Die LMP1-Klasse taumelt gefährlich am Abgrund. Nissans Engagement 2015 ging komplett in die Hose, Audi zog Ende 2016 den Stecker und nun verabschiedet sich nach der laufenden Saison auch Porsche aus dem Wettbewerb. Bleibt nur noch ein Hersteller übrig: Toyota. Für die Japaner ist durch den freiwilligen Abtritt der Konkurrenz der Weg frei zum so heiß ersehnten ersten Le-Mans-Gesamtsieg und zum zweiten WEC-Titel nach 2014. Doch ob man den Alleinunterhalter in der LMP1-Kategorie geben möchte, ist zum jetzigen Zeitpunkt fraglich.

Denn auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com verweigert man zum jetzigen Zeitpunkt ein Bekenntnis zum Langstreckensport. "Der Kampf ist noch nicht vorbei. Wir werden in den verbleibenden fünf Rennen in diesem Jahr weiterhin mit all unseren Kräften kämpfen. Lasst uns daraus einen Wettbewerb machen, der einen Platz in den Herzen von Teams und Fans finden wird", lässt sich der oberste Toyota-Chef Akio Toyoda zitieren.

Toyota: LMP1-Wettbewerb mit Porsche wird fehlen

Toyota lieferte sich mit Porsche schon viele enge Duelle - das wird den Japanern fehlen, Foto: Porsche
Toyota lieferte sich mit Porsche schon viele enge Duelle - das wird den Japanern fehlen, Foto: Porsche

Auffällig ist hier, dass Firmenboss Toyoda lediglich über die restliche WEC-Saison 2017 spricht, jedoch nicht über 2018 oder gar die Zeit darüber hinaus. Ein klares Statement für die LMP1-Klasse sieht freilich anders aus. Und das, obwohl erst im Juni im Rahmen der 24 Stunden von Le Mans die neuen Regularien für die LMP1-Klasse ab 2020 verkündet wurden. Am Verhandlungstisch saßen dabei auch Vertreter von Porsche, Toyota und Peugeot, denen immer wieder eine LMP1-Rückkehr nachgesagt wurde.

Den Abschied von Porsche bedauert Toyoda allerdings zutiefst. Für ihn ist Porsche ein großartiger Gegner. Der Respekt zwischen Porsche und Toyota ist nicht zuletzt auch durch die 24 Stunden von Le Mans 2016 enorm angewachsen: "Ich fand es sehr schade, als ich gehört habe, dass sich Porsche aus der LMP1-Kategorie zurückzieht. Letztes Jahr in Le Mans haben wir uns geehrt gefühlt, dass uns Porsche als Rivalen ansieht." Der Antrieb aus dieser Rivalität fehlt allerdings ab der kommenden Saison.

Drohendes LMP1-Aus: Mögliche Alternativen

Mit dem Ende von Porsche und dem aktuell fehlenden Bekenntnis von Toyota droht die LMP1-Klasse endgültig auszubluten. Für diesen Notfall müssen sich die Verantwortlichen Lösungswege einfallen lassen. Einige mögliche Szenarien wurden in den vergangenen Wochen bereits in der Fachpresse genannt.

ByKolles ist momentan Alleinunterhalter in der privaten LMP1-Klasse, Foto: Speedpictures
ByKolles ist momentan Alleinunterhalter in der privaten LMP1-Klasse, Foto: Speedpictures

So könnte man etwa die private LMP1-Klasse zur neuen Königsklasse erheben. Aktuell fährt hier zwar nur ByKolles mit dem CLM, doch SMP Racing arbeitet zusammen mit Dallara und ART Grand Prix an seinem LMP1-Boliden und auch Ginetta hat im Winter den Bau eines eigenen LMP1-Fahrzeugs für interessierte Kundenteams verkündet. Manor Racing beispielsweise will auf den Ginetta setzen. Dazu kommt das Open-Source-Projekt von Nicolas Perrinn, der im Mai bekannt gab, ein erstes Kundenteam gewonnen zu haben.

Prototypen-Werkssport könnte es in der Le-Mans-Szene weiterhin geben, wenn die Verantwortlichen ihren Stolz beiseite schieben und die DPi-Boliden aus der US-amerikanischen IMSA-Serie zulassen. Der Clou: die Hersteller verwenden die aktuelle Generation an LMP2-Fahrzeugen als Basis, modifizieren diese und verpassen ihnen ein für das Werk charakteristisches Gesicht. Diese Formel sorgt für, im Vergleich zur LMP1-Klasse, Racing zum Spottpreis. In der DPi-Klasse starten aktuell Chevrolet, Mazda und Nissan, ab 2018 auch Honda-Acura. Mazda spannt dabei ab kommenden Jahr sogar mit Audis Ex-Werksteam Joest zusammen.

Die GTE-Pro-Klasse boomt, Foto: Ford
Die GTE-Pro-Klasse boomt, Foto: Ford

Zuletzt wurde aber auch davon berichtet, die GTE-Pro-Klasse zur neuen Königsklasse in der FIA WEC und in Le Mans zu erheben. Porsche ist hier noch werksseitig vertreten und wird dieses Engagement auch nicht aufgeben. Dazu kommen Autos von Aston Martin, Ferrari und Ford. Ab 2018 tritt BMW den GT-Profis bei, dazu gibt es immer wieder Gerüchte um einen Einstieg von McLaren und Lamborghini. Mit dann sieben offiziellen Werksengagements wäre die GTE-Pro-Kategorie noch stärker besetzt als die GT1-Klasse Ende der 90er-Jahre.