Was wird aus der Königsklasse in der Le-Mans-Szene, der LMP1-Klasse? Diese Frage ist einer der aktuellen Brennpunkte in der internationalen Sportwagen-Landschaft. Eine Antwort soll schon bald präsentiert werden, geht es nach WEC-Boss Gerard Neveu und ACO-Präsident Pierre Fillon. Beide wohnten am Wochenende dem 24-Stunden-Rennen in Daytona bei. Auch der Dialog mit den IMSA-Bossen stand dabei auf dem Programm.

Das Ziel ist klar: Man will die Möglichkeiten für ein einheitliches Reglement evaluieren. Die beteiligten Hersteller fordern dies mit Nachdruck, erst in der vergangenen Woche in Person von McLaren-Boss Zak Brown. "Es wäre im Interesse aller, ein gemeinsames Regelwerk zu haben", so Brown im Rahmen der 24h von Daytona. Ins selbe Horn stößt nun Neveu. "Wir versuchen es, denn es macht Sinn, dass der ACO und die IMSA gemeinsam den gleichen Weg gehen", erklärte der WEC-Boss im Gespräch mit 'Sportscar365'.

"Unser Wunsch ist es, einen Weg zu finden, die Interessen der Paddocks zu vereinen. Wir teilen uns die gleichen Kunden, Wettbewerber, Teams und Hersteller. Wenn wir noch was finden, das die Eigenheiten beider Paddocks respektiert, ist das gut", gibt sich Neveu kooperativ. Aktuell kochen WEC und IMSA ihr eigenes Süppchen. Auf der einen Seite bildet die LMP1-Klasse die höchste Kategorie, auf der anderen eine gemeinsame Prototypen-Klasse mit DPi und LMP2.

WEC vs. IMSA: Diese Unterschiede will man ausräumen

Die DPi-Klasse boomt - Acura ist der jüngste Neueinsteiger, Foto: LAT Images
Die DPi-Klasse boomt - Acura ist der jüngste Neueinsteiger, Foto: LAT Images

Für interessierte Hersteller ist die aktuelle Lage nicht zufriedenstellend. Sie würden am liebsten mit ein und demselben Fahrzeug um Gesamtsiege bei den großen Langstrecken-Klassikern in Le Mans, Sebring, Daytona und beim Petit Le Mans kämpfen. Das ist jedoch nicht möglich. Den größeren Zuspruch erfährt derzeit die DPi-Klasse in der IMSA. Einerseits liegt das an den Kosten: Mit einem Bruchteil eines LMP1-Budgets kann man einen Werksprototypen bauen und damit um Siege kämpfen. Andererseits ist die DPi-Klasse auch so konzipiert, dass bei den Fahrzeugen ein Seriengesicht erkennbar wird.

Genau bei diesen zwei Punkten will man nun auch bei der WEC ansetzen. Die Idee, die in letzter Zeit immer wieder diskutiert wird: getunte Hypercars zulassen und daraus die neue Königsklasse formen. Damit wäre die Serienrelevanz noch wesentlich größer und auch die Budgets wären bei weitem nicht mehr so hoch wie in der aktuellen LMP1-Klasse. "Das ist die Idee", bekräftigt auch Neveu. "Die Frage ist, wie wir die Budgets unter unser Ziel kriegen, wenn wir nach Herstellern suchen. Daher nehmen an den Diskussionen auch Hersteller plus FIA, ACO und technische Delegierte der IMSA teil."

Toyota präsentierte vor wenigen Wochen ein Hypercar - die Technologie stammt vom LMP1, Foto: Toyota
Toyota präsentierte vor wenigen Wochen ein Hypercar - die Technologie stammt vom LMP1, Foto: Toyota

Uneinigkeit herrscht indes noch in Sachen Hybrid. Für die WEC und Toyota ist eine (möglicherweise auch abgespeckte) Form von Hybrid Grundvoraussetzung im neuen Reglement. US-Hersteller wie etwa Ford zieren sich dagegen noch, fürchten sich vor den möglicherweise explodierenden Kosten. Fest steht jedenfalls: Eine Kostenspirale wie bei der aktuellen LMP1-Klasse darf nicht wieder in Gang kommen. "Das ist wahrscheinlich einer der größten Unterschiede zwischen Europa und Amerika", kommentierte Neveu.

Neue LMP1-Regeln: Zeitplan steht

Um diese Meinungsverschiedenheiten aus der Welt zu schaffen, haben FIA/ACO und IMSA aber auch nicht mehr ewig Zeit. ACO-Präsident Fillon hat den Zeitrahmen nämlich schon vorgegeben. "Das Ziel ist es, die neuen Regeln auf der Pressekonferenz in Le Mans zu verkünden", kündigt Fillon an. Das wäre in diesem Fall der Freitag, der 15. Juni 2018. "Man braucht mindestens zwei Jahre Zeit, um ein neues Projekt voranzubringen", argumentiert Fillon.

24h Le Mans 2017: Die Highlights des Rennens (10:23 Min.)

Die neuen LMP1-Regeln werden für die WEC-Saison 2020/21 erwartet, dieser Termin ist jedoch noch nicht in Stein gemeißelt. Auch die Verlängerung des aktuellen Reglements um eine weitere Saison bis zur Saison 2021/22 steht im Raum. Fest steht jetzt schon: Die IMSA hat den Homologations-Zeitraum für ihre DPi-Fahrzeuge um ein weiteres Jahr verlängert, könnte die neuen LMP1-Regeln also frühestens zur Saison 2022 übernehmen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Sache entwickelt. Immerhin: beide Seiten führen intensive Gespräche.