Herr Aufrecht, wie fällt ihr persönliches Fazit zur DTM-Saison 2013 aus?
Hans Werner Aufrecht: Mein Fazit zur Saison fällt sehr positiv aus. Wir haben tolle Rennen gesehen und am meisten freut mich, dass die Einführung der Options-Reifen und des verstellbaren Heckflügels funktioniert hat. Über die Feinabstimmung der Options-Reifen müssen wir aber noch einmal nachdenken. Es gab zu viele Strategiemöglichkeiten und das möchten wir gern in Zukunft einschränken. Wir befinden uns dazu derzeit in Gesprächen, deshalb möchte ich nicht zu weit vorgreifen. Wichtig ist: Das Verständnis der Rennen muss für den Zuschauer in Zukunft wieder besser werden.

Was muss sich zur kommenden Saison noch ändern?
Hans Werner Aufrecht: Es gibt einige Dinge, die wir verbessern müssen. Etwa die Entscheidung, dass der verstellbare Heckflügel in den letzten drei Rennrunden nicht mehr aktiviert werden darf - das war nicht optimal. Stattdessen sollte der Einsatz des Systems bis zum Rennende erlaubt sein. Es gibt ein paar Stellschrauben, an denen wir noch drehen müssen.

Rennstrafen waren in dieser Saison ein großes Thema, die Fahrer beschwerten sich häufig. Muss sich hier auch etwas ändern?
Hans Werner Aufrecht: Wir sind uns mit dem DMSB einig, dass die Durchschaubarkeit in diesem Bereich ganz anders sein muss. Die Fahrer werden hier aktiv mit eingebunden. Auch dieses Thema wollen wir über den Winter in die richtigen Bahnen lenken.

Der Wegfall des Trainings am Freitag sorgte ebenfalls für Diskussionen. Wie stehen Sie dazu?
Hans Werner Aufrecht: Das Training am Freitag wird es auch in der kommenden Saison nicht geben. Der Grund: Die Hersteller haben festgestellt, wie viele Kosten sie tatsächlich sparen. Der Wegfall des Trainings und des Warmups hat zwei Seiten: zum einen die Kostenseite, die sich ganz entscheidend auswirkt. Zum anderen möchte ich, dass dem Zufall wieder mehr Tür und Tor geöffnet wird - auch wenn die Hersteller das vielleicht nicht so gern hören. Wegen der kurzen Trainingszeit können die Autos nicht mehr so perfekt vorbereitet werden wie das in der Vergangenheit der Fall war. Das wollten wir nicht mehr, denn so entstehen Rennen, in denen alle nur hintereinander herfahren. Für die Fans ist es ganz wichtig, dass im Rennen nicht alle Autos innerhalb von drei Zehntelsekunden liegen, sondern deutliche Abstände erkennbar sind. Je länger wir den Teams Zeit geben, die Autos vorzubereiten, desto perfekter eingestellt gehen sie an den Start.

Hans Werner Aufrecht steht Motorsport-Magazin.com Rede und Antwort, Foto: Simninja Photodesignagentur
Hans Werner Aufrecht steht Motorsport-Magazin.com Rede und Antwort, Foto: Simninja Photodesignagentur

Kommt das nicht in gewisser Art und Weise einem Glücksspiel gleich?
Hans Werner Aufrecht: Ist Glücksspiel verboten?

Nein, aber ist es im Motorsport gewollt?
Hans Werner Aufrecht: Wir möchten die Aufgabe einfach schwieriger gestalten, denn umso eher kommen der bessere Fahrer und das bessere Team nach vorn. Wir möchten, dass durch die Begrenzung der Vorbereitungszeit die Unterschiede deutlicher herausgearbeitet werden und sich zeigt, wer gut und wer im Vergleich sehr gut ist. Davon sind inzwischen auch die Hersteller überzeugt, wenngleich es etwas Zeit brauchte.

Bei den Fans kam der Wegfall des Trainings nicht so gut an...
Hans Werner Aufrecht: Meiner Ansicht nach zeigen die Fans durchaus viel Verständnis für diese Kostenreduzierung, weil dies für den Fortbestand der Serie entscheidend ist. Wir haben gesehen, was 1996 passierte, als sich die Hersteller nicht auf eine Kostenbeschränkung einigen konnten. Heute sind sie hingegen so vernünftig, sich selbst zu beschränken. Es ist meiner Meinung nach entscheidend für die Zukunft der Serie, dass die Entwicklungskosten nicht ausufern. Die Budgets stehen heutzutage nicht mehr so zur Verfügung wie früher. Wir arbeiten gerade daran, die Anzahl der Einheitsteile ab der Saison 2015 zu erhöhen - damit fallen die Entwicklungskosten der Hersteller noch geringer aus. Wir müssen weiter an der Kostenschraube drehen.

Viele Fans und Beobachter sehnen sich nach Stars aus der Motorsportszene. Braucht die DTM diese großen Namen?
Hans Werner Aufrecht: Wir müssen uns die Frage stellen, was wir tun können, um die Zuschauer noch mehr zu faszinieren. Wir müssen zum einen das Format überdenken und uns auch fragen, ob wir Stars in der DTM brauchen. Ich sage: ja. Wie soll sich ein junger Fahrer entwickeln, wenn er sich nicht mit guten Piloten messen kann? Wir brauchen Stars, aber leider gibt es nicht so viele, die diesem Anspruch gerecht werden. Robert Kubica könnte ich mir in der DTM etwa gut vorstellen, das gilt auch für Felipe Massa oder Juan-Pablo Montoya.

Serienneuling Timo Glock ist derzeit der bekannteste Name in der DTM. Hatten Sie sich insgesamt mehr von ihm erwartet?
Hans Werner Aufrecht: Ich denke, dass er bis zu seinem Sieg in Hockenheim selbst von sich mehr erwartet hat. Beim Saisonfinale hat er gezeigt, dass er sich durchsetzen kann. Wir wissen, wie schwer sich ehemalige Formel-1-Fahrer in der DTM tun. Beschleunigung und Bremskräfte sind in der Formel 1 dramatisch höher, in der DTM hingegen ist ein weicherer Fahrstil vonnöten. Deshalb kommen beispielsweise Nachwuchstalente aus der FIA Formel-3-Europameisterschaft in der DTM viel schneller zurecht.

Ein Kritikpunkt der vergangenen Wochen: In den TV-Übertragungen rücken die Fahrer zu sehr in den Hintergrund.
Hans Werner Aufrecht: Wir pflegen mit der ARD ein sehr kooperatives Verhältnis und können sämtliche Probleme gemeinsam besprechen. In der Vergangenheit waren Interviews während der Fernseh-Übertragungen stark auf die Hersteller bezogen. Das haben wir angesprochen. Wir möchten, dass die Fahrer wieder mehr im Mittelpunkt stehen, was auch bereits teilweise umgesetzt worden ist.

Der Rennkalender für die DTM-Saison 2014 umfasst erneut zehn Rennen. Wäre eine höhere Anzahl wünschenswert?
Hans Werner Aufrecht: Ja, ich hätte auch gern zwölf oder 13 Rennen pro Jahr. Derzeit ist der Kostendruck auf die Hersteller allerdings so groß, dass wir uns auch hier begrenzen müssen.

Ist ein Rennen in Ungarn - wo die DTM kommendes Jahr wieder gastiert - aus logistischer Sicht teurer als ein Lauf in Deutschland?
Hans Werner Aufrecht: Nein. Die Kosten sind ziemlich vergleichbar. Ungarn bietet eine gute Plattform, und ganz entscheidend war, dass alle drei Hersteller dort große Produktionsstätten unterhalten und dort zusammen etwa 25.000 Mitarbeiter beschäftigen. Die Werbung nach außen hin ist wichtig - nach innen allerdings auch.

Mercedes trat dieses Jahr mit nur sechs statt acht Autos an. Wie bewerten Sie diesen Schritt?
Hans Werner Aufrecht: Ich gehe davon aus, dass Mercedes-Benz in der kommenden Saison wieder acht Autos an den Start bringt. Mit nur sechs Autos ist es schwierig, Erfolg zu haben. Dieses Thema wird intern diskutiert und es wurde klar formuliert, dass Mercedes ab 2014 wieder acht Autos einsetzen sollte.