Am kommenden Wochenende steigt das zweite Rennwochenende der DTM in Brands Hatch. Nach dem turbulenten Auftakt am Hockenheimring stehen viele Fragezeichen im Raum, was auf dem kurzen Kurs in Großbritannien zu erwarten sein wird. Motorsport-Magazin.com analysiert die Brennpunkte in Brands Hatch.

Die neuen Option-Reifen

In Hockenheim setzten die Teams mit den größtenteils unbekannten Option-Reifen auf verschiedenste Strategien. Die Option-Standard-Option-Kombination hatten die meisten Beobachter vor dem Saisonstart gar nicht auf dem Schirm, in Hockenheim zählte diese Variante aber zu den beliebtesten Taktiken. In Brands Hatch wird es spannend, denn weder Hankook noch die Fahrer konnten die neuen Reifen dort testen. Der Reifenhersteller vertraut auf Daten aus dem Vorjahr, doch Hockenheim zeigte, dass die Zeitunterschiede zwischen beiden Mischungen enorm sind.

So gut wie hier erkannte man die Reifen nur selten, Foto: RACE-PRESS
So gut wie hier erkannte man die Reifen nur selten, Foto: RACE-PRESS

Nur eines bleibt gleich: Jeder wird versuchen, den Option so lange wie möglich während der 98 Runden zu nutzen. "Ich habe mir das erste Rennen angesehen, da ging es drunter und drüber", sagte Christian Klien bei Motorsport-Magazin.com. "Ich glaube nicht, dass alle den Durchblick hatten, sondern jeder einfach die Strategie verfolgte, die man sich vor dem Rennen ausgemacht hat und schaute, was am Ende rauskommt."

Reifen-Wirrwarr ist Vergangenheit

In Hockenheim sahen die Zuschauer Überholmanöver en masse - Option-Reifen sei Dank. Was die Fans auf den Tribünen oder am Fernseher aber nur selten erkennen konnten: Welcher Fahrer fuhr eigentlich gerade welchen Reifen? Die gelbe Markierung der Options war kaum sichtbar. Für Brands Hatch haben sich Hankook, der DMSB und die ITR eine Neuerung einfallen lassen. Wie Motorsport-Magazin.com schon am Mittwoch berichtete, werden die Boxenstopp-Leuchten an den hinteren Seitenscheiben der Autos umfunktioniert. Wenn diese Lampen leuchten, fährt der Pilot gerade auf den Options. Gut möglich, dass Hankook im weiteren Verlauf der Saison die Reifenmarkierung selbst auch noch einmal überarbeiten wird. Die Leuchten sind wegen der Kürze der Zeit eher eine Übergangslösung.

Der verstellbare Heckflügel

Das neue DR-System erfreute sich in Hockenheim unter den Fahrern größter Beliebtheit und förderte die Rate der Überholmanöver. In Brands Hatch sieht die Sache anders aus, dort wird der verstellbare Flügel nur sehr bedingt beim Überholen helfen - die Geraden sind einfach zu kurz und der Abtriebslevel der Autos groß. "Die Gerade ist vermutlich nicht lange genug, um mit DRS zu überholen", glaubt Mattias Ekström. "Der Topspeed ist viel geringer als in Hockenheim." Brands Hatch fehlt eine Parabolika-ähnliche Gerade, dort kommen die Fahrer meist auf etwa 180 km/h Höchstgeschwindigkeit.

In Hockenheim wurde fleißig überholt, Foto: RACE-PRESS
In Hockenheim wurde fleißig überholt, Foto: RACE-PRESS

Die neuen Parc fermé-Regeln

Da Überholmanöver sich eher in Grenzen halten werden, zählt das Qualifying in Brands Hatch traditionell doppelt. Wegen der neuen Parc ferme-Regelung müssen die Teams schon nach dem Training am Samstagmorgen herausfinden, mit welchem Setup sie Qualifying und Rennen in Angriff nehmen wollen. In Hockenheim setzten alle Teams auf ein Renn-Setup - vor allem wegen des Wetters, denn am Samstag regnete es, während am Sonntag die Sonne schien. In Brands Hatch werden die Teams sich wohl eher auf einen guten Speed über eine schnelle Runde konzentrieren und leichte Kompromisse im Rennen hinnehmen.

Glocks zweiter Auftritt

Timo Glocks erster DTM-Auftritt begann stark und endete abrupt. In Hockenheim verbesserte er sich von Startplatz 15 schnell um einige Positionen und fuhr zeitweise an der Spitze mit. Dann der ärgerliche Ausfall: Nach dem Boxenstopp machte sich das rechte Hinterrad an seinem M3-Boliden selbstständig und Glock musste aufgeben. In Brands Hatch bietet sich die nächste Chance zu zeigen, dass Formel-1-Fahrer auch DTM können. Nachteil Glock: Der Indy-Kurs ist komplettes Neuland für den BMW-Piloten. "Brands Hatch ist für mich ganz neu, ich schaue mir aber Onboard-Kameras an. Die drei, vier, fünf Kurven sind aber relativ einfach zu merken", scherzte Glock.

Mercedes' Junge Wilde

Unter den Pressevertretern und vielen Fans war Pascal Wehrlein in Hockenheim ein beliebtes Thema. Der Rookie überzeugte auf Anhieb und drehte als jüngster Pilot der DTM-Geschichte sogar Führungsrunden. Am Ende machten ihm die Reifen einen Strich durch die Rechnung und er fuhr knapp an den Punkterängen vorbei. Trotzdem gehörte Wehrlein, der exklusiv für Motorsport-Magazin.com in dieser Saison eine Kolumne schreibt, zu den Lichtblicken des Wochenendes. Dem 18-Jährigen ist eine Menge zuzutrauen. Fahrerisch hat er sowieso eine Menge drauf, doch auch charakterlich überzeugte er absolut.

Cool: Mercedes-Rookie Pascal Wehrlein, Foto: DTM
Cool: Mercedes-Rookie Pascal Wehrlein, Foto: DTM

Seit jeher gilt Wehrlein als eher ruhiger Vertreter, doch in Hockenheim staunten viele nicht schlecht, als er nach Platz 8 im Qualifying völlig cool blieb: "Ich wusste, dass ich schnell bin." Die Führungskilometer? Für ihn nichts wirklich Besonderes. Nach dem Medien-Marathon fragte er sich sogar, warum ihn alle auf Nervosität ansprachen. Der junge Mann ist bei seiner DTM-Premiere sicherlich für Highlights gut, vielleicht schon in Brands Hatch. Wehrlein kennt den Kurs aus der Formel 3 und fuhr dort aufs Podium. Achten muss man auch auf Teamkollege Daniel Juncadella, der im vergangenen Jahr in der F3 zweimal in Brands Hatch auf der Pole stand.

Der Paffett/Tomczyk-Zwist

In Hockenheim ging es wegen all der Themen schon fast etwas unter, doch zwischen Gary Paffett und Martin Tomczyk herrschte dicke Luft. Paffett beschwerte sich heftig über seinen BMW-Kontrahenten, bezeichnete dessen Fahrweise als dumm und gefährlich. In den Anfangsrunden beharkten sich die beiden ordentlich und Paffett meinte, dass Tomczyk ihn ausgebremst habe. Der BMW-Pilot konterte und sagte, dass dies eben die DTM sei und er keinen Fehler gemacht habe. Dass sich die beiden DTM-Veteranen gelegentlich zoffen, ist nichts Neues: 2012 wurde Tomczyk in Zandvoort bestraft, weil er mit Paffett kollidiert war. Auch damals nahm der Mercedes-Pilot kein Blatt vor den Mund. Nächste Runde in Brands Hatch?