Auch der Deutsche Moto2-Pilot Stefan Bradl ist vom tödlichen Unfall Marco Simoncellis geschockt. Obwohl er eine Klasse tiefer als der Italiener fährt, hat er den Lockenkopf gekannt und ist von dessen Tod niedergeschlagen. "Natürlich sind wir alle Gegner auf der Strecke, aber irgendwie sind wir auch eine komplette Familie", sagte er der Zeit Online. "Wir kennen uns alle, deshalb ist das schon brutal. Zumal seine Freundin auch dabei war und sein Papa, die habe ich dann im Fahrerlager gesehen, das war für mich das Schlimmste."

"Ich kannte ihn, wie man sich im Fahrerlager halt kennt", fuhr Bradl fort. Man habe sich gegenseitig respektiert und auch hin und wieder ein paar Worte gewechselt. "Ich kannte ihn nicht so gut wie Valentino Rossi. Die zwei waren ja Freunde."

Bradl kennt die Gefahren, die bei einem Motorradrennen lauern. Aber die verdrängt man immer wieder, bis es zu einem so schlimmen Unfall kommt. "Man wird wieder krass damit konfrontiert, wie es sein kann. Die Stimmung danach war im Fahrerlager brutal ruhig. Jeder war sehr in sich gekehrt, es war komisch. Das war einfach ein Schock für uns alle, auch für mich. Man denkt auch noch ziemlich oft daran."

Bradl muss das ganze jetzt erst einmal sacken lassen, denkt aber nicht ans Aufhören. Ihn ärgert aber, dass jetzt wieder ein verzerrtes Medieninteresse herrscht. "Da sind dann natürlich sofort die Zweifler, die immer die dümmsten Fragen stellen", sagte er.

In Punkto Sicherheit fällt Bradl - wie den meisten anderen Fachleuten auch - nichts ein, was man verbessern kann. "Das war ein Rennunfall", stellte der Zahlinger klar. "Marco hat versucht, seinen Vorderradrutscher abzufangen und nicht runterzufallen. Dann hat das Motorrad sich wieder ein bisschen gefangen und ist statt nach außen wieder zur Fahrbahninnenseite gerutscht. Die nachfolgenden Fahrer hatten keine Chance mehr auszuweichen. Mann kann sich viel darüber unterhalten, aber mir fällt nichts ein, wie man das hätte vermeiden können."

Maximal könne an einem Ganzkörper-Airbag gearbeitet werden, der sofort aufgehe und einen umschlinge. "Aber so etwas gibt es noch nicht. Wir haben zwar einen Airbag in der Lederkombi, der Schultern und Nacken schützt. Aber das nützt im Fall von Marco auch nichts. Zwei Fahrer haben ihn mit über 130 km/h erwischt, zweimal 250 Kilo mit voller Wucht, das ist nicht ohne." Trotzdem ist sich der Weltmeisterschaftsführende der Moto2 sicher, dass sich jetzt wieder alle Verantwortlichen Gedanken machen und das Geschehene analysieren.

Bradl kann in Valencia Weltmeister werden, doch wie er das Rennwochenende selbst angeht, weiß er noch nicht. "Ich muss Zeit vergehen lassen und schauen, wie ich damit klarkomme", sagte er. "In Valencia wird es für uns alle nicht einfach werden. Sicher, der Sport geht weiter, das Leben geht weiter, und das ist auch gut so. Aber es wird schon Spuren hinterlassen."