Der Titel-Fight in der Formel E 2022 spitzt sich immer weiter zu, an diesem Wochenende wartet in New York das achte von zehn Events. Ergibt sich nach dem anstehenden Double-Header im Hafen von Brooklyn (Samstag und Sonntag ab 19:00 Uhr auf ProSieben) ein klareres Bild im momentanen Vierkampf um die FIA-Weltmeisterschaft?

Vier Piloten aus vier Teams haben sich als Titelanwärter inzwischen deutlich herauskristallisiert: Spitzenreiter Edoardo Mortara (Venturi, 139 Punkte), Jean-Eric Vergne (DS Techeetah, 128 Punkte), Stoffel Vandoorne (Mercedes, 125 Punkte) und der Viertplatzierte Mitch Evans (Jaguar, 124 Punkte). Nur 15 Zähler trennen das Quartett, während Robin Frijns (Envision) auf P5 bereits 58 Punkte Rückstand zur Spitze aufweist.

Alle vier Titelaspiranten standen in fünf der bisherigen zehn Saisonrennen auf dem Podium. Mit seinem Sieg zuletzt in Marrakesch hat der amtierende Vize-Weltmeister Mortara erneut die Führung in der Gesamtwertung übernommen und Vandoorne - nur P8 in Marokko nach Start von P20 - von der Spitze verdrängt. Mortara feierte nach Saudi-Arabien und Berlin seinen dritten Saisonsieg. Nach einem zwischenzeitlichen Rückschlag mit zwei Ausfällen fuhr der Venturi-Pilot zuletzt viermal in Folge auf das Podium und startete dabei jedes Mal aus den ersten beiden Startreihen.

Mit New York, wo die Formel E seit der Saison 3 (2016/17) mit einer Ausnahme jährlich gastierte, hat der frühere DTM-Pilot Mortara allerdings noch eine Rechnung offen: Bei bislang vier Versuchen verpasste er stets die Punkteränge. "Da hatte ich bislang kein Glück", sagte der Italo-Schweizer. "Dieses Wochenende haben wir es uns zum Ziel gesetzt, in die Top-10 zu fahren."

Dabei müssen langsam die Big Points her, um weiter ganz vorne mitzumischen. Das gilt auch für den Gesamtzweiten Vergne, der in der laufenden Saison noch kein einziges Rennen gewinnen konnte! Dafür punktete der zweifache Formel-E-Champion - beide Titelsiege machte er in New York perfekt - in jedem Rennen und startete mit einer Ausnahme jedes Mal aus den Top-8 der Startaufstellung.

Im 'Big Apple' stand Vergne bislang dreimal auf dem Podium, zuletzt 2021 als Zweiter hinter dem damaligen BMW-Sieger Maximilian Günther. "Ich liebe diesen Ort und peile ein weiteres starkes Ergebnis an", sagte der Franzose, der mit einem elften Sieg in der ewigen Statistik mit Sam Bird (Jaguar) gleichziehen könnte. Übrigens: Der Brite ist Rekordsieger in New York (2x 2016 mit DS Virgin, 1x 2022 mit Jaguar).

Foto: LAT Images
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Was Vergne schon zweimal gelungen ist, will auch Evans mit aller Macht: endlich den Titel holen, nachdem der Neuseeländer schon so oft kurz vor Schluss gescheitert war. In dieser Saison legte der Jaguar-Veteran einen katastrophalen Start hin, meldete sich aber mit einem Doppelsieg in Rom eindrucksvoll zurück und punktete auch in den weiteren fünf Rennen konstant. Nach dem Sieg zuletzt in Jakarta und P3 in Marrakesch befindet sich Evans weiter im Aufwind.

Evans stand beim Double-Header 2019 bereits auf dem Podium mit der eindrucksvollen Skyline von Manhattan im Hintergrund. Experten rechnen dem 28-Jährigen gute Siegchancen aus, schließlich funktioniert der Jaguar am besten auf den klassischen Stadtkursen. In New York warten 14 Kurven, verteilt auf eine Streckenlänge von 2,320 Kilometern. Überholmanöver sind traditionell schwierig, umso entscheidender werden die Qualifyings.

Foto: LAT Images
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Hier muss Titelanwärter Vandoorne eine Schippe drauflegen, um Mercedes nach Nyck de Vries (aktuell P7 in der Gesamtwertung) die zweite Fahrer-Weltmeisterschaft in Folge zu bescheren. Der frühere Formel-1-Pilot blickt zwar auf zwei Pole Positions in der laufenden Saison zurück, schaffte es insgesamt aber nur dreimal in die ersten beiden Startreihen. Interessant: In sieben von zehn Rennen verbesserte sich Vandoorne von seinen Startpositionen.

Bei vier Rennen auf dem Kurs im Hafen von Brooklyn gelang Vandoorne bislang erst eine Punktefahrt. "Für uns war New York bisher kein gutes Pflaster, aber hoffentlich können wir das dieses Jahr ändern und mit einem guten Ergebnis nach Hause kommen", sagte der Mercedes-Werksfahrer, der zuletzt mit einem Wechsel zu DS Dragon in Verbindung gebracht wurde und beim neuformierten Rennstall auf Jean-Eric Vergne als Teamkollege stoßen könnte.

Und was macht eigentlich Porsche als zweites deutsches Team in der Formel E neben Mercedes? Der Sportwagenbauer bildet derzeit nur die fünfte Kraft, seit dem Doppelsieg bei dritten Saisonrennen in Mexiko durch Pascal Wehrlein und Teamkollege Andre Lotterer ging es kontinuierlich bergab. Im Verlauf der letzten drei Rennen holte das Duo zusammen nur zehn Punkte! Lotterer ist in seiner letzten Saison beim Porsche-Werksteam Neunter in der WM, Wehrlein liegt direkt dahinter.

Trotz oftmals starker Qualifying-Performances - Lotterer startete neunmal aus den Top-8, Wehrlein sechsmal - lief es in den Rennen deutlich unrunder. Dass Wehrlein in Monaco auf dem Weg zum möglichen Sieg wegen eines technischen Problems ausfiel, weiß heute kaum noch jemand. "Wir müssen in der Rennperformance nachlegen, um die Punkte, die uns unsere Qualifyingleistung ermöglicht, auch einzufahren", sagte Gesamtprojektleiter und Teamchef Florian Modlinger.

Formel E in New York: Alle Sieger und Podeste seit 2017

JahrSiegerP2P3
2017 ISam BirdJean-Eric VergneStephane Sarrazin
2017 IISam BirdFelix RosenqvistNick Heidfeld
2018 ILucas di GrassiDaniel AbtSebastien Buemi
2018 IIJean-Eric VergneLucas di GrassiDaniel Abt
2019 ISebastien BuemiMitch EvansAntonio Felix da Costa
2019 IIRobin FrijnsAlex SimsSebastien Buemi
2021 IMaximilian GüntherJean-Eric VergneLucas di Grassi
2021 IISam BirdNick CassidyAntonio Felix da Costa

Formel E in New York: Die Rennstrecke

Der 2,320 km lange Stadtkurs weist 14 Kurven auf und verläuft durch das Stadtviertel Red Hook im Hafengebiet von Brooklyn. Die Aktivierungszone für den Attack-Mode liegt auf der Außenseite in Kurve 10 (Spitzkehre), der Zeitverlust beträgt 1,1 Sekunden. Die besten Überholmöglichkeiten bieten sich in den Kurven 1 und 6 (Schikane). Auf der Start-/Zielgeraden erreichen die Rennwagen vor Kurve 1 einen Top-Speed von 219 km/h.

Im Vergleich zu anderen Strecken rangiert der Brooklyn Street Circuit in Bezug auf die Energiesensibilität auf einem mittleren bis niedrigen Niveau. Das bedeutet, dass der Energieverbrauch ziemlich einfach ist, wobei die besten Orte zum Regenerieren und Einsparen vor den Kurven 1, 6 und 9 liegen. Der Kurs hat sehr kurze Auslaufzonen und da die Barrieren nahe an der Strecke liegen, besteht eine mittlere bis hohe Chance auf ein Safety Car und/oder Full Course Yellow.

Foto: FIA Formula E
Foto: FIA Formula E

New York ePrix: Die Wettervorhersage

Erwartet wird Sommerwetter mit 27 bis 32 Grad Celsius, was sich am Rennwochenende vor allem auf die Batterietemperaturen auswirken wird. Aufgrund der extrem hohen Umgebungstemperaturen waren die letzten Rennen in Jakarta und Marrakesch bereits batteriebegrenzt, die Teams sind also vorgewarnt. Dieser Trend dürfte sich in New York nahtlos fortsetzen. Die Belastung für die Michelin-Reifen hält sich trotz durchweg hoher Asphalttemperaturen unterdessen in Grenzen und sollte kein größerer Performance-Faktor sein.

Formel E 2022 in New York: TV-Übertragung und Zeitplan

Tag Uhrzeit (MEZ) Session Übertragung
Freitag, 15.07.2022 22:00-22:30 Freies Training 1 ran.de, YouTube Formel E, Eurosport Player
Samstag, 16.07.2022 13:00-13:30 Freies Training 2 ran.de, YouTube Formel E, Eurosport Player
Samstag, 16.07.2022 14:40-15:55 Qualifying 1 ran.de, Eurosport Player
Samstag, 16.07.2022 19:00-20:00 Rennen 1 ProSieben, ran.de, Eurosport Player
Tag Uhrzeit (MEZ) Session Übertragung
Sonntag, 17.07.2022 13:00-13:30 Freies Training 3 ran.de, YouTube Formel E, Eurosport Player
Sonntag, 17.07.2022 14:40-15:55 Qualifying 2 ran.de, Eurosport Player
Sonntag, 17.07.2022 19:00-20:00 Rennen 2 ProSieben, ran.de, Eurosport Player

New York: Das sagen die deutschen Formel-E-Fahrer

Andre Lotterer (Porsche, P9 in der Meisterschaft mit 61 Punkten): "Ich liebe New York. Auch viele meiner Kollegen finden es toll, in Brooklyn mit Blick auf Manhattan Rennen zu fahren. Für Porsche ist es auf jeden Fall ein Highlight, sich vor dieser Kulisse auf dem wichtigen amerikanischen Markt zu präsentieren und für Elektromobilität zu werben. Der Brooklyn Street Circuit ist eine gute Formel-E-Strecke. Ein enger Stadtkurs mit einigen herausfordernden Kurven. Spannend wird sein, wie wir in der erwarteten Hitze zurechtkommen."

Pascal Wehrlein (Porsche, P10 in der Meisterschaft mit 55 Punkten): "In New York haben wir im vergangenen Jahr ein sehr gutes Teamergebnis eingefahren. Ich hoffe, dass wir dort auch diesmal wieder so stark sind. Die erwartete Hitze wird schwer für die Batterie und die Reifen, und da haben wir definitiv noch Arbeit. Trotzdem hoffe ich auf zwei erfolgreiche Rennen."

Maximilian Günther (Nissan, P19 in der Meisterschaft mit 2 Punkten): "New York ist ein ganz besonderer Ort, und die Rennen zählen zu meinen Favoriten in der Formel-E-Saison. Ich habe sehr gute Erinnerungen an das Event - mein Sieg im vergangenen Jahr war ein fantastischer Moment in meiner Karriere. Die Strecke ist sehr technisch und bietet ein paar sehr gute Überholmöglichkeiten. Ich freue mich sehr, wieder auf diesem klassischen Formel-E-Kurs zu fahren."