Jari-Matti Latvalas Fehler war das meistdiskutierte Ereignis des vergangenen Wochenendes. Nur wenige Kilometer vor dem Ziel und mit einem Sicherheitspolster von über 50 Sekunden auf Daniel Sordo lenkte Latvala zu früh ein, rammte eine Tonne und brach sich einen Teil der Lenkung. Alles Schieben half nichts mehr, der Ausfall war unvermeidlich, der zweite Platz verloren. Statt acht Punkte in der WM gutzumachen, verlor Ford zwei weitere Punkte auf Citroen.

Der Auslöser: Latvala rammt eine Tonne., Foto: Sutton
Der Auslöser: Latvala rammt eine Tonne., Foto: Sutton

Latvalas Fehler kann sicher passieren. Wie er selbst zu Protokoll gab, fuhr er zu diesem Punkt noch nicht einmal am Limit und Konzentrationsfehler passierten schon anderen Piloten. Allgemein bekannt ist in der Motorsportwelt die Geschichte, nach der Nigel Mansell 1991 in Montreal den Motor abwirkte, als er sich bereits in der letzten Rennrunde als Sieger feiern ließ. Michael Schumacher testete derweil 2000 in Indianapolis weit in Führung liegend mit einem Dreher vier Runden vor Schluss das Nervenkostüm seiner Fans.

Dennoch kam der Fehler für Latvala zum fast schon schlecht-möglichsten Zeitpunkt. Nach seinem schweren Unfall in Portugal, schien seine Entwicklung wieder in die richtige Richtung zu zeigen. Ford stellte sich demonstrativ hinter den Finnen und in Argentinien verhinderten nur technische Probleme einen Podestplatz. Eine Rallye später auf Sardinien konnte und durfte Jari-Matti Latvala dann sogar vor seinem Teamkollegen Mikko Hirvonen gewinnen.

Das Schieben erwies sich als vergeblich: Latvala konnte die Rallye nicht beenden., Foto: Sutton
Das Schieben erwies sich als vergeblich: Latvala konnte die Rallye nicht beenden., Foto: Sutton

Sein früher Fehler in Griechenland geriet nach den Problemen bei Citroen und einem versöhnlichen dritten Rang fast schon in Vergessenheit… Ford war mit zwei Siegen in Folge im Aufwärtstrend und Jari-Matti Latvala war Teil dieses Aufwärstrends. Doch dann kam die Rallye Polen und mit ihr quasi die Umkehrung der Geschehnisse aus Griechenland. Vor den versammelten Augen des Teams, in der Erwartung eines Doppelsieges, endete eine grundsolide Rallye mit einem der größten Fehler in Latvalas Karriere und auf einmal waren auch die Erinnerungen an die früheren Fehler in der Saison wieder mehr als nur präsent...

Jari-Matti Latvalas Situation ist nun alles andere als einfach. Ihn ausgrechnet vor seiner Heimrallye zu ersetzen wäre sowohl aus Marketingsicht, wie auch nach den vielen Monaten der Zusammenarbeit unlogisch gewesen und so wird er zumindest in Finnland noch einmal die Chance im Werkscockpit erhalten. Doch gerade dort wird es nicht einfach, die Entscheidungsträger im Ford Team noch einmal davon zu überzeugen, dass er seine Fehlerrate doch noch nachaltig reduzieren kann. So konnte Jari-Matti Latvala bei der Rallye Finnland in den vergangen Jahren noch nicht einmal in die Punkte fahren und auch das Layout der Rallye Finnland - das als eines der, wenn nicht das Schwerste im ganzen Kalender gilt - dürfte ihm auf dem Weg zu einem guten und vor allem sicheren Ergebnis kaum helfen.

Da war die Welt noch in Ordnung: Latvala siegt auf Sardinien., Foto: Sutton
Da war die Welt noch in Ordnung: Latvala siegt auf Sardinien., Foto: Sutton

Ohne Frage ist Jari-Matti Latvala ein Pilot, der an seinen guten Tagen mit den besten WRC-Piloten der Welt mithalten kann. Allerdings wurde in letzter Zeit auch immer deutlicher, dass er gerade im direkten Vergleich mit Daniel Sordo weniger ein Fahrer ist, um teamintern hinter einem anderen Toppiloten konstant, mit überschaubarem Risiko auf Platz zwei oder drei zu fahren und in erster Linie Punkte für die Konstrukteurswertung zu sichern.

Damit wird letztlich nun bei Ford die Entscheidung fallen müssen, inwiefern man langfristig dem immer noch erst 24-jährigen Latvala noch das Potential zutraut, zu einem echten Spitzenpiloten zu reifen. Sollte man sich allerdings für diesen Weg entscheiden, wird man Latvala erneut Zeit geben und den Verlust des diesjährigen Konstrukteurstitels möglicherweise in Kauf nehmen müssen. So scheint es kaum möglich, von einem - wie die Aussagen nach Ende des Wochenendes zeigten - mittlerweile auch ziemlich verunsicherten Piloten bereits ab der nächsten Rallye wieder ein Topresultat nach dem Anderen zu erwarten.

Ein anderer Weg könnte sein, Jari-Matti Latvala erneut zurück in ein Kundenteam zu stufen und ihn so ein wenig aus der Schusslinie zu nehmen. Chris Atkinson oder Petter Solberg könnten Latvala dann beispielsweise bei der Rallye Australien ersetzen, während Francois Duval in Spanien auf Asphalt ein Comeback feiern könnte. Da Ford diesen Weg aber bekanntermaßen bereits im letzten Jahr bestritt, scheint auch der Erfolg einer solchen Maßnahme nicht garantiert. Damit scheint die Ehe zwischen Ford und Latvala vor der Rallye Finnland am Scheideweg, selbst Details abseits der Strecke könnten jetzt den Ausschlag geben.