Beim Rennwochenende am Norisring wartete die DTM mit einer Neuerung am Samstag auf. Statt einem 90-minütigen Training gingen die Fahrer zu zwei 60-minütigen Test-Sessions auf die Strecke. Zwischen beiden Trainings hatten die Teams zwei Stunden Zeit, Änderungen am Auto vorzunehmen.

Eine Neuerung, die beim Großteil der Fahrer und Verantwortlichen gut aufgenommen wurde - und auch bei den Fans, die die Autos 30 Minuten länger fahren sehen konnten. "Du kannst mit dem 1. Training anfangen und dann während der Pause in eine komplett andere Richtung gehen", sagte Timo Glock mit Blick auf das Setup. "Das hilft schon dabei, das Auto besser zu verstehen."

Genau hier bestand in der Vergangenheit das große Problem für die Ingenieure: Während des Trainings konnten die Autos wegen der mangelnden Zeit nur in kleinen Schritten umgebaut werden, und zwischen Training und Qualifying wurde es auch knapp. Sprich: Wer im Training hinten dran war, konnte davon ausgehen, dass der Rest des Wochenendes kein Zuckerschlecken wird. "Normalerweise brauchst du 30 Minuten, um etwas am Auto zu ändern", sagte Gary Paffett gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Jetzt mit den zwei Stunden Pause kann man wirklich mal was verändern mit Blick auf das Qualifying."

Foto: Simninja
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Setup-Doppel bei Audi

Audi machte kein Geheimnis daraus, dank der doppelten Trainingsregelung am Norisring das Maximum an Setup-Möglichkeiten ausgetüftelt zu haben. Beim zweiten Training traten die Ingolstädter mit zwei unterschiedlichen Setup-Richtungen an, um den besten Kompromiss zwischen Qualifying und Rennen zu finden. Da nach dem Zeittraining Parc-fermé-Regelungen herrschen, sind die richtigen Einstellungen umso wichtiger. "Man sieht, wie stark die Auswirkungen waren: Der eine ist ganz vorne, der anderen ganz hinten", so Phoenix-Teamchef Ernst Moser. "Das hilft dem Team, noch schneller auf den Punkt zu kommen."

Mehr Streckenzeit und mehr Zeit für Änderungen - klingt auf den ersten Blick gut, doch das neue Format hat auch gewisse Schwachstellen. Die Fahrer dürfen trotz der zusätzlichen 30 Minuten nicht mehr Reifen verwenden als in der Vergangenheit. Das beschränkt die Aktivitäten natürlich. "Es ist knapp, mit den Reifen auszukommen", bestätigte Marco Wittmann. "Für uns Fahrer wäre es natürlich schöner, mehr Reifen zur Verfügung zu haben, um die zweimal 60 Minuten voll ausnutzen zu können."

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Reifen als Hemmschwelle

Die Reifen-Problematik kann auch dafür sorgen, dass sich das wahre Kräfteverhältnis noch nicht im Training zeigt. Basierend auf dem vorangegangenen Rennwochenende haben manche Fahrer frischere Reifen zur Verfügung als andere Piloten - so erscheinen sie zunächst einmal besser aussortiert.

Mike Rockenfeller fuhr im 1. Norisring-Training hauptsächlich mit gebrauchten Reifen. Platz 16 in der Zeitentabelle war das Ergebnis, während es fünf Audi-Kollegen in die Top-10 geschafft hatten. "Ich wusste, dass da noch was kommt", so der amtierende Meister. "Und als wir dann auf neue Reifen gewechselt sind, waren wir gut dabei." In Zahlen ausgedrückt: Platz zwei in der zweiten Session.

Mercedes ging noch eine Spur weiter und plädierte für eine Rückkehr zu alten Zeiten, als schon am Freitag getestet wurde. "Uns wäre es am liebsten, wenn wir freitags eine volle Stunde hätten", sagte Mercedes-Sprecher Wolfgang Schattling. "Dann könnten wir für das Training am Samstag schon einiges umbauen. Das wollten wir immer schon, weil wir nicht so viele Simulationstools wie die Konkurrenz haben, die schon vieles im Werk machen kann." In dieser Saison ist allerdings nicht geplant, weitere Änderungen am Wochenend-Format vorzunehmen, der Freitag soll abgesehen vom Rollout weiter frei bleiben für die DTM.

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Zu wenig Glücksspiel?

Jens Marquardt begrüßte das kompakte Rennwochenende, das Kosten einsparen soll. "Es ist immer so eine Sache, wenn man schon am Freitag eine Stunde fährt", erklärte BMWs Motorsport Direktor. "Dann analysieren die Leute bis spät in die Nacht hinein. Dadurch wird der Aufwand größer und das erhöht die Kosten. Der Schritt, den Rollout am Freitag zu machen, ist gut, weil dadurch am Samstag keine Zeit verloren geht."

Eine etwas andere Meinung zum Thema Training vertrat Timo Scheider. Der Meinungsführer im Fahrerlager schlug sich eher auf die Seite von Hans Werner Aufrecht. Der ITR-Boss hatte den Wegfall des Freitagstrainings auch damit erklärt, dass die Autos dadurch nicht mehr so perfekt vorbereitet seien und deshalb spannendere Rennen entstünden. "Ist Glücksspiel verboten", hatte Aufrecht gegenüber Motorsport-Magazin.com argumentiert. Scheider teilte diese Meinung und spielte auf das Können des Fahrers an.

"Wenn vor einem Rennen viel gefahren wurde, haben alle ein hohes und enges Niveau", so der Audi-Pilot. "Wenn weniger gefahren wird, gibt es deutlichere Unterschiede. Dann muss man als Fahrer vielleicht mal etwas kompensieren, wenn man ein nicht so perfektes Auto hat. Je mehr vor dem Qualifying gefahren wird, desto besser sind die Autos aussortiert und desto schlechter ist wahrscheinlich das Racing, weil die Zeiten so dicht beieinander liegen."