1. - S wie Startaufstellung

In den ersten beiden Qualifyingsessions sah alles nach dem gewohnten Duell der Titelkandidaten aus. Lewis Hamilton und Felipe Massa schienen die Pole Position in Fuji unter sich auszumachen. Doch dann ging es Schlag auf Schlag: Kimi Räikkönen, Heikki Kovalainen und Fernando Alonso spuckten Massa in die Quali-Suppe. Statt auf der Pole oder wenigstens in der ersten Reihe, landete er nur auf Platz 5.

"Heute war ich der schnellste Mann auf der Strecke, aber leider im falschen Moment", klagte Massa, der vor Q3 erstaunlich schnell war. "Ich bin nicht zufrieden, aber nicht, weil er [Lewis Hamilton] auf Pole steht, sondern weil ich keine gute Runde hatte."

Ganz anders beurteilte Ron Dennis die Runde von Hamilton: "Es ist seine beste Pole Position. Man fährt so eine Zeitverbesserung nicht, wenn man keine perfekte Runde hinlegt." Dabei betonte Hamilton sogar, dass seine Runde eben nicht ganz perfekt gewesen sei, da er in Kurve 13 und am Scheitelpunkt der letzten Kurve etwas Zeit liegen ließ.

Neben Hamilton startet überraschend Kimi Räikkönen aus der ersten Reihe, der zum ersten Mal an diesem Wochenende schneller als sein Teamkollege war und dem deshalb eine leichte Spritladung nachgesagt wird. Trotzdem war der Finne nicht mit dem Handling seines Autos zufrieden. "Das ganze Wochenende haben wir hart gearbeitet, um das beste Setup zu finden, aber wir haben es nicht hundertprozentig hinbekommen."

Kimi Räikkönen muss Lewis Hamilton fordern., Foto: Sutton
Kimi Räikkönen muss Lewis Hamilton fordern., Foto: Sutton

Alex Wurz war vom Ergebnis nicht überrascht. "Dass McLaren das schnellste Auto hat, haben wir schon am Freitag gesehen", verriet er uns. "Es ist aber prekär, dass Felipe Massa erst an fünfter Stelle liegt, da Kimi Räikkönen, Heikki Kovalainen und Fernando Alonso dazwischen stehen. Das ist keine einfache Situation für Ferrari."

Nicht viel einfacher ist die Lage bei BMW Sauber und Nick Heidfeld. "Wir glaubten, dass wir es mit den Prime, also den härteren, Reifen, bis ins Q2 schaffen würden", erklärte Willy Rampf das Dilemma. "Da hätten wir konservativer sein müssen." Denn Heidfeld scheiterte schon im Q1. "Zugrunde lag eine Fehleinschätzung von Team und Fahrer im Hinblick auf die Reifen", bestätigte Mario Theissen. "Im Q1 rauszufliegen ist immer enttäuschend, umso mehr, wenn es so knapp ist", sagte Heidfeld, dem weniger als ein Zehntel auf den rettenden 15. Platz fehlte.

2. - S wie Start

Der Start ist immer eine gefährliche Situation, auch im Trockenen. "Mit 20 Fahrern, die in der ersten Kurve nur eines wollen, kann immer etwas passieren", betont Wurz. Genau das kann sich Hamilton nicht erlauben, einen Unfall in der ersten Kurve, einen unplanmäßigen Boxenstopp, einen Rückfall oder gar einen Ausfall.

"Wir wollen alle gut in die erste Kurve", sagt der Brite. "Ich muss es machen wie immer; einen guten Start und dann als Erster in Kurve eins. Ich muss aber vernünftig sein. Ich darf niemandem die Tür zuschlagen und darf keine Risiken nehmen." Gleichzeitig betont er: "Aber ich fahre auch, um zu siegen."

Die Gefahr eines Unfalls ist durchaus gegeben. "Es ist immer schwierig wenn man da mittendrin steht", weiß Timo Glock. "Der Run zur ersten Kurve ist auch relativ lang und ich hoffe, dass wir gut durch die erste Kurve kommen." Felipe Massa wünscht sich da etwas mehr. "Kurve eins ist ähnlich wie am Hungaroring, also hoffe ich, einen ähnlich guten Start machen zu können wie dort." In Ungarn überholte er gleich beide McLaren und ging in Führung.

3. - S wie Schlüsselstelle

Der Fuji Speedway kombiniert eine Reihe langsamer Kurven mit einer ultralangen Zielgeraden, die zu Überholmanövern einladen soll. Die Teams müssen daher einen guten Set-up-Kompromiss finden, der eine hohe Geschwindigkeit auf der Gerade mit gutem Grip in den langsamen Sektionen verbindet. Vor diesem Hintergrund sind auch der mechanische Grip sowie das Motorcharakteristik bei niedrigen Drehzahlen wichtige Faktoren für eine gute Rundenzeit.

"Wenn wir überholen können, werden wir alles geben", kündigte Massa an, der Überholmanöver sehr wohl für möglich hält. "Es geht besser als auf vielen anderen Strecken. Klar, es ist immer schwierig, aber es sollte hier besser gehen." Ron Dennis sieht das ein bisschen anders. "Die Pole ist hier sehr wichtig, weil es ein kritischer Zeitpunkt in der Saison ist und überholen auf dieser Strecke sehr schwierig ist. So ein Rennen kontrolliert man von der Spitze."

4. - S wie Setup

Chassis Die Kurven auf dem umgebauten Fuji Speedway sind eher langsam, sodass der mechanische Grip eine Schlüsselrolle spielt. Die Teams setzen daher auf eine eher "weiche" Abstimmung. Auf der anderen Seite verlangen die für die Rundenzeit wichtigen engen Kehren nach schnellen Richtungswechseln. Deshalb wird die Vorderachse etwas steifer abgestimmt. Ein bedeutender Parameter ist die Traktion, denn wer aus Kurve 16 nicht optimal beschleunigt, wird auf der langen Geraden oder beim Anbremsen von Turn 1 zur leichten Beute der Gegner. Der ebene Fahrbahnbelag erlaubt eine geringe Bodenfreiheit, ein Aufsetzen der Autos ist so gut wie kein Thema.

Aerodynamik Das Abtriebsniveau wird maßgeblich vom Umbau des Kurses bestimmt, der dem allgemeinen Trend zu langsamen Kurven und langen Geraden folgte. Das bedeutet: Die Teams müssen Downforce (und damit Rundenzeit) opfern, damit sie auf der Geraden Topspeeds erzielen, die ausreichen, Gegner zu überholen oder die eigene Position zu verteidigen. Da die Autos damit in den kurvigen Streckenabschnitten weniger Abtrieb besitzen als eigentlich wünschenswert, kommt dem mechanischen Grip umso größere Bedeutung zu.

Die Strecke weist nur zwei mittelschnelle bis schnelle Kurven auf: Turn 3 und die lang gezogenen 180-Grad-Rechtskurve, die aus den Turns 4 und 5 besteht. Gerade in dieser Kombination leiden die Autos unter massivem Untersteuern. Die Aufgabe der Fahrer und Ingenieure ist es, dieses Untersteuern zu bekämpfen, ohne dabei die Performance in den langsamen Passagen zu beeinträchtigen.

Diesmal muss bei den Boxenstopps alles klappen., Foto: Sutton
Diesmal muss bei den Boxenstopps alles klappen., Foto: Sutton

Motor Von der Gesamtbelastung her gesehen, stellt Fuji die V8-Triebwerke vor keine besondere Aufgabe - nur 53 Prozent einer Runde sind die Drosselklappen voll geöffnet. Auf der langen Geraden geben die Fahrer aber mehr als 17 Sekunden lang Vollgas, was die beweglichen Teile im Motor stark beansprucht. Für fast alle anderen Streckenteile stehen dagegen die Leistung und Drehmoment bei langsamen Drehzahlen im Vordergrund. Dazu muss das Motorenmapping einen sanften Gaseinsatz ermöglichen, damit das Auto auch dann stabil bleibt, wenn die Piloten im letzten Sektor beim Einlenken und Bremsen gleichzeitig herunterschalten.

5. - S wie Strategie

Urplötzlich war Kimi Räikkönen schneller als Felipe Massa. Die Schlussfolgerung war einfach: der Finne ist leichter. "Natürlich schauen alle auf die Strategie, aber ich hätte eine bessere Runde fahren können", betonte Massa. Trotzdem sind sich die meisten Fahrer und Experten einig: Räikkönen ist leichter als die anderen. "Er war darauf angesetzt, auf die Pole zu fahren", meint Wurz. "Diese Rechnung ist jedoch nicht aufgegangen, weil McLaren hier sauschnell ist."

Auch Nick Heidfeld sieht das so. "Für mich sah es so aus, als ob Ferrari Kimi auf Pole setzen wollte." Viel mehr hat Heidfeld die Steigerung von Hamilton erstaunt. "Sie war enorm und ohne sie hätte Ferrari eine schöne Strategie spielen können." Zumindest im Fall Räikkönen erwartet Mario Theissen, dass das Erstaunen sich legt, wenn getankt wird. "Warten wir ab, wer mit welcher Strategie unterwegs ist."

Heidfeld hält sowohl ein als auch zwei Stopps für möglich. "Ein Stopp ist möglich, das haben letztes Jahr viele gemacht", erinnert er sich. Gerade bei den Autos im Mittelfeld und am Ende rechnet er mit vielen Einstoppern. Diese könnten jedoch Probleme mit den Reifen bekommen. "Alle werden es schwer haben, die Reifen konstant zu halten", sagt Sebastian Vettel. Vor allem die Hinterreifen werden durch die Beschleunigungsvorgänge hart gefordert. "Bei einem Stopp werden die Reifen viel mehr belastet und die Temperaturen im Reifen sind höher." Die Simulationsergebnisse seien laut Vettel eindeutig: "Sie zeigen, dass ein Stopp nicht optimal ist. Es rechnet sich nicht."

6. - S wie Sonntagswetter

Auf rund 20 Prozent beziffert Ron Dennis das Regenrisiko für den Sonntagnachmittag in Fuji. Auch Mario Theissen geht davon aus, dass es trocken bleiben wird. Alle Fahrer und Teams, die weit hinten stehen, werden dennoch auf Regen hoffen. Entweder weil sie durch das Chaos nach vorne kommen können und ohne Regen wohl kaum Safety-Car-Phasen zu erwarten sind, oder weil ihr Auto im Nassen besonders gut läuft. "Im Nassen sind wir sehr gut zurechtgekommen", erinnert Heidfeld an das gute 3. Training. "aber die Chancen, dass es im Rennen regnet, sind laut Vorhersage praktisch null."

7. - S wie Spannung

Ohne Regen erwartet Willy Rampf ein typisches Strategierennen. "Es wird ein konstantes, voraus planbares Rennen", glaubt er. Alex Wurz stimmt dem nicht zu. "Die Formel 1 schreibt schnell mal verrückte Geschichten", macht er Hoffnung. "Deshalb darf man sich nie ausruhen. Wer aufsteht und nur ein langweiliges Rennen erwartet, könnte falsch liegen."

Trotzdem gibt Wurz zu, dass es einen Hamilton-Alleingang geben könnte. "Den Speed dazu hat er." Das sieht Nico Rosberg genauso. "Lewis wird das Ding von eins schon gewinnen - außer Räikkönen spricht da noch ein Wörtchen mit." Das würde Felipe Massa gefallen, der aber selbst ein Wörtchen mitreden möchte. "Ich stand beim letzten Rennen auf der Pole und wir haben trotzdem keine Punkte geholt", erinnert er. "Heute ist das Ergebnis vielleicht nicht so toll, das bedeutet aber nicht, dass es morgen genauso sein muss. Erst am Ende des Rennens wird abgerechnet, ob wir gute oder schlechte Arbeit abgeliefert haben."