Daniel, warum startest du wieder im Formel-3-Rennwagen beim Macau Grand Prix?
Daniel Juncadella: Ich bin noch mit keinem anderen Auto dort gefahren, aber ich denke, ein Formel-3-Auto ist das beste für Macau. So wie es designt ist, macht es auf diesem Kurs enormen Spaß. Die besten Erinnerungen meiner Rennfahrerkarriere habe ich in Macau. Ich denke, Felix sieht es genauso. Ich sehe überhaupt keinen Grund, nicht mehr dort zu starten, wenn ich die Chance dazu habe.

Felix, du bist in deiner Motorsport-Karriere schon so ziemlich alles gefahren. Wie wäre es mit einer Teilnahm beim Motorrad-Rennen in Macau?
Felix Rosenqvist: Haha, das wäre mal was Neues. Aber dazu wird es wohl nicht kommen. Ich denke allerdings, dass sich einige Fahrer zu viele Gedanken machen. Sie glauben, es wäre schlecht für ihre Karriere, wenn sie viele unterschiedliche Rennwagen fahren. Ich habe da eine komplett gegenteilige Strategie.

Nämlich?
Felix Rosenqvist: Jedes Auto, das man fahren kann, macht Spaß und ist auch gut für mich. Wenn du am Ende auf deine Karriere zurückblickst, willst du nicht feststellen, dass du nicht alles gemacht hast, was möglich war. Es ist wichtig, Spaß zu haben, denn deswegen sind wir hier. Wenn ich keinen Spaß habe, werde ich keinen Erfolg haben. Deshalb freue ich mich auch immer wieder auf Macau. Die Kombination aus F3-Auto und Strecke ist für mich das Beste auf der Welt. Für mich war deshalb klar: Wenn ich die Chance bekomme, mache ich es. Und so ist es gekommen.

Felix Rosenqvist gewann den Macau GP 2014 und 2015, Foto: Volkswagen Motorsport
Felix Rosenqvist gewann den Macau GP 2014 und 2015, Foto: Volkswagen Motorsport

Was ist denn das Besondere an Macau?
Felix Rosenqvist: Es ist die Atmosphäre. Die Atmosphäre rund um Macau, ein Las-Vegas-Style, mitten im Nirgendwo von China. Die ganze Stadt ist verrückt, denn man blockiert die ganzen Straßen. Dazu die Motorräder drum herum... Es ist schwer zu beschreiben oder einen bestimmten Punkt zu finden. Wenn du einmal dort und vielleicht erfolgreich warst, ist es wie eine Droge. Man will zurückkommen und versuchen, wieder zu gewinnen.

Ist eure Teilnahme nicht unfair gegenüber den jungen Nachwuchspiloten?
Felix Rosenqvist: Ich denke, Macau ist ein eigenständiges Event, keine Meisterschaft. Wäre es Teil einer Meisterschaft, wäre es definitiv unfair. Es war immer offen für ältere Fahrer, um mitzufahren. Aber auf der anderen Seite: Als ich dort zum ersten Mal war, ist Edoardo Mortara mitgefahren, um seinen Sieg zu verteidigen. Ich hatte mich auch gefragt, wie ich ihn schlagen soll. Aber man respektiert das. Es verschafft dem Rennen einen größeren Wert. Wenn ich ein junger Fahrer wäre, würde ich es als Gelegenheit ansehen, anstatt zu weinen.

Daniel Juncadella: Ich sehe es ähnlich. Als junger Fahrer denkt man natürlich zunächst, 'Wie soll ich das schaffen'? Aber du musst einfach aus deinen Möglichkeiten das Meiste herausholen. Und wenn du erfahrene Fahrer wie uns kommen siehst, ist es eine Chance für jeden. Jeder erwartet, dass sie gegen uns verlieren. Wenn uns dann einer schlägt, wäre das eine richtig gute Leistung.

Daniel Juncadella gewann den China-Klassiker 2011, Foto: F3 Euro Series
Daniel Juncadella gewann den China-Klassiker 2011, Foto: F3 Euro Series

Seid ihr nicht irgendwann zu alt für Macau?
Daniel Juncadella: Ich denke, dass die FIA sich noch etwas einfallen lassen wird, um uns in der Zukunft an der Teilnahme zu hindern. Deshalb nehme ich jede Gelegenheit wahr, die sich bietet.

Felix Rosenqvist: Auch wenn ich ein paar Jahre älter bin, würde ich natürlich gern noch in Macau fahren. Ich weiß auch nicht, warum da keiner aus der Formel 1 mitfährt. Wenn ich zum Beispiel Max Verstappen wäre, würde ich es wieder versuchen. In der Vergangenheit gab es doch einige Formel-1- und Formel-2-Fahrer, die hier an den Start gegangen sind.

Daniel Juncadella: Wenn man Spaß hat, ist es eh egal, wie alt man ist.

Ihr seid beide 2010 zum ersten Mal in Macau gefahren. Könnt ihr euch noch an eure erste Streckenbegehung erinnern?
Daniel Juncadella: Ich habe vor allem die Chinesen beim Autofahren beobachtet. Denn wenn man in Macau die Streckenbegehung macht, ist der Verkehr noch offen. Und da dachte ich mir nur: 'Das sind verrückte Leute!'

Felix Rosenqvist: An die Streckenbegehung kann ich mich gar nicht erinnern. Ich weiß nicht, ob ich in meinem ersten Jahr überhaupt eine gemacht habe. Aber ich erinnere mich an meine erste Ausfahrt, denn ich hatte sofort einen Unfall. Ich erinnere mich, dass ich zu all den Fahrern wie Mortara, Bottas, Merhi aufgeschaut habe. Ich hatte großen Respekt vor ihnen. Für mich war es eher das, als die Strecke an sich. Aber ich habe es geliebt. Es war ein richtiger Adrenalinschub. Auch ein bisschen Furcht, aber positive Furcht.

Rosenqvist steht vor seinem 7. Macau-Start - jetzt wieder mit Prema, Foto: Sutton
Rosenqvist steht vor seinem 7. Macau-Start - jetzt wieder mit Prema, Foto: Sutton

Welcher Teil der Strecke ist besonders schwierig?
Daniel Juncadella: Ich würde sagen, der letzte Sektor. Mit den beiden letzten Kurven, Fisherman's Bend und R Bend. Fisherman's ist eine sehr holprige Kurve und es ist sehr schwer, die perfekte Runde zu treffen. Und die letzte Kurve ist auch sehr sensibel, sehr schnell. Der Ausgang ist blind. Letztes Jahr sind Felix und ich im letzten Sektor übrigens exakt die gleiche Zeit gefahren.

Wer ist denn dieses Jahr der Favorit?
Daniel Juncadella: Natürlich ist Felix der Favorit. Ich mag es aber, der Underdog zu sein.

Felix, siehst du dich selbst als Favorit?
Felix Rosenqvist: Ich denke schon, ja. Ich habe in den vergangenen beiden Jahren gewonnen und bin diesmal wieder mit Prema am Start. Ich würde mein Geld eher auf mich selbst setzen als auf andere! Ich wäre nicht gerne der Favorit, aber es lässt sich wohl nicht vermeiden.

Gibt es einen Erfolgsschlüssel für das Macau-Wochenende?
Felix Rosenqvist: Du musst dein eigenes Limit kennen. Du musst genau wissen, wie gut das Auto ist und was du selber drauf hast. Ansonsten baust du früher oder später einen Unfall. Du musst mutig sein, in gewisser Weise auch ein bisschen durchgeknallt, besonders im Qualifying.

Rosenqvist und Juncadella fuhren dieses Jahr für Mercedes in der DTM, Foto: Gruppe-C GmbH
Rosenqvist und Juncadella fuhren dieses Jahr für Mercedes in der DTM, Foto: Gruppe-C GmbH

Ist das eine Strecke, auf der man die viel zitierten Eier braucht als Fahrer?
Daniel Juncadella: Man braucht Eier, besonders, wenn man nicht über große Erfahrung verfügt. Wenn du vorne stehen willst, musst du dich ein wenig über deine Limits hinauswagen. Felix und ich aber haben viel Erfahrung. Ich kenne jeden Teil der Strecke, ich kenne die Tricks. Für mich ist es jetzt keine 'Eier-Strecke' mehr, weil ich die nötige Erfahrung habe. Aber gegen die anderen Autos zu kämpfen bei so hohen Geschwindigkeiten - und das auf einem Straßenkurs - ist schwieriger als auf einer normalen Strecke.

Der Macau-Sieg 2015 hat Felix damals die Karriere gerettet. Welche Auswirkungen hatte dein Sieg 2011, Daniel?
Daniel Juncadella: Für mich war es ein wichtiger Punkt in meiner Karriere. Ich war in meinem zweiten Jahr in der Formel 3. Roberto Merhi dominierte die europäische Meisterschaft. Mein Selbstvertrauen war etwas angeknackst, weil er mich geschlagen hat. Der Sieg hat mein Leben verändert, auch weil es auch ein verrücktes Rennen war. Ich hatte vor der Qualifikation einen Unfall, bin im Vor-Finale nur von Platz 14 gestartet, kam aber bis auf Platz sechs nach vorne.

Dann habe ich das Rennen gewonnen. Es war einfach verrückt! Damit hätte ich nie gerechnet. Nach der Qualifikation dachte ich schon, es wäre vorbei. Das war der Punkt in meiner Karriere, wo ich dachte, ich wäre nicht gut genug, um in den Top-Motorsport zu kommen. Dann hat Felix mir im Grunde geholfen zu gewinnen. Er ist ausgefallen, dadurch kam das Safety Car raus. So konnte ich zu Wittmann aufholen. Ohne Safety Car hätte ich das nie geschafft.

Felix Rosenqvist: Und Daniel hat im selben Jahr einen großen Beitrag zu meinem Masters-Sieg in Zandvoort geleistet. Er hatte damals einen frühen Unfall mit Pole-Setter Roberto Merhi. Das hat mir geholfen, das Rennen von Startplatz drei zu gewinnen.

Daniel Juncadella: Wir scheinen uns also gegenseitig zu helfen, Felix!

Macau ist das wichtigste F3-Rennen der Welt - Juncadella mittendrin, Foto: Formula 3 Euro Series
Macau ist das wichtigste F3-Rennen der Welt - Juncadella mittendrin, Foto: Formula 3 Euro Series

Felix, du startest dieses Jahr zum siebten Mal in Macau. Gibt es etwas, das dir nicht gefällt?
Felix Rosenqvist: Manchmal gibt es Fahrer, die nicht qualifiziert sind, auf der Strecke zu fahren und in jeder Session Unfälle bauen. Ich hatte die letzten Jahre Glück und bin oft aus der ersten Reihe gestartet. Aber ich war auch schon hinten. Manchmal hat man wirklich Angst. Ich erinnere mich an Kevin Magnussen, der einen unglaublichen Unfall hatte, weil ihn irgendjemand in die Wand gedrückt hat. Da merkt man, dass in der Formel 3 manche Fahrer noch nicht erfahren genug sind, um sich gegenseitig genug zu respektieren.

Fährt auch heute noch eine gewisse Angst vor schweren Unfällen bei euch beiden mit?
Felix Rosenqvist: Ich erinnere mich an 2012, da fuhr ein Tourenwagen-Pilot in die Wand und starb an den Folgen des Unfalls. Es war schon ein komisches Gefühl, danach auf die Strecke zu fahren. Ich fürchte, das gehört dazu. Und bei den Motorrädern ist es ja noch gefährlicher.

Daniel Juncadella: Ich bevorzuge Motorsport, bei dem niemand stirbt. Man kann es aber nie genau wissen, und Macau ist eben Macau... Angst darfst du aber nicht haben, sonst kannst du nicht das Maximum aus dir herausholen.