Pascal Wehrlein (Porsche) hat sich mit dem Sieg im Samstagsrennen in Jakarta eindrucksvoll in der Formel E zurückgemeldet. Der Porsche-Pilot erzielte seinen vierten Sieg in der Formel E und den ersten seit dem 28. Januar, als er beide Rennen in Saudi-Arabien gewann. Jake Dennis (Andretti-Porsche) machte einen weiteren Doppelsieg für den Porsche-Antriebsstrang perfekt, während Pole-Setter Maximilian Günther (Maserati) das Podium als Dritter komplettierte.

"Die Porsche-Jungs waren einen Tick zu schnell und meine Balance war nicht optimal", sagte Günther, der Formel-E-Neueinsteiger Maserati den zweiten Podestplatz bescherte und nach seiner ersten Pole Position zum insgesamt sechsten Mal aufs Podium fuhr. "Mehr als Platz drei war leider nicht drin."

Dennis beschwert sich über Wehrlein

Wehrlein hatte das erste von zwei Rennen an diesem Wochenende in Indonesien vom dritten Startplatz aufgenommen und dank einer geschickten Attack-Mode-Strategie in Runde 13 die Führung erobert. Die gab der frühere DTM-Champion und Formel-1-Fahrer bis zum Zieleinlauf nach 36 Runden auf dem 2,370 Kilometer kurzen Kurs, auf dem die Formel E zum zweiten Mal nach 2022 gastiert, nicht mehr ab.

Nach dem Rennen beschwerte sich Dennis lautstark über ein hartes Verteidigungsmanöver von Wehrlein, das ihn laut eigener Aussage beinahe in die Mauer geschickt hätte. "Lächerlich", schimpfte der frühere DTM-Pilot. Wehrlein bei ProSieben: "Ich habe mich mega-breit gemacht und versucht, spät zu bremsen. Ich weiß nicht, ob er mich getroffen hat oder ob mir kurz das Heck ausbrach. Es war mega-knapp, aber das ist Racing und die Momente, die mir mächtig viel Spaß machen."

Formel-E-Tabelle: Wehrlein dicht hinter Cassidy

In der WM-Tabelle führt weiter Nick Cassidy (Envision), der heute aber nicht über den siebten Platz hinauskam. Wehrlein ist dem Neuseeländer mit seinem Sieg und dem vierten Saisonpodest wieder dicht auf den Fersen und bis auf zwei Punkte (128:126) herangerückt. Der Brite Dennis (114 Punkte, P3) hält seine Titelchancen mit dem dritten Podiumserfolg in Serie und dem sechsten im zehnten Saisonrennen aufrecht.

Die Punkteränge: Auf den Plätzen vier, fünf und sechs landeten Autos mit DS-Antriebsstrang: Weltmeister Stoffel Vandoorne knöpfte seinem Teamkollegen Jean-Eric Vergne einen Platz ab, während Edoardo Mortara den zweiten Maserati mit DS-Power ebenfalls in die Top-6 beförderte. WM-Spitzenreiter Cassidy, Antonio Felix da Costa (Porsche), Robin Frijns (Abt-Cupra) und Jake Hughes (McLaren) von Startplatz 20 komplettierten die Punkteränge.

Jaguar erlebt nächstes Crash-Debakel

Rene Rast (McLaren) konnte seinen achten Startplatz nicht in Punkte ummünzen und überquerte die Ziellinie nach einem späten Dreher als Zwölfter. Ein riesengroßes Debakel erlebte das Jaguar-Werksteam: Beim Kampf um die Punkte kollidierte WM-Anwärter Mitch Evans mit Teamkollege Sam Bird in der drittletzten Runde - schon zum zweiten Mal in dieser Saison krachte es beim britischen Werksteam. Evans fiel vorzeitig aus, während sich Bird entschuldigte und sein Auto wenig später wegwarf.

David Beckmann (Andretti) belegte bei seinem Renndebüt in der Formel E als Ersatzmann von Andre Lotterer (mit Porsche beim Le-Mans-Test) den 16. Platz. Roberto Merhi (Mahindra), der zweite Neuling im Starterfeld als Nachfolger für den abgewanderten Oliver Rowland, fuhr auf P18. In einem taktisch geprägten Rennen mit wenigen Überholmanövern und hohem Vollgasanteil sah nur Evans nicht den Zielstrich.

So geht es weiter in Jakarta

Nach dem ersten Renntag in Jakarta findet am morgigen Sonntag (04. Juni) um 08:05 Uhr Ortszeit/03:05 Uhr MESZ das 3. Freie Training statt, das Qualifying folgt um 10:40 Uhr Ortszeit/05:40 Uhr MESZ. Das elfte Rennen der Saison 2023 beginnt um 15:00 Uhr Ortszeit/10:00 Uhr MESZ, führt über 38 Runden (90,0 km) und wird von ProSieben im Free-TV übertragen.

Formel E in Jakarta: So lief das Rennen am Samstag

Die Startaufstellung: Maximilian Günther eroberte im 62. Anlauf seine erste Pole Position in der Formel E und gleichzeitig die erste für Neueinsteiger Maserati. Jake Dennis komplettierte die erste Startreihe. Starker Auftritt der weiteren deutschen Vertreter in der Elektro-WM: Pascal Wehrlein qualifizierte sich als Dritter, Rene Rast als Achter. Der Kemptener Rennstall Abt-Cupra konnte sich über die Startplätze sieben und neun für Robin Frijns sowie Nico Müller und damit das zweitbeste Teamresultat seit der Doppel-Pole im verregneten Berlin freuen. Debütant David Beckmann fuhr in seinem ersten Qualifying auf den 19. Platz, Roberto Merhi als zweiter Neuling im Starterfeld wurde abgeschlagen Letzter.

Der Start: Pascal Wehrlein profitierte von Jake Dennis' schwachem Start (von P2 auf P4 hinter Stoffel Vandoorne) und griff Pole-Setter Maximilian Günther auf dem Weg zur ersten Kurve an. Der Maserati-Pilot konnte sich auf der Innenbahn aber souverän verteidigen. Robin Frijns kassierte Edoardo Mortara für P6, Nick Cassidy gelangen von Platz 10 zwei Positionsgewinne. Der von P13 gestartete Sebastien Buemi blieb beim Start stehen und fiel ans Ende des Feldes zurück.

Die erste Rennhälfte: Wehrlein übernahm in der 4. Runde die Führung von Günther. Rene Rast verlor in den ersten Runden drei Positionen und fiel bis auf P11 zurück. Aus dem vorderen Feld aktivierte Vandoorne seinen ersten Attack Mode (6 Minuten) in der 5. Runde und fiel zunächst hinter Teamkollege Vergne auf P5 zurück. Zahlreiche weitere Fahrer zündeten frühzeitig den 350-kW-Zusatzboost, darunter Wehrlein (2 Minuten) im 6. und Günther (6 Minuten) im 7. Umlauf.

Wehrlein aktivierte schon in Runde 9 seinen zweiten Attack-Mode (6 Minuten) und fiel auf den dritten Platz hinter Günther und Vandoorne zurück. Im Anfangsdrittel hatte ein Großteil des dicht gedrängten Fahrerfeldes mit Ausnahme von Evans, Bird und Rast mindestens einen Attack Mode genutzt, wodurch es automatisch zu Positionswechseln am laufenden Band kam. Wehrlein übernahm kampflos die Führung, als Günther in Runde 13 seinen zweiten Attack-Mode (2 Minuten) in der Zone abseits der Ideallinie aktivierte. Der Maserati-Fahrer blieb zunächst hinter seinem Landsmann im Porsche.

In Runde 17 kämpfte sich Dennis während seines 6-Minuten-Attack-Modes an Vandoorne vorbei auf die dritte Position. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Andretti-Pilot knapp 2 Prozent mehr verfügbare Restenergie als Spitzenreiter Wehrlein. In der Zwischenzeit hatte sich Cassidy heimlich auf auf P6 vorgearbeitet und nahm die Verfolgung zu den beiden DS-Penske von Vandoorne und Vergne auf.

Der weitere Rennverlauf: In Runde 19 kassierte Dennis in der Schlussphase seines Attack-Modes Vordermann Günther für Platz zwei, für einen Angriff auf Wehrlein reichte es zunächst nicht. Cassidy berührte bei seinem Überholversuch gegen den Fünftplatzierten Vergne dessen DS-Penske auf der rechten Hinterseite, kam ins Straucheln und verlor dadurch Zeit.

In Runde 24 attackierte Dennis den Führenden Wehrlein, der sich allerdings erfolgreich verteidigen konnte. In den Zweikampf mischte sich auch Verfolger Günther ein, der es über die Außenbahn gegen Dennis versuchte, aber nicht vorbeikam. Auf P6 liegend zündete Cassidy seinen letzten Attack Mode mit der Dauer von 6 Minuten und fiel hinter Mortaras Maserati zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatten nur noch die beiden Jaguar von Evans (P8) und Bird (P10) je zwei Minuten 350-kW-Zusatzpower im Köcher.

Zu Beginn des Schlussdrittels tat sich nicht viel auf der Strecke. Wehrlein, Dennis und Günther verfolgten sich im Abstand von einer Sekunde, zu den beiden DS Penske klaffte eine kleine Lücke von zwei Sekunden. In Runde 30 ging Bird mittels Attack-Mode an seinem Jaguar-Teamkollegen Evans vorbei und übernahm die achte Position. Der Neuseeländer konterte seinerseits mit dem Attack-Mode, während sich Rast auf der Strecke drehte und aus den Punkterängen heraus auf P11 zurückfiel.

Drama in Runde 34! Bird fuhr seinem Teamkollegen Evans ins Heck, der drehte sich und schlug rückwärts leicht in die Streckenbegrenzung ein. Für den WM-Anwärter war das Rennen damit zwei Runden vor dem Schluss vorzeitig beendet, während sich Bird am Teamfunk entschuldigte. Bird fiel in der Schlussrunde auch noch aus den Punkterängen heraus. An der Spitze tat sich nichts mehr, Wehrlein fuhr den Sieg trotz leichtem Energie-Nachteil vor Dennis und Günther über den Zielstrich.