Es hätte nicht passender sein können: Als gerade der #911 Manthey-Porsche nach 59 Runden als Sieger beim 24-Stunden-Rennen Nürburgring 2021 abgewinkt wurde, schummelte sich tatsächlich das wohl langsamste Auto des gesamten Starterfeldes in die Bilder der triumphalen Zieleinfahrt des Grello: der Dacia Logan, der im Vorfeld der 49. Auflage des Eifel-Klassikers ähnlich viel Aufmerksamkeit erhalten hatte wie die Top-Teams aus der SP-9-Klasse.

Dass der Dacia zu diesem Zeitpunkt erst 41 Runden zurückgelegt hatte - 18 weniger als die siegreiche Manthey-Mannschaft beim 25-jährigen Firmenjubiläum - interessierte zu diesem Zeitpunkt niemanden. Das wohl langsamste und vielleicht nicht allerschönste Auto im Starterfeld steht für alles, was das 24-Stunden-Rennen für Fans und viele Teilnehmer so besonders macht: die Freude am Motorsport, wo Emotionen mehr zählen als reine Ergebnisse und möglichst große Werksunterstützung.

Das Steuer des nach wenigen Nordschleifen-Einsätzen bereits zum Kultauto avancierten Logan teilten sich 24h-Rookie und Technikchef Oliver Kriese, Jürgen Bussmann, Routinier Michael Lachmayer bei seiner elften Rennteilnahme sowie der bekannte Nürburgring-YouTuber Misha Charoudin. "Wahnsinn, die Unterstützung der Fans war atemberaubend", sagte im Anschluss der in der Eifel lebende Charoudin, der seine 274.000 Abonnenten während des stark verkürzten Rennens auf dem Laufenden hielt.

Dacia-Devise: Blink mich an!

Der Aufkleber am wenig formschönen Heck des unteren Mittelklassewagens zeigte bereits die Marschroute des Quartetts beim größten Autorennen der Welt: 'If you're happy and you know it flash your lights', in Anlehnung an die Autos im Feld, die den Überholvorgang eines langsameren Vordermannes gern einmal per exzessiver Betätigung der Lichthupe einleiten. GT3-Lichtspektakel entlang der Nordschleife lassen grüßen...

Und dass der Dacia Logan mehrfach pro Runde von anderen Wettbewerbern aufgefressen werden würde, war schon im Vorfeld des 24-Stunden-Rennens kein Geheimnis. Unter der kleinen Haube werkelt ein 2018 eingepflanzter 2-Liter-Motor aus einem Renault, der immerhin 165 PS auf den Asphalt bringt. Zum Vergleich: In der schnellsten Serienversion drückte der Dacia, der einst einen eigenen Markenpokal hatte, 105 PS.

Die größte Sorge des vom Team Ollis Garage betreuten Projekts war die Zuverlässigkeit bei einem der härtesten Rennen der Welt auf der Kombination aus Grand-Prix-Strecke und Nordschleife. Allein sechs Antriebswellen hatte die Truppe im Gepäck des 7,5-Tonners. Fazit: Fahrer und Dacia überstanden die 172,096 Kilometer unter teilweise zweifelhaften Rennbedingungen schadlos, nur ein Blinker sah die Ziellinie am Ende offenbar nicht.

24h Nürburgring 2021: Zusammenfassung und Highlights: (16:50 Min.)

24h Nürburgring: Dacia Logan feiert Top-100-Ergebnis

Ach ja, wo landete der Dacia eigentlich im Endklassement? "Top-100, nicht schlecht!", feierte Charoudin in seinem aktuellen YouTube-Video. Genauer gesagt: Gesamtplatz 98 und damit das vorletzte aller 121 Autos, die das Rennen aufgenommen hatten und von denen nach einigen Aus- und Unfällen 99 gewertet wurden.

In der Klasse SP-3 für Rennwagen mit einem Hubraum von 1.750 bis 2.000 ccm erreichte das Dacia-Quartett den vierten Platz - von fünf gestarteten Fahrzeugen in dieser Kategorie. Keine Schande, die Klasse war mit zwei Toyota GT 86 des Toyota Gazoo Racing Team Thailand und dem absoluten Kultauto des 24ers, dem Fuchsschwanz-Manta rund um Rekordfahrer Volker Strycek bei dessen 43. Start, alles andere als schwach besetzt. Dass der Manta nach einer späten Kollision mit AMG-Ass Maro Engel als einziges SP-3-Auto die Ziellinie nicht sah, dürfte auch das Dacia-Quartett nicht gefreut haben.

Der Dacia Logan beim Boxenstopp, Foto: Gruppe C GmbH
Der Dacia Logan beim Boxenstopp, Foto: Gruppe C GmbH

Die abschließenden harten Fakten zum Einsatz des Dacia Logan unter der Bewerbung von SwiftWing und der Grund, warum die Fahrt über die Döttinger Höhe den Fahrern wie Billig-Auslandsreise per Bus vorgekommen sein muss: Die Bestzeit des Teams erzielte Charoudin in Runde 32 mit einer 11:49.466. Zum Vergleich: Die schnellste Rennrunde ging auf das Konto des Schubert-BMW mit einer 8:12.804.

Weil aber der Kampf um den Gesamtsieg vermutlich nie ein Thema war bei der sympathischen Dacia-Truppe, kündigte Charoudin abschließend an: "Ich will das Auto nächstes Jahr wieder fahren!" Die hunderttausenden Fans, die bei der Ausgabe zum 50. Jubiläum des 24h-Rennen Nürburgring 2022 hoffentlich wieder entlang der Nordschleife zuschauen können, würden den Dacia sicherlich mit frenetischem Beifall anfeuern.

Dacia Logan bei 24h Nürburgring: Rasante Onboardvideo-Runde!: (14:24 Min.)