Jorge, wie war Ihre Winterpause? Was haben Sie gemacht?
Jorge Lorenzo: Ich war zum Jahresende auf Mallorca, habe eine Woche meine Familie besucht; meine Schwester und meine Mutter. Ich hatte Spaß mit Freunden und nahm mir die Zeit, mich etwas zu erholen. Es war ein sehr hartes und stressiges Jahr mit vielen Back-to-Back-Rennen. Es war also schön, mich zu erholen und etwas abzuschalten. Seit Jahresende war ich in Barcelona, habe viel trainiert - auf dem Motorrad und im Fitnesszentrum.

Sind Ihre Verletzungen von 2008 komplett verheilt? Ist Ihr Körper wieder bei 100% Fitness?
Jorge Lorenzo: Es ist noch nicht hundertprozentig verheilt, weil ich noch etwas Beweglichkeit in meinen Knöcheln vermisse, besonders im linken, aber so langsam wird es besser. Es sind viele Monate seit den Stürzen vergangen und dank der Spezialisten werden die Probleme mit meinen Armen und Knöcheln immer weniger. Zum Saisonstart werde ich wohl bei 95% oder 97% sein.

Was sind Ihre besten Erinnerungen an das Jahr 2008? Sie hatten viele Pole Positions, Podestplätze und natürlich einen Sieg, aber eben auch Stürze und Verletzungen...
Jorge Lorenzo: Ja, es war eine besondere Saison, weil es meine erste in dieser Klasse gewesen ist, aber auch, weil so viele Dinge passiert sind, die guten und die schlechten Momente haben mir viel Erfahrungswerte gebracht, die sehr hilfreich waren und auch zukünftig noch sehr hilfreich sein werden. Aber ja, es war ein seltsames Jahr mit vielen Aufs und Abs und vielen Stürzen - zu vielen, weil ich normalerweise nicht so viele Stürze habe. Aber es gab auch tolle Momente wie meine Pole Positions, meine Podestplätze und ganz besonders den Sieg in Estoril.

Wenn Sie Ihr Rookie-Jahr noch einmal bestreiten könnten, würden Sie etwas anders machen?
Jorge Lorenzo: Nein, ich bedauere die Vergangenheit nicht und ich hatte in meinem Leben bislang sehr viel Glück - abgesehen von den Verletzungen. Es gab Rückschläge, aber ansonsten bin ich ein Glückspilz für den es gut gelaufen ist. Es gibt nichts zu bedauern.

Was sind Ihre Erwartungen und Ziele für 2009? Glauben Sie, dass Sie von Anfang an um den Titel fahren können?
Jorge Lorenzo: Es ist schwierig, sogar sehr schwierig, denn mir fehlt die Erfahrung für den Titelkampf. Es gibt einfach Fahrer mit mehr Erfahrung. Außerdem ist Valentino Rossi ein toller Champion, der in der Box neben mir steht und theoretisch der Favorit ist. Es gibt sogar drei Fahrer, die eher zu den Favoriten zählen als ich. Wir müssen jede Saison näher an unser Ziel kommen, schneller zu werden und mehr zu lernen. Ich glaube aber nicht, dass ich der Titelfavorit bin.

Lastet in diesem Jahr mehr Druck auf Ihnen? Haben Sie Angst vor zu hohen Erwartungen an Sie?
Jorge Lorenzo: Die Leute haben höhere Erwartungen an Pedrosa, Stoner und Valentino. Ja, ich habe das Jahr sehr gut begonnen - mit einem Sieg in meinem dritten Rennen. Es war ein sehr starker Beginn, aber das bedeutet nicht, dass das gleiche auch in dieser Saison der Fall sein wird. Dinge verändern sich und jedes Jahr ist anders. In diesem Jahr haben wir neue Regeln und alles könnte anders sein. Ich arbeite gerade sehr hart, damit ich eines Tages Weltmeister werden kann, was mein Ziel ist. Ich weiß nicht, ob ich dieses Ziel nächstes Jahr erreichen werde, oder vielleicht in zwei oder fünf Jahren - aber es bleibt mein Ziel.

Sie hatten nicht die Chance, den Prototypen zu fahren. Werden Sie das in Sepang nachholen und was erwarten Sie davon?
Jorge Lorenzo: Ich konnte den 2009er Prototypen in Jerez fahren, nur der neue Motor hat gefehlt, den werde ich aber in Sepang haben. Das Handling und das Chassis scheinen stabiler zu sein oder sagen wir es so: die Front bewegt sich weniger. Das Motorrad tendierte ausgangs der Kurven weniger zu Wheelies. Aber ich konnte den neuen Motor noch nicht ausprobieren, welcher die größte Veränderung sein soll.

Die Stellwand bleibt in Ihrer Box bestehen. War dies Ihr Wunsch? Warum soll sie bleiben?
Jorge Lorenzo: Die Entscheidung wurde von Yamaha getroffen und ich habe nicht viel zu sagen. So weit es mich betrifft, ist es okay. Ich habe kein Problem damit und wir bleiben weiterhin ein Team mit einer Wand!

Wer werden neben Ihnen und Valentino die Titelanwärter sein?
Jorge Lorenzo: Im Sport und ganz besonders im Motorradsport weiß man nie, was passieren wird. Es gibt jede Saison neue Fahrer, die gewinnen möchten und die Leute überraschen. Ich mag keine Diskussionen um die Favoriten, aber wenn ich drei Favoriten auswählen müsste, wären es die Top-3 des letzten Jahres: Valentino, Stoner und Pedrosa.

Was sagen Sie zur MotoGP-Krise und dem Rückzug von Kawasaki? Haben Sie Angst, dass es zu wenig Motorräder geben könnte? Was muss getan werden, um dem entgegen zu wirken?
Jorge Lorenzo: Jeder weiß, dass e seine Wirtschaftskrise gibt, die auch die Motorradwelt betrifft, wenn auch in kleinerem Rahmen als in anderen Sportarten. Wir erleben schwierige Zeiten. Zum Glück bin ich momentan in einer guten Situation. Ich habe den Rookie-Titel gewonnen und bin aus Sponsorensicht in einer guten Situation. Die Motorradrennen sind ein sehr spektakulärer Sport und die Dorna leistet tolle Arbeit. Aber es ließe sich noch etwas ausdehnen und die Show könnte noch erweitert werden.

Was ist Ihre Meinung zu den neuen Bridgestone-Reifen? Mögen Sie sie und konnten Sie sich leicht daran gewöhnen?
Jorge Lorenzo: Ich mag sie sehr, besonders die Bridgestone-Vorderreifen, die sie in vielen Jahren harter Arbeit entwickelt haben. Das Unternehmen ist erfolgshungrig und hat einen Riesen entthront, denn das war Michelin. Bridgestone ist eine bemerkenswerte Firma und jetzt haben sie das Zepter in der WM in der Hand. Die Reifen sind sehr gut, besonders beim Bremsen. Man kann damit sehr später bremsen.

Was halten Sie von der neuen Einheitsreifenregel? Wird sie die Rennen verbessern?
Jorge Lorenzo: Es ist sicher nicht die ideale Situation, denn es ist immer besser, wenn mehrere Unternehmen involviert sind, aber es ist Fakt, dass man dann keine gleichen Voraussetzungen hat. Es gab große Unterschiede von Rennen zu Rennen. Manchmal war Michelin besser, manchmal Bridgestone. Am Ende tendierte es in Richtung Bridgestone, also stimme ich mit der Entscheidung der Dorna überein.

Sie haben eine neue Startnummer. Warum wechseln Sie von der 48 zur 99?
Jorge Lorenzo: Der September war das Ende einer Ära für mich und der Beginn einer neuen. Was wäre also besser als mit einer neuen Nummer zu starten? Es ist etwas traurig, weil die 48 mir viel bedeutet hat. Ich habe damit große Dinge erreicht und einige tolle Momente erlebt, aber jetzt beginnt für mich eine neue Ära und die Nummer 99 wird darin präsent sein.

Sie haben auch ein neues Management. Wie läuft die Zusammenarbeit? Sind Sie zufrieden und können Sie sich voll auf das Rennen fahren konzentrieren?
Jorge Lorenzo: Ich bin mit den Leuten um mich herum sehr zufrieden. Natürlich möchte man sich immer verbessern, wenn man einen Wechsel vornimmt. Das klappt nicht in jedem Fall, aber ich wollte mit dem Wechsel erreichen, dass es für mich besser läuft und ich bei den Rennen glücklicher bin. Momentan genieße ich es. Ich spiele Fußball, besuche Martial Arts Stunden und tue viele Dinge, die ich vorher nicht konnte. Vielleicht bin ich deswegen etwas glücklicher - das sollte sich auf der Rennstrecke widerspiegeln. Aber das werden wir nicht vor dem ersten Rennen erfahren.