Andre, wie bewertest du als dreifacher Le-Mans-Sieger das Starterfeld zur Saison 2018/19, die am 15. Dezember in Riad, Saudi-Arabien beginnt?
Andre Lotterer: Wir haben große Namen wie Massa und auch jüngere wie Wehrlein und Vandoorne, die nicht in der Formel 1 bleiben konnten. Dann noch Paffett, dessen Situation ich ja selbst kenne: Ich war letztes Jahr selbst Rookie in der Formel E, hatte aber trotzdem große Erfahrung. Wir haben jedenfalls ein super-interessantes Fahrerfeld mit Big Names, Underdorgs und Formel-E-Spezialisten.

Es gab immer wieder Gerüchte, dass Nissan Fernando Alonso verpflichten wollte. Wäre er ein Zugewinn für die Formel E?
Andre Lotterer: Ich sehe das neutral. Mir ist es im Prinzip egal, gegen wen ich fahre. Natürlich ist das ein großer Name. Von meiner Seite aus wäre Alonso willkommen, so etwas tut der Meisterschaft natürlich gut. Interessanter wäre es aber, wenn einer wie Hamilton oder Vettel kommen würde, um zu beweisen, dass er auch in der Formel E der Beste ist. Vielleicht wird das in den nächsten Jahren so kommen. Die Serie hat sich schnell etabliert und so geht es auch weiter. Das sieht man ja am Interesse der Hersteller und Fahrer. Natürlich hat die Formel 1 eine große Motorsportgeschichte. Aber wer weiß, was die Zukunft uns bringen wird.

Was wird die Zukunft denn dir bringen? Du startest zu deiner zweiten Saison mit DS Techeetah, hast aber weiterhin einen Vertrag bei Saison-6-Einsteiger Porsche...
Andre Lotterer: Ja, ich habe noch einen Vertrag bei Porsche. Ich bin ja in Le Mans für sie gefahren, bevor sie sich zurückgezogen haben. Zudem habe ich einen Vertrag bei DS Techeetah, der auch langfristiger ist. Es weiß noch niemand, welche Fahrer Porsche nehmen wird, wenn sie in einem Jahr in die Formel E einsteigen - ob sie nur Interne nehmen oder auch Externe mit Erfahrung. Die werden sich das ganz genau anschauen und dann überlegen, wen sie nehmen.

Neues Auto, Strecken & Teams - Alles zur Formel E Saison 2019 (15:34 Min.)

Welche Schlüsse hast du aus deiner ersten Saison in der Formel E ziehen können?
Andre Lotterer: Ich habe zwei Rennen gebraucht, ab dem dritten in Santiago war ich vorne dabei. Dann hat es ein bisschen gedauert, um ein paar andere Sachen zu lernen. In den letzten fünf Rennen war ich dann im Qualifying und Rennen vorne mit dabei. Ein paar blöde Strafen haben mich zurückgeworfen. Ich hoffe, dass das nicht mehr passiert.

Was erwartest du für die anstehende Saison?
Andre Lotterer: Es wird schwieriger. Jahr für Jahr lernen alle immer mehr dazu. Die kleinen Tricks, die wir als Techeetah gefunden hatten, wurden mehr und mehr von der FIA und der Meisterschaft eingeschränkt. Aber unsere Jungs sind clever - dann müssen wir eben andere Dinge finden. Die Leistungsdichte kommt viel enger zusammen. Strategie und Rennabläufe werden den Unterschied ausmachen - mehr als die Performance der Autos.

Was ist mit den neuen Gen2-Autos, mit denen ja der Autowechsel zur Rennmitte entfällt?
Andre Lotterer: Man gewöhnt sich sofort daran und vergisst eigentlich, dass man zuvor zwei Autos hatte. Es gibt ja immer wieder neue Themen, die man optimieren kann. Das neue Auto ist an sich pflegeleichter als sein Vorgänger, es lädt auch schneller. Wenn du im Training allerdings in die Wand knallst, müssen die Mechaniker schneller arbeiten - früher hast du einfach das andere Auto genommen...

MSM-Redakteur Robert Seiwert im Gespräch mit Andre Lotterer, Foto: Jean-Michel Le Meur
MSM-Redakteur Robert Seiwert im Gespräch mit Andre Lotterer, Foto: Jean-Michel Le Meur

Dein Teamkollege Jean-Eric Vergne geht als amtierender Champion an den Start. Ihr hattet bislang eine sehr gute Beziehung zueinander. Könnte sich daran etwas ändern, wenn ihr beide um die Meisterschaft kämpfen solltet?
Andre Lotterer: Manche Leute sagen, dass es schwieriger wird, weil ich mich verbessert habe und er nicht gern der Verlierer ist. Aber wir stehen an zwei unterschiedlichen Punkten unserer Karriere. Meine Welt bricht nicht zusammen, wenn er mich besiegt. Das heißt aber nicht, dass ich nicht motiviert bin, vorne dabei zu sein! Dafür mache ich alles.

Was bedeutet das konkret?
Andre Lotterer: Ich sehe das größere Bild. Jev hat den Titel gewonnen und jetzt auch was in der Tasche. Das nimmt ihm auch ein bisschen Last von den Schultern und ist eine gute Basis, um weiter zusammenzuarbeiten. Ich hoffe, dass ich mich weiter steigern kann, um auch mal vor ihm zu sein. Wir müssen ja weiter schauen, dass wir das Team voranbringen. Die Stimmung ist auf jeden Fall gut!

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