DTM-Autos sich hochkomplexe Fahrzeuge mit komplizierter Technik. Diese zu verstehen und zum richtigen Arbeiten zu bringen, bedarf einer großen Erfahrung und viel technischem Verständnis. Florian Modlinger, Renningenieur von Audi-Pilot Mattias Ekström, gibt Einblicke in die Arbeit der Ingenieure und versucht, die Situation Mercedes' zu deuten.

Wer ist Florian Modlinger?

Florian Modlinger hat in München studiert und ist anschließend direkt zu BMW in die Aerodynamikabteilung gegangen. Seine Leidenschaft galt schon immer der Verbindung aus Motorsport und Aerodynamik. Noch während seiner Studienzeit arbeitete Modlinger daher an seinem ersten Pojekt: dem Aerokonzept des Gumpert Apollo. Nach der Diplomarbeit war der Ingenieur bei BMW im Bereich der Aerodynamik zuständig und widmete sich dort vorrangig der Luftströmung im Radhaus.

Der Mann hinter dem Erfolg: Florian Modlinger, Foto: Audi
Der Mann hinter dem Erfolg: Florian Modlinger, Foto: Audi

Anschließend wechselte Modlinger zu Alpina, wo er sich für das GT3-Projekt verantwortlich zeigte. Zunächst war der heutige Audi-Techniker dort für die Aerodynamik sowie als Renningenieur zuständig, bevor er sogar die Projektleitung des Alpina B6 GT3 übernahm. Als sich Alpina werksseitig aus dem Motorsport zurückzog, ging Modlinger mit Maserati in die GT1-Weltmeisterschaft, wo er bei Vitaphone Racing und Hegersport die Technische Leitung übernahm und ein Fahrzeug als Renningenieur betreute.

Mit dem Einstieg von BMW in die DTM kehrte er nach München zurück und zeigte sich beim M3 DTM für das Aerokonzept verantwortlich. Nach der ersten Saison, in der BMW mit Bruno Spengler sogar den DTM-Titel holte, suchte Modlinger nach neuen Herausforderungen und wechselte zu Audi.

Als Fahrzeugingenieur ist Modlinger derzeit nicht nur für das Fahrzeug von Mattias Ekström während der DTM-Wochenenden zuständig, sondern auch für das Testteam und somit für die Weiterentwicklung der Audi-Boliden. "Momentan bin ich wirklich sehr selten zuhause", gibt Modlinger zu. "Aber es gab auch schlimmere Jahre, beispielsweise mit Maserati in der GT1-Weltmeisterschaft. Jetzt bin ich ab und zu zuhause, aber auch sehr selten." Doch die Devise des Ingenieurs ist klar: "Motorsport ist meine Leidenschaft und wenn ich etwas mache, dann mach ich das richtig."

Die Bedeutung der Testarbeit

Vor allem auf die Testfahrten, die in der DTM streng limitiert sind, wird großen Wert gelegt. "Es gibt ein sehr enges technisches Reglement, Feinheiten machen da den Unterschied", erklärt Modlinger. Die begrenzte Anzahl an Testtagen muss daher gut genutzt werden. "Der Test muss gut geplant sein. Wir müssen die Zeit so intensiv nutzen wie nur möglich. Wenn der Tag vorbei ist, dann ist er vorbei."

Doch wie sieht des Testarbeit genau aus? "Über so viele Runs wie möglich, versuchen wir, so viele Daten wie möglich sammeln", verrät Modlinger. "Auch das Feedback vom Fahrer ist sehr wichtig." Pro Run wird immer nur eine Änderung gefahren, um diese zu seperieren. So lässt sich hinterher besser feststellen, welche Auswirkungen durch diese Änderungen erzielt wurden.

Bei den Testfahrten gibt es unterschiedliche Testmöglichkeiten. Beim Performance-Run werden wenige, meistens drei, Zeitrunden gefahren und das Augenmerk vorrangig auf die erzielten Zeiten gelegt. Beim Long-Run geht es hauptsächlich um die Leistung auf lange Distanz, insbesondere die Reifen. Wie entwickeln sie sich? Wie stark bauen sie ab?

Nächster Schlüsselpunkt: die Fahrzeugabstimmung. "Wir haben eine Philosophie was das Fahrzeugsetup angeht, also eine bestimmte Richtung", erklärt Modlinger. Generelle Punkte lassen sich von Fahrer zu Fahrer übertragen, die Balance aber zum Beispiel nicht. "Jeder Fahrer hat einen eigenen Fahrstil", so Modlinger. Allerdings gibt es bestimmte Kategorien. "Einige Fahrer fahren sehr ähnlich, die lassen sich miteinander vergleichen."

Die Weiterentwicklung ist nicht zu vernachlässigen, auch wenn das Reglement größtenteils eingefroren ist. "Die Entwicklung ist ein kontinuierlicher Prozess. Während der gesamten Saison wird geschaut, wo man sich verbessern muss", berichtet Modlinger. "Direkt nach dem Rennen laufen die Analysen. Wo ist die Konkurrenz besser, wo liegen unsere Stärken?" Meist werden die eigenen Schwächen anschließend ins Auge genommen und es wird versucht, diese im Rahmen des Möglichen zu beheben.

Mercedes - gute Chancen?

Den Homologationstermin am 1. März versuchen die Hersteller bis zuletzt auszunutzen. "Die Produktionszeiträume werden immer kleiner, um mehr Zeit für die Entwicklung zu haben", erklärt Modlinger. Denn über die Nachhomologation während der Saison lassen sich nur noch minimale Parameter anpassen. "Dabei geht es zum Beispiel um die Bremsenbelüftung oder ähnliches", so Modlinger. "Mehr als eine Sekunde lässt sich somit nicht aufholen, nur kleine Zeitspäne."

Dennoch sieht Modlinger den großen Rückstand von Mercedes beim Saisonauftakt nicht allzu kritisch. "Mercedes war in Hockenheim sicherlich nicht sehr stark, aber das Auto hat Potential", glaubt er. Erst wenn das Problem an den Grundparametern liegt, die bei der Homologation bereits abgenommen wurden, wird es schwierig. "Wenn sie sich aber einfach im Setup vergriffen haben oder das Potential noch nicht voll ausgeschöpft haben, dann ist es noch möglich, den Rückstand aufzuholen."

Die Tests in der DTM sind stark begrenzt, Foto: Audi
Die Tests in der DTM sind stark begrenzt, Foto: Audi

Doch wo lässt sich die vermisste Performance finden? "Wir haben ein Auto mit sehr vielen Einheitsteilen", weiß Modlinger. "Selbst der Reifen ist ein Einheitsreifen und der einzige Kontakt zur Strecke, der meine Kraft übertragen muss." Das Fahrwerk gilt als Verbindung zwischen Reifen und Aerodynamik. "Einen großen Teil der Performance-Unterschiede muss man in der Aerodynamik suchen", erklärt Modlinger. "Der Schwerpunkt wird bei der Entwicklung entweder auf den Abtrieb oder den Top-Speed gelegt." Dabei wird vor allem auf die Kurse im Rennkalender geschaut.

"Das Fahrzeug wird aerodynamisch entwickelt und muss anschließend im richtigen Fenster betrieben werden", erklärt Modlinger. "Wenn Mercedes zu Saisonbeginn nicht in diesem richtigen Fenster lag und da nun wieder reinkommt, dann kann sich das ganz schnell ändern."

Doch im Freien Training der DTM-Wochenenden das richtige Setup zu finden, ist schwer. "Man weiß, wie das eigene Auto funktioniert, aber es ist nicht viel Zeit vorhanden", weiß Modlinger. "Ein oder zwei Setupänderungen für die Balance und einen Testpunkt, der in Richtung Fahrzeugkonzept geht, also beispielsweise Downforce-Level oder Steifigkeit - das war's."

Selbst wenn die Probleme Mercedes' in einer schlechten Fahrzeugabstimmung begründet liegen, wird es für die Stuttgarter also schwer, innerhalb eines DTM-Wochenendes Abhilfe zu schaffen. Denn die Testzeit im Freien Training ist begrenzt ...