Es war ein Freitag im Jahr 2006. Genau genommen der 25. August besagten Jahres. Zum ersten Mal in seinem Leben nahm ein junger Formel 3-Pilot an einem Formel 1-Rennwochenende teil. Ja, es war nur als Freitagstester. Ja, es war nur im Freien Training. Aber ja, nur ganz Große beginnen ihre Karriere im F1-Blickfeld mit einer Freitagsbestzeit - noch vor Michael Schumacher. Genau das tat Sebastian Vettel. Seit jenem Freitag in Istanbul hat sich viel verändert. Michael Schumacher ist zurückgetreten und hinterließ einen leeren Platz in F1-Deutschland. Jetzt wagte es jemand, sich auf diesen Thron zu setzen. Alles Vettel, oder was?

"Es war ein fantastisches Rennen, ein fantastisches Wochenende mit der Pole und einer fantastischen Strategie", freute sich Sebastian Vettel über einen fantastischen Sonntag, schließlich hat er es mittlerweile vom Freitags- bis zum Sonntagsfahrer gebracht. "Es war der beste Tag in meinem Leben. Ich werde diese Gefühle niemals vergessen. Ich konnte es nicht glauben, dass die Boxentafel jede Runde aufs Neue P1 zeigte." Alles Vettel, oder was?

Vettel wurde zum 101. Grand Prix-Sieger der F1-Geschichte. Nach Robert Kubica und Heikki Kovalainen ist er der dritte neue Gewinner in diesem Jahr. Eigentlich war ja Nick Vettel auf diesen Posten scharf. Doch das klappte bislang noch nicht. Entsprechend war er schon ein wenig überrascht, dass nun sogar Sebastian Vettel im Toro Rosso vor ihm zum GP-Sieger wurde. "Gestern die Pole war schon sensationell", gestand Nick, "heute hätten wir nicht damit gerechnet, dass ein Toro Rosso hier gewinnen kann - zumindest im Trockenen. Bei nassen Bedingungen lief sein Auto anscheinend sehr gut. Sensationell, jüngster GP-Sieger aller Zeiten, also Gratulation." Alles Vettel, oder was?

Sebastian Vettel ist jetzt der einzige aktive deutsche GP-Sieger., Foto: Sutton
Sebastian Vettel ist jetzt der einzige aktive deutsche GP-Sieger., Foto: Sutton

Nico Vettel schwebte ob des Sieges seines jungen Landsmannes auch nicht gerade auf Wolke sieben. Immerhin hatte er in Monza zum ersten Mal seit langer Zeit mal wieder die Chance auf ein gutes Ergebnis, was sich so schnell wohl nicht wiederholen wird. Doch er nutzte sie nicht. "Ich ärgere mich, denn ein paar Punkte wären schon drin gewesen", sagte Nico und fügte hinzu: "Das ist natürlich toll. Ich gratuliere ihm. Er hat ein tolles Wochenende gefahren. Schön für ihn." Alles Vettel, oder was?

Timo Vettel ärgerte sich viel mehr über einen Briten als über seinen Landsmann. Lewis Hamilton drängte ihn ins Gras. Ansonsten sah er das Rennen schon im Qualifying verloren. "Weil wir so weit hinten gestanden sind, waren die ersten zehn Runden reiner Blindflug. Da hatten wir schon die meiste Zeit auf die Top-3 und speziell auf Sebastian verloren." Was Vettel jetzt erwartet, kann sich Timo nach seinem Unfall in Hockenheim und Platz 2 in Budapest vorstellen. Er verzichtet gerne auf den vielen Medienrummel. Das wird er für die nächste Zeit auch müssen. Alles Vettel, oder was?

Adrian Vettels Tag hatte nun wirklich rein gar nichts mit Sebstians großem Tag gemeinsam. "Das war wirklich nicht unser bestes Rennen", bilanzierte er und klagte über fehlenden Grip im ersten Regenreifensatz, fehlenden Grip auf abtrocknender Strecke auf dem zweiten Regenreifensatz, Vibrationen an den Vorderreifen und einen zu frühen Wechsel auf Slicks. "Es war ein Rennen zum Vergessen." Aber nur für ihn. Nicht für Sebastian, der diesen Tag nie im Leben vergessen will und wird. Aber hatte Adrian zu viele Probleme, um über Sebastian zu sprechen? Kein Problem. Sein Teambesitzer ist ja auch noch da: "Es ist sehr schön zu sehen, dass ein unabhängiges Team gewinnen kann", freute sich Vijay Mallya. "Toro Rosso und Vettel sind dadurch eine Inspiration für uns." Alles Vettel, oder was?