Die MotoGP verabschiedete am vergangenen Donnerstag in Misano Marco Simoncellis Startnummer 58 für immer aus der Startaufstellung. Dorna-Boss Carmelo Ezpeleta übergab Simoncellis Vater Paolo eine Skulptur mit der Nummer. "Wir werden diese Startnummer nie wieder vergeben. Es sei denn, die Familie entscheidet, dass jemand diese Nummer bekommen darf", sagte der MotoGP-Chef.

Das Sperren von Startnummern hat in der Motorrad-WM über zwei Jahrzehnte Tradition. In der Mehrzahl ging solch einem Akt aber ein tragisches Unglück voraus. Von fünf Startnummern außer Dienst sind drei ihrer einstigen Träger nicht mehr am Leben bzw. auf der Rennstrecke verstorben (siehe unten). Aber es geht auch anders, denn zwei Nummern wurden bereits zu Lebzeiten des jeweiligen Fahrers in den Ruhestand verabschiedet.

Was läge da also näher, auch Valentino Rossi nach seinem Karriereende diese Ehre zu erweisen? Doch der neunfache Motorrad-Weltmeister winkte in Misano ab: "Mir gefällt der Gedanke nicht, die Nummer 46 für immer zu sperren. Wenn ein Fahrer diese Nummer nach mir haben will, dann soll er sie wählen dürfen."

Diese Nummern werden in der MotoGP nicht mehr vergeben:

1995: Kevin Schwantz - #34

Kevin Schwantz - die legendäre Nummer 34, Foto: Milagro
Kevin Schwantz - die legendäre Nummer 34, Foto: Milagro

Kevin Schwantz ist in keiner der Rekordlisten der Motorrad-WM im absoluten Spitzenfeld zu finden. Zum Zeitpunkt seines Rücktritts ist er mit 25 Siegen in der 500cc-Klasse hinter Giacomo Agostini, Mike Hailwood und Eddie Lawson "nur" die Nummer vier. Sein WM-Titel 1993 war ein toller Erfolg, aber eine Handvoll Fahrer hat deutlich mehr auf dem Konto. Dennoch ist es am 9. Juni 1995 Schwantz, dem eine ganz besondere Ehre durch den Weltverband FIM zukommt: Seine Startnummer 34 wird mit seinem Abschied aus der Weltmeisterschaft ebenfalls in den Ruhestand geschickt. Der offizielle Grund: Schwantz' ungeheure Popularität und seine damit einhergehenden Verdienste um den Sport.

2003: Daijiro Kato - #74

Daijiro Kato hätte zum Kontrahenten von Valentino Rossi aufsteigen können, Foto: Honda
Daijiro Kato hätte zum Kontrahenten von Valentino Rossi aufsteigen können, Foto: Honda

Er galt als Japans große Hoffnung auf den Durchbruch in der MotoGP. Als amtierender Rookie des Jahres, sollte Daijro Kato 2003 an der Seite von Sete Gibernau Valentino Rossi in Schach halten. Doch es folgte eine Katastrophe, als Kato beim Saisonauftakt in Suzuka mit rund 200 km/h in die Streckenbegrenzung einschlug und rund zwei Wochen später seinen Verletzungen erlag. Bei der ersten Rückkehr nach Japan - zum Pazifik-GP in Motegi - wurde im Oktober 2003 Kato selbst offiziell zur MotoGP-Legende erhoben und seine Nummer 74 für immer verabschiedet. Nach Suzuka sollte die Motorrad-WM nie wieder zurückkehren.

2010: Shoya Tomizawa - #48

Shoya Tomizawa wurde nur 19 Jahre alt, Foto: Milagro
Shoya Tomizawa wurde nur 19 Jahre alt, Foto: Milagro

Sieben Jahre lang war die Motorrad-WM von tödlichen Unfällen verschont geblieben, doch am 5. September 2010 schlug das Schicksal in Misano wieder zu. Der erst 19-jährige Shoya Tomizawa stürzte in der elften Runde und wurde von nachkommenden Motorrädern überrollt. Wenig später erlag er im Krankenhaus seinen Verletzungen. Erst wenige Monate zuvor hatte Tomizawa mit seinem Sieg in Katar den größten Erfolg seiner noch jungen Karriere gefeiert. Am 18. September gab es in Aragon zu Ehren Tomizawas eine Schweigeminute. Bei dieser Gelegenheit wurde auch seine Rennnummer 48 gesperrt.

2011: Loris Capirossi - #65

Bei seinem Rücktritt war Capirossi Rekordstarter der WM, Foto: Ducati
Bei seinem Rücktritt war Capirossi Rekordstarter der WM, Foto: Ducati

328 Starts in der Motorrad-WM, der er von 1990 bis 2011 über zwei Jahrzehnte lang angehörte: Loris Capirossi war schon zu seinen aktiven Zeiten eine Legende. Als er im November 2011 seine Karriere beendete, nahm er seine Nummer 65 gleich mit in den Ruhestand. Ein Geschenk der MotoGP und der Dorna, der er künftig als Sicherheitsbeauftragter dienen sollte. Sein Rekord ist mittlerweile von Valentino Rossi gebrochen und auch die #65 fährt im Rennzirkus wieder. Richtig, das ist die Startnummer von Philipp Öttl in der Moto3-Klasse. Denn die Sperre der Nummern gilt nur für die Königsklasse. Sollte Öttl es dorthin schaffen, muss er sich um eine neue Startnummer umsehen.

2016: Marco Simoncelli - #58

Nach seinem Tod entbrannte ein Kult um Simoncelli, Foto: Tobias Linke
Nach seinem Tod entbrannte ein Kult um Simoncelli, Foto: Tobias Linke

Die Hoffnungen der italienischen Motorradnation ruhen, ob eines bei Ducati strauchelnden Valentino Rossi, auf einem 24-jährigen Wuschelkopf, der in der zweiten Saisonhälfte 2011 in Brünn und auf Phillip Island die ersten beiden Podestplätze seiner Karriere holt. Eine Woche nach Platz zwei beim Australien Grand Prix weilt Marco Simoncelli allerdings nicht mehr unter uns. In der zweiten Runde des MotoGP-Rennens in Sepang nach einem Sturz von Rossi und Colin Edwards getroffen, erliegt der Italiener wenig später seinen Verletzungen. Ein Kult um ihn und seine Nummer 58 entbrennt, der bis heute andauert. Am 8. September 2016 - fast fünf Jahre nach seinem Tod - sperrt die MotoGP die legendäre Startnummer und übergibt sie in Misano symbolisch Simoncellis Vater Paolo.