Schnee und England sind eine bedenklich ungünstige Kombination, Foto: Jule Krause
Schnee und England sind eine bedenklich ungünstige Kombination, Foto: Jule Krause

Kennen Sie sie auch? Diese Life-Dokumentation mit dem Thema 'Leben im Mittelalter', 'Technologiebefreit' oder 'Abenteuer Sibirien'? Falls Sie demnächst einmal so etwas erleben möchten, ohne Casting, ohne Kamerateam und Set, dann müssen Sie gar nicht weit reisen oder viel vorbereiten, verbringen Sie doch einfach einmal den 'Winter' in England.

Kein Scherz! In England gibt es zwar mit die besten Formel 1 Teams, Leute wie Ross Brawn oder Adrian Newey sind stolze Aushängeschilder der Nation, es gibt modernste Technologiezentren, der erste Elektromotor wurde in England gebaut und überall sind Hinweisschilder aufgestellt die einem alles erklären, oder eine nette Stimme sagt ihnen 'Bitte halten Sie sich bereit ihren Einkaufswagen von der Rolltreppe zu schieben'. Aber lassen Sie einmal circa 10 Zentimeter Schnee in England fallen und kombinieren Sie diesen mit Null bis -3°C für zwei bis drei Wochen und das gesamte Land ist nicht nur in Panik sondern kommt auch zum Stillstand.

McLaren macht es vor

Die McLaren Crew bekam es ebenso zu spüren. Wenn das Team 2010 nicht konkurrenzfähig ist, dann wissen Sie - es lag am Winter in England! So musste Chefdesigner Andrew Bailey einige seiner Mitarbeiter erst einmal von zu Hause abholen, weil er im Besitz eines Autos mit einer halbwegs winterfesten Ausstattung ist - Allradantrieb. Mark Williams hingegen hatte weniger Glück, er musste sein Auto am Straßenrand stehen lassen und einen 90-Minütigen Fußmarsch zur Arbeit hinnehmen. Andere Mitarbeiter von McLaren kamen Stunden früher zur Arbeit, um Schnee zu räumen und Parkplätze befahrbar zu machen. So viel Einsatzbereitschaft und Disziplin hätte man sich durchaus auch vom Streudienst, der Royal Mail, dem öffentlichen Service oder der Müllabfuhr gewünscht, die seit dem 23. Dezember nur sehr sporadisch Willen zum Dienst zeigten. Nur die Kinder und Studenten hatten Spaß, denn aufgrund des 'Ausnahmezustands' blieben viele Schulen und Unis geschlossen, mehr Zeit zum Rodeln auf Fußwegen und Parkplätzen.

Das Schicke am englischen Winter - alles sieht aus wie auf der Postkarte., Foto: Jule Krause
Das Schicke am englischen Winter - alles sieht aus wie auf der Postkarte., Foto: Jule Krause

Jetzt werden einige sagen 'verständlich', es hat ja ständig geschneit, es war furchtbar kalt und einen Blizzard gab es als Extra obendrauf - stimmt, aber nur auf dem europäischen Festland, nicht in England. Natürlich variiert das ein wenig von Region zu Region, aber an sich gab es nur drei, vier Tage Schnee, verteilt vom 23.12.2009 bis zum 06.01.2010. Das eigentliche Problem ist, dass noch niemand ein Schild erfunden hat wo drauf steht 'Schieben Sie Schnee, dann kommen sie leichter aus ihrer Ausfahrt', oder 'Es empfiehlt sich Salz zu streuen, wenn es glatt ist'. Nein, in England stellt man nur gelbe Schilder mit dem Hinweis 'Vorsicht Rutschgefahr' auf, damit man nicht verklagt werden kann, Schneeräumen ist eher selten.

Obwohl, auch da gibt es regionale Unterschiede - in North Hampshire zum Beispiel ist man mit dem Schneeschieben vertraut und sogar Salz streut der gemeine Engländer dort. Demnach gab es weniger Verkehrschaos, Straßensperren und man konnte sogar Fußwege finden und benutzen, ohne Gefahr zu laufen sich alle Knochen zu brechen. In Buckinghamshire hingegen geht man nach der Devise 'Der Schnee ist von alleine gekommen, er geht auch wieder von alleine'. Da er aber aufgrund der unglaublichen Kälte von -3°C eben nicht gleich ging, blieben die Straßen unbefahrbar, die Fußwege und Stadtzentren entwickelten sich zur Bobbahn, Lieferungen an Supermärkte etc. blieben aus, das Internet verabschiedete sich gern für mehrere Stunden täglich, in manchen Städten gab es obendrein keinen Strom und wo der Schnee so gar nicht gehen wollte, sperrte die Polizei kurzerhand die jeweiligen Autobahnabfahrten, schnitt besagte Städte von der 'Außenwelt' ab und hoffte damit das Verkehrschaos in den Griff zu bekommen, das eigentlich nur entstanden war, weil niemand sich bemüßigt fühlte Räumfahrzeuge auf die Hauptstraßen zu schicken oder Salz, Sand, Splitt zu streuen.

Eine ähnliche Einstellung zum Schneemanagement scheint auch Surrey zu pflegen, das County in dem sich eben Woking befindet. Man darf gespannt sein, mit welchen Werbekampagnen McLaren 2010 so aufwartet, denn Marketing Chef Ekrem Sami, musste auf dem Weg zum Treffen mit einem Sponsor nicht nur sein Auto im Schnee zurücklassen, nein, er erwischte auch noch einen Zug, der mitten im 'tiefsten' Winter Feuer fing. Ob es einer der Virgin-Züge war ist indes nicht bekannt, wenn ja, könnte es schon bald die nächste Wette in der Formel 1 geben. Warum Jenson Button nach Finnland ins Wintercamp zum Training fuhr liegt da auf der Hand, dort kann man den Winter auch mitten im 'Nirgendwo' entspannt genießen und im noch so entferntesten Mökki sein Handy zum Twittern benutzen.

Denken Sie also dran, wenn die Formel 1 Teams mit Sitz in England ihren Launch 2010 nach hinten verschieben, schlechte Rennperformance zeigen, oder Probleme haben alle notwendigen Teile bis zum Saisonstart ausreichend herzustellen, dann haben Sie ein Herz und zeigen Sie Verständnis. England und Schnee lässt sich nämlich genauso gut kombinieren wie Katar und Regen während eines MotoGP-Rennens, glaubt man nicht, soll aber vorkommen...