nicht schneller fahren können. Das Auto war okay, im freien Training waren wir schnell unterwegs. Im Qualifying sind dann aber alle anderen schneller geworden, während wir eher stehengeblieben sind. Das ist schwer zu verstehen und natürlich schade, denn das Auto hat sich gut angefühlt. Die Rundenzeiten waren dann jedoch nicht dort, wo sie hätten sein sollen"; hadert der ehemalige Formel-1-Pilot.

Maxime Martin (Platz 17) stimmt ein: "Wir hatten ein paar kleinere Probleme mit dem Auto und konnten einfach nicht das Optimum herausholen." Und auch bei Antonio Felix da Costa (Platz 19) klingt das kaum anders: "Wir sind schon in den freien Trainings nicht ganz so gut zurechtgekommen und wussten, dass es schwierig werden würde. Wir bekommen die Abstimmung des Fahrzeugs einfach nicht hundertprozentig so hin, wie ich sie brauche."

Farfus: Vom Zandvoort-Sieger in die vorletzte Startreihe

Besonders deutlich, dass es am Auto, nicht am Fahrer liegt, macht es das Beispiel Augusto Farfus. Im letzten Jahr noch strahlender Zandvoort-Sieger, reichte es 2014 nur zur dürftigen vorletzten Startreihe. "Ich weiß nicht genau, warum es in diesem Jahr in Zandvoort nicht so gut läuft wie im Vorjahr. Ich habe hier gewonnen und damit bewiesen, dass ich auf diesem Kurs generell stark bin. Jetzt müssen wir mit Blick auf das Rennen verstehen, was uns diesmal hier fehlt", zweifelt Farfus.

Abgeraucht. Vorjahressieger Farfus kämpfte mit seinem BMW, Foto: DTM
Abgeraucht. Vorjahressieger Farfus kämpfte mit seinem BMW, Foto: DTM

Auch Jens Marquardt rätselt, weshalb niemand bis auf Aushängeschild Wittmann, den M4 in den Griffbekommt. Der BMW-Motorsportchef will allerdings nicht davon wissen, sein Auto sei schwer abzustimmen. Stattdessen verweist er auf Wittmanns herausragendes Niveau: "Marco hat sich sehr konsistent durch die Qualifyings gearbeitet und ist in jeder Session schneller geworden. Bei den anderen ging es zu sehr auf und ab. Ich muss ehrlich sagen: So wie es bei Timo, Augusto und Bruno gelaufen ist, ist das überhaupt nicht zufriedenstellend. Das müssen wir uns anschauen."

Eine ordentliche verbale Backpfeife an die übrigen Piloten - die Augusto Farfus im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com sofort kontert. Wieso Wittmann so viel schneller sei als alle anderen BMW wollen wir wissen. Farfus Analyse: "Es ist eine Kombination. Zunächst muss man sagen, dass er großes Talent hat. Und bei Marco passt das Auto einfach. Vielleicht kann man das ein bisschen mit Vettel und Ricciardo in der Formel 1 vergleichen. Vettel war super in letzten paar Jahren, aber jetzt passt das Auto beim Teamkollegen einfach viel besser."