Valentino Rossi wünscht sich härtere Strafen in der MotoGP. "So streng wie in der Formel 1. Das ist für mich der einzige Weg, dieser gefährlichen Eskalation einen Riegel vorzuschieben", sagte der 41-jährige Italiener am Freitagnachmittag in seinem Video-Call in Spielberg.

Rossi knüpfte damit an eine Sicherheitsdebatte an, die nach einem schweren Unfall zwischen Johann Zarco und Franco Morbidelli am vergangenen Sonntag entbrannt war. Die beiden MotoGP-Asse waren in der Anfahrt von Kurve 3 kollidiert, sodass ihre havarierten Motorräder die bereits mitten in der Spitzkehre befindlichen Piloten Maverick Vinales und Valentino Rossi nur knapp verfehlten. Ein Unfall, der mit etwas weniger Glück tödlich enden hätte können.

Rossi übte bereits unmittelbar nach dem Rennen Kritik an mangelndem Respekt zwischen den Fahrern und nahm besonders Zarco, der für sein hartes Zweikampfverhalten bekannt ist, ins Visier. Nun legte er mit seiner Forderung nach härteren Strafen in der MotoGP noch einmal nach obwohl Johann Zarco zuvor bereits mit einer harten Strafe (Start aus der Boxengasse) belegt worden war.

"Das Niveau des Wettbewerbs und die Aggressivität sind viel höher geworden. Bereits in der Moto3 sind alle jungen Fahrer sehr aggressiv. Daher kommt es zur Eskalation, wenn du dann in die Moto2 aufsteigst und irgendwann in der MotoGP so rangehst. Ich denke, dass wir die Regeln klarer gestalten und diese dann von der Rennleitung auch stringent und immer gleich umgesetzt werden sollten", so Rossi, der gleich einen Vorschlag parat hatte: "Zum Beispiel, dass man im Bremsvorgang nicht die Linie schneiden darf."

Ist die MotoGP zu aggressiv?

Tatsächlich stand das Verhalten der FIM-Stewards, welche die Strafen in der MotoGP vergeben, in den vergangenen Jahren immer wieder im Fokus. So wurde immer wieder in gleichen Situationen anders entschieden, zudem zeigte sich ein Trend zu immer weniger Bestrafungen für aggressive Fahrmanöver. Vor allem Johann Zarco und Marc Marquez waren immer wieder in solche Aktionen verstrickt.

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Die MotoGP lässt den FIM-Stewards sehr viel Handlungsspielraum, denn der für Strafen relevante Paragraf 1.21. "Verhalten während Training und Rennen" umfasst lediglich vier Seiten. Die wichtigste Passage für die Bestrafung aggressiver Fahrmanöver ist Punkt 2.) dieses Paragrafen, der sich wie folgt liest: "Fahrer müssen verantwortungsbewusst fahren, um andere Teilnehmer nicht zu gefährden, weder auf der Strecke, noch in der Boxengasse. Jeder Verstoß gegen diese Regel kann von den FIM MotoGP Stewards bestraft werden."

Diese Regel-Passage lässt viel Spielraum für Interpretationen, was bereits in der Vergangenheit einigen MotoGP-Fahrern sauer aufstieß. So erhielt Rossi am Freitag Rückendeckung von Cal Crutchlow: "Sie sollten in der MotoGP bei vielen Dingen strenger sein. Aber auch in den kleinen Klassen", holte der Brite aus.

Crutchlow will auch härteres Durchgreifen

"Alleine was in den Trainings und Qualifyings in der Moto3 abgeht. Wenn ich dort zuständig wäre, würde ich zu den Jungs sagen: Jedes Mal, wenn ihr bummelt, zahlt jeder von euch 1.000 Euro Strafe. Damit wäre dieses Problem sofort gelöst, denn die machen das 15 Mal pro Jahr und keiner von denen kann sich 15.000 Euro Strafe leisten", redete sich Crutchlow in Rage.

"Doch stattdessen teilen sie (die Stewards) Strafen aus wie eine 15-minütige Zwangspause während eines Trainings oder eine Rückversetzung um drei Reihen. Das interessiert doch niemanden, wenn die Spitzengruppe im Rennen 30 Fahrer umfasst. Ich sehe viele Bereiche, in denen man ansetzen kann."

Bereits am Donnerstag sprachen daher viele Fahrer den Wunsch aus, die Zusammensetzung des Stewards Panel zu verändern. Aktuell rekrutiert sich dieses für Strafen zuständige Gremium aus dem Ex-Weltmeister Freddie Spencer und zwei von der FIM ernannten Offiziellen, die sich von Rennen zu Rennen abwechseln. Dieses Trio entscheidet nach dem einfachen Mehrheitsprinzip über Strafen.