Wo warst du, als das Erdbeben zuschlug?
Hiroshi Aoyama: Als das Erdbeben passierte, war ich gerade auf dem Weg zum Rennen in Katar, also befand ich mich am Flughafen. Ich sah es im Fernsehen. Ich dachte, das sei eine Art Film. Ich konnte nicht glauben, was dort passierte. Ich bemerkte, dass es in Japan passiert und versuchte, meine Familie anzurufen, aber in dem Moment konnte ich nicht anrufen. Also nahm ich den Flug nach Katar. Als ich dort ankam, rief ich meine Familie an und erreichte sie. Sie war OK. Wir leben ungefähr 200 Kilometer von Fukushima entfernt in Chiba. Außerdem sind es zwei Kilometer zu einer Erdöl-Raffinerie, bei der es wegen des Erdbebens eine Explosion gab.

Also gab es auch dadurch Schäden. Aber trotzdem, die Familie war in Ordnung, meine Freunde waren in Ordnung, trotzdem war ich erschüttert und hatte ein eigenartiges Gefühl, denn ich hatte das erste Rennen in Katar vor mir. Ich musste mich konzentrieren. Ich hatte das Gefühl, ich sollte nicht fahren, denn ich fühlte mich nicht gut. Aber dann dachte ich darüber nach, dass ich fahren sollte, um Japan gute Neuigkeiten zu bringen, irgendwelche Neuigkeiten, also tat ich, was ich tun konnte. Ich bin kein professioneller Lebensretter, ich bin professioneller Motorrad-Rennfahrer. Also fuhr ich weiter, es war aber trotzdem schwierig, denn viele Leute haben es schwer, sie haben ihre Häuser verloren, ihre Familie verloren und darunter leiden das Herz und der Kopf. Es braucht also Zeit.

Als du in Katar warst, wie hast du dich über die Entwicklungen in Japan auf dem Laufenden gehalten?
Hiroshi Aoyama: Ich habe versucht, das Fernsehen zu verfolgen, aber es gab viele Nachrichten und es war schwierig zu erkennen, welche die neuesten waren. Aber ich konnte auch das Internet durchforsten. Im Internet fand ich gute Informationen. Das Telefon funktionierte die ersten Stunden und Wochen nicht, denn es gab keine Elektrizität, aber irgendwie funktionierte das Internet, also konnte ich meine Freunde und Familie kontaktieren. Ich konnte erfahren, was wirklich in meiner Stadt passierte. Sie zeigten [in den Nachrichten] hauptsächlich das Kernkraftwerk und andere Dinge. Sie zeigten nicht so viel von meiner Stadt.

Hiroshi Aoyama machte sich viele Sorgen um seine Heimat, Foto: Milagro
Hiroshi Aoyama machte sich viele Sorgen um seine Heimat, Foto: Milagro

Wie sieht es in deiner Stadt nun aus?
Hiroshi Aoyama: Damals war es nicht OK. Ich meine, wir hatten nicht so viele Schäden, aber die ersten paar Wochen hatte meine Familie kein Wasser und kein Essen - kein Benzin, gar nichts. Die Lebensader war zerstört, also war es einige Wochen sogar für meine Familie ziemlich schwierig. Ich war in Japan und kam vor einem Monat zurück. Ich konnte sehen, dass alles OK ist, alles ist in Ordnung. Sie haben Elektrizität, Wasser, Essen, Benzin. Alles läuft wie normal, also freute es mich, das zu sehen.

Auf der anderen Seite ist es im Norden von Japan nach wie vor ein Desaster. Ich sah einige Bilder. Die Autos liegen immer noch auf dem Dach, Häuser sind komplett zusammengestürzt. An einigen Orten sieht man gar nichts, kein Haus, nichts. Der Tsunami hat alles mitgerissen. Ich konnte sehen, wie stark der Tsunami ist. Ich glaube, nicht nur ich, sondern viele japanische Fahrer hatten es schwer, sich aufs Rennfahren zu konzentrieren, sich zu fokussieren. Das war nicht einfach. Selbst wenn ich jetzt intensiv darüber nachdenke, ist es immer noch schwierig.

Wie lange wird es deiner Meinung nach dauern, bis sich Japan voll erholt?
Hiroshi Aoyama: Ich weiß es nicht. Sicher viele Jahre. Es braucht viel Zeit. Selbst wenn man Dinge reparieren kann, etwa Häuser oder Straßen, so ist bei den Leuten nach wie vor das Herz gebrochen, das ist der schwierigste Teil. Wir hatten Glück, denn viele Länder versuchten zu helfen, sie brachten viele Dinge und auch Geld. Wir können uns als Land glücklich schätzen und ich möchte allen Leuten danke sagen, die den Japanern in Japan geholfen haben. Was ich tun kann, ist weiter Rennen zu fahren und zu versuchen, dort mein Bestes zu geben, damit ich gute Nachrichten liefere.

Damit will ich die Leute fröhlich machen, die innen noch leiden. Aus diesem Grund sage ich auch, fahren wir nach Japan und machen ein MotoGP-Rennen. Ihr wisst, es wurde geprüft, das unabhängige Unternehmen [ARPA] hat die Situation in Japan überprüft und sie sagen, es ist OK, also können wir fahren. Das Rennen ist also fix, das freut mich sehr. Aber trotzdem zweifeln noch einige Leute oder denken, sie verstehen, was los ist - aber wenn sie nach Japan zum Rennen kämen, wäre ich sehr glücklich. Ich schätze alle Jungs, die nach Japan kommen.

Es gab in Mugello ein Meeting, bei dem alle MotoGP-Fahrer außer dir ein Dokument unterzeichneten, in dem sie um mehr Informationen baten...
Hiroshi Aoyama: Ja, das habe ich nicht unterschrieben, weil ich weiß, dass alles OK ist und wir hinfahren können. Die japanische Regierung hat gesagt, es ist OK. Danach sagten auch Italien, Spanien und Amerika, man kann nach Japan fahren. Das bedeutet also, es ist in Ordnung. Dem vertraue ich, deswegen habe ich das Dokument nicht unterzeichnet. Das ist eine schwierige Situation für Europäer. Ich bin Japaner, ich habe dort ein Haus, also fahre ich auch nach einer Katastrophe nach Hause. Wäre ich auf der anderen Seite, würde ich sicher auch darüber nachdenken. Aber ich will dieser Information glauben und wir können auch sicher hinfahren. Die Motorsport-Fans machen die Leute glücklich. Das ist das Wichtigste.

Hiroshi Aoyama glaubt den Prüfberichten, Foto: Milagro
Hiroshi Aoyama glaubt den Prüfberichten, Foto: Milagro

In Indianapolis sagten einige Fahrer, sie hätten noch nicht entschieden und würden das bis Misano machen. Was denkst du darüber?
Hiroshi Aoyama: Naja, das ist schwierig. In so einer Situation kann niemand niemanden zu etwas drängen. Es hängt von deiner Sicht der Dinge ab. Wenn du dieser Information glaubst, dann musst du keine Angst haben, du kannst ohne Sorge anreisen. Wenn du das nicht glaubst, dann hast du sicher Angst. Das Leben in Japan geht weiter, das heißt aber nicht alles. Sicher sind die Dinge auf dem Mindest-Niveau, damit man nach Japan fahren kann. Ich würde sagen, bitte glaubt das und fahren wir nach Japan, um unser Rennen zu zeigen.

Wenn wir die sportliche Seite ansehen, was war die größte Veränderung vom Vorjahr zu diesem Jahr?
Hiroshi Aoyama: Naja, ich habe das Team gewechselt. Und das aktuelle Team hat viel Erfahrung. Die Maschine wird auch etwas besser und ich kann etwas einfacher fahren. In Assen hatte ich die Chance, für das Repsol-Team zu fahren und das war eine sehr schöne Erfahrung. Aber leider stürzte ich und brach mir einen weiteren Rückenwirbel. Daher fiel es mir danach schwer, die Maschine zu fahren. Aber ich versuchte, weiterzumachen, doch es war sehr, sehr schwierig. Jetzt fühle ich mich wieder viel besser, mein Rücken ist viel besser und ich kann auf der Maschine mehr angreifen. Darüber freue ich mich sehr. Jetzt haben wir noch ein paar Rennen, also will ich zeigen, was ich kann. Und ich glaube, mit dieser Maschine, die ich im Satelliten-Team fahre, kann ich stark sein und weiter vorne mitfahren.

Wie lange hat es gedauert, bist du dich wieder bei 100 Prozent gefühlt hast?
Hiroshi Aoyama: Naja, noch bin ich nicht bei 100 Prozent, aber sagen wir 80. Diese Verletzung ist wirklich hart.

Wie beeinflusst dich das auf der Maschine?
Hiroshi Aoyama: Ich bin blockiert. Ich kann mich nicht so bewegen, wie ich das will, also war das schwierig. Aber ich fühle mich besser auf der Maschine. Das ist sehr wichtig, denn so kann ich etwas mehr angreifen. Mir scheint, dass mir im zweiten Jahr in der MotoGP alles leichter fällt. Natürlich ist das Team anders und die Maschine anders abgestimmt. Alles fällt etwas leichter und ich kann auch etwas schneller fahren.

Freust du dich schon auf die 1000cc RC212V im nächsten Jahr?
Hiroshi Aoyama: Ich weiß noch nicht, was nächstes Jahr mit mir passiert, aber wenn ich die Gelegenheit habe, die 1000er zu probieren, dann würde ich sicher ja sagen. Dafür möchte ich meine allgemeine Position aber auch verbessern.

Auf welche Rennen freust du dich am meisten?
Hiroshi Aoyama: Sicher Motegi (lacht). Vor Motegi habe ich noch ein Rennen, also will ich ein gutes Gefühl auf der Maschine finden, einen gutem Rhythmus erlangen und ich will mit guter Motivation und Energie nach Japan.