1. - S wie Startaufstellung

Wenn der Zweite breiter grinst als der Pole-Mann kann das nur zwei Gründe haben: er ist der eigentliche Überraschungsmann oder Kimi Räikkönen steht auf der Pole. In Barcelona traf beides auf einmal zu: Räikkönen angelte sich in letzter Sekunde seine erste Saison-Pole, aber der Mann des Tages war Ex-Champion Fernando Alonso. Ausgerechnet vor heimischer Kulisse meldete er sich an der Spitze zurück - zumindest für einen Tag.

"Damit hatten wir überhaupt nicht gerechnet", jubelte Alonso. "Weder bei diesem Rennen noch in dieser Saison - ich könnte kaum glücklicher sein." Dennoch bleibt er realistisch: "Ich denke, der zweite Startplatz ist etwas irreal, denn wir haben vielleicht etwas weniger Benzin als der Rest. Wir sind nicht plötzlich zwischen den beiden Ferrari."

Denn hinter Räikkönen und Alonso landete ein enttäuschter Felipe Massa auf Startplatz 3. Die zweite Reihe komplettiert Robert Kubica. Erst dahinter finden sich die beiden Silberpfeilpiloten ein. "Wir sind natürlich mit platz fünf und sechs nicht zufrieden", gestand Heikki Kovalainen. "Nicht ich, nicht Lewis und sonst auch niemand im Team." Dem schloss sich Lewis Hamilton an: "Wir schienen auf einer Runde schnell zu sein, aber ich bin schockiert und erstaunt, dass wir mit viel Benzin nicht die Pace hatten."

Für Nick Heidfeld reichte es als bester Deutscher nur zu Startplatz 9. "Ich glaube aber, sie haben sich heute zu weit aus dem Fenster gelehnt, weil sie ständig mit den harten Reifen gefahren sind", analysierte Alex Wurz. "In Q2 war Heidfeld noch mit dem harten Reifen draußen und dann hat er Glück gehabt, dass ihn die FIA nicht zum Wiegen oder so aufgehalten hat, damit er sich mit dem Option-Reifen dann doch noch qualifizieren konnte." Der BMW-Sauber-Pilot klagte zudem über Balanceprobleme.

2. - S wie Start

Alonso durfte sich endlich wieder feiern lassen., Foto: Sutton
Alonso durfte sich endlich wieder feiern lassen., Foto: Sutton

Fernando Alonso wird sich die Startautomatik eines seiner Weltmeister-Renault zurückwünschen: mit einem solchen Raketenstart könnte er im Rennen dem Wunder von Montmelo einen Tick näher rücken und beim Erlöschen der Ampeln an Räikkönen vorbeischießen. "Wenn Kimi in der ersten Kurve vorne ist, dann wird er wegziehen und das war es dann für das Rennen", glaubt Hamilton.

Der Brite selbst rechnet nicht damit, dass er im dichten Verkehr in der ersten Kurve in Schwierigkeiten geraten könnte. "Es sollte kein großes Problem sein. Man ist hier mit professionellen Fahrern unterwegs, die alle ins Ziel kommen wollen", glaubt oder hofft er. "Wir müssen sicherstellen, dass wir einen guten Start haben und zu Beginn ein paar Plätze gutmachen."

Wie das klappen soll verrät Sebastian Vettel: "Das Wichtigste beim Start ist, dass die Hinterreifen auf Temperatur kommen", so der Toro Rosso-Pilot. "Sie brauchen viel Haftung. Beim Start warte ich, bis alle Ampeln an sind, dann hebe ich die Drehzahl, lege den Gang ein und blicke nur noch auf die roten Lichter. Sobald die Ampeln ausgehen, lasse ich die Kupplung los und es wird hoffentlich ein guter Start." Wenn nicht, merkt er das sofort. "Je nachdem muss ich dann ausweichen, andere überholen oder vorbeiziehen lassen." Eine Strategie überlegt er sich am Abend davor oder am Sonntagvormittag schon einmal. "Aber letztlich ist es unmöglich, eine Taktik festzulegen - besonders im Mittelfeld kann alles passieren."

3. - S wie Schlüsselstellen

Die Strecke gilt als echte Prüfung für die Aerodynamik eines Autos, da sie viele lang gezogene schnelle und mittelschnelle Kurven aufweist, in denen sich die aerodynamische Stabilität und Balance des Boliden zeigt. Mit nur wenigen nennenswerten Bremszonen und vielen schnellen Ecken bietet der Circuit de Catalunya kaum Überholmöglichkeiten. Eine gute Ergebnis im Qualifying und eine ausgeklügelte Strategie sind daher unerlässlich für ein erfolgreiches Wochenende.

"Überholen ist hier eine echte Herausforderung", sagt Jenson Button. "Die beste Stelle ist vor Kurve eins", meint Kovalainen. "Ausgangs der engen Schikane und über die Start-Ziel-Gerade sollte man sich im Windschatten des vorausfahrenden Autos ansaugen und beim Bremsen überholen." Das sieht auch Button so, der jedoch anmerkt: "Es ist sehr schwierig. Ein kleiner Fehler in der Schikane kann dich viel Zeit kosten." Weitere Überholmöglichkeiten, wenn auch etwas schwierigere, gibt es vor Kurve fünf und vor Kurve zehn, falls man Kurve neun gut erwischen sollte.

4. - S wie Setup

Kaum einen Kurs kennen die Teams so gut wie den Circuit de Catalunya - nicht umsonst wird er Paradeteststrecke genannt. Dennoch müssen die Fahrer und Ingenieure pausenlos am Setup feilen: der ständig drehende Wind kann die Testergebnisse schnell auf den Kopf stellen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der aerodynamischen Effizienz. Die Teams tendieren trotz der langen Geraden zu hohen Abtriebswerten, um über die gesamte Runde betrachtet Vorteile zu haben.

BMW Sauber liegt derzeit vor McLaren., Foto: Sutton
BMW Sauber liegt derzeit vor McLaren., Foto: Sutton

Bei der Abstimmung der Aufhängungselemente geht es darum, den Fahrern ein gut ausbalanciertes, schnell ansprechendes Fahrzeug an die Hand zu geben. Die Vorderachse wird deshalb eher steifer abgestimmt als üblich, was präzisere Richtungswechsel ermöglicht. Ein im Vergleich zu anderen Strecken weicheres Setup der Hinterachse optimiert die Traktion beim Beschleunigen aus langsamen Kehren. Dieser Punkt gewinnt durch das Verbot der Traktionskontrolle in diesem Jahr nochmals an Bedeutung. Auch die Bodenfreiheit muss akribisch genau eingestellt werden. Dank des sehr ebenen Fahrbahnbelags werden die Boliden gewöhnlich relativ tief gelegt, was wiederum der aerodynamischen Performance zugute kommt.

In Barcelona gilt die Spitzenleistung der Motoren nicht als wichtigster Parameter, die Achtzylinder werden hier nicht ungewöhnlich stark gefordert. Die Drosselklappen der V8-Motoren sind nur etwa auf 62 Prozent einer Runde voll geöffnet. Es gibt nur wenige harte Beschleunigungsphasen aus niedrigen Drehzahlen. Das Hauptaugenmerk liegt auf einer progressiven Kraftentfaltung und guten Fahrbarkeit. Beides trägt zu ausgewogenem Handling, stabiler Balance und kontrolliertem Reifenverschleiß bei.

Der Circuit de Catalunya ist berüchtigt als Reifen mordender Kurs. Das liegt zum einen an den langen schnellen Kurven, die die Reifen ungewöhnlich lange und intensiv belasten. Besonders der linke vordere Pneu muss im Lauf der zahlreichen schnellen Rechtskurven wie Turn 3 und Turn 9 hohe Kräfte aufnehmen. Hinzu kommt die überdurchschnittlich raue Asphaltoberfläche. Abrieb und Konstanz der Reifen über längere Distanzen werden deshalb in den Trainingssitzungen genau untersucht. Ziel ist es, jenen Pneu (und die passende Abstimmung) zu finden, der auch einen langen Rennabschnitt durchhält. Aus den vier für die ganze Saison vorbereiteten Gummimischungen stellt Bridgestone für Barcelona die beiden härtesten Optionen (Hard und Medium) zur Verfügung.

5. - S wie Strategie

Wie vor jedem Rennen gilt es eine entscheidende Frage zu klären: wer stoppt wie oft und vor allem wann? "Aufgrund der vielen Highspeed-Kurven tendieren die Teams zu einer Zweistoppstrategie", glaubt Sam Michael. Nichtsdestotrotz werden es sicher einige auch mit einer Einstoppstrategie versuchen. Nick Heidfeld dürfte zumindest ein Anwärter auf einen späten ersten Stopp sein.

"Er hat eine gute Strategie für morgen", sagt Willy Rampf noch voll im PR-Modus, fügt dann aber hinzu: "Dabei wird es jedoch entscheidend sein, dass er einen guten Start hinlegt und nicht allzu viel Zeit im Verkehr verliert." Fahrer und Motorsportdirektor wollten sich wie immer nicht zur Strategie äußern. Dafür allerdings zu jener von Fernando Alonso: "Wir haben dieses Jahr schon einige überrascht, warum soll Alonso nicht auch mal dran sein?", fragte Mario Theissen. "Ich gehe aber schon davon aus, dass Alonso etwas früher zum Tanken hereinkommt."

Das Bauchgefühl von Alex Wurz stimmt Theissen zu, Widerstand gibt es jedoch im eigenen Team: "Ich glaube nicht, dass er allzu leicht ist", sagte Christian klien. "Sie haben sich beim letzten Test verbessert. Außerdem kam es ihm zugute, dass alle Fahrer so eng beisammen liegen. Dann kann er als Fahrer auch ein, zwei Zehntel herausholen."

Kann Kimi Räikkönen dem Feld enteilen?, Foto: Sutton
Kann Kimi Räikkönen dem Feld enteilen?, Foto: Sutton

Der große Abstand zu seinem Teamkollegen Nelsinho Piquet würde für ein leichteres Auto sprechen. "Man muss nur die Zeiten anschauen und dann seine Schlüsse daraus ziehen", hielt sich der Brasilianer bedeckt. Ganz anders sein Chefingenieur Pat Symonds, der offen gestand: "Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass Fernando und Nelson nicht mit der gleichen Strategie unterwegs sind." Der Grund für die zweigleisige Strategie ist offensichtlich: "Nelson muss noch lernen, muss noch Rennerfahrung sammeln und deshalb ist es vielleicht das Beste, nicht allzu aggressiv zu sein." Alonso muss hingegen seinen Fans etwas beweisen - und auf der Strecke nicht mehr ganz so viel lernen...

6. - S wie Sonntagswetter

"Wenn man 10 km/h langsamer ist, kann man nur noch auf Regen hoffen", beschreibt Christian Klien die Wichtigkeit eines guten Topspeeds auf der langen Start- und Zielgeraden. Den Gefallen wird der Wettergott den Piloten jedoch nicht tun: für den Renntag sind Temperaturen zwischen 18 und 21 Grad angekündigt. Das Niederschlagsrisiko beträgt satte null Prozent. Nur das Windrädchen wird weiter munter hin und herdrehen - angesichts der festgeschriebenen Getriebeübersetzungen könnte das noch Auswirkungen haben.

7. - S wie Spannung

Überraschend einig sind sich die Vertreter der Teams und die Experten bei der Wahl eines Favoriten: "Ferrari ist immer noch zwei, drei Zehntel vor uns - gerade in der Rennpace sind sie stark", prophezeit Klien. "Ferrari fährt mit dem Finger in der Nase vorneweg", glaubt Christian Danner. "Auf einer Runde haben sie Schwierigkeiten, aber auf Long Runs werden sie immer noch schneller." Von der Papierform sieht auch Alex Wurz einen Vorteil bei Räikkönen und Massa.

Dahinter sehen Wurz und Danner den gleichen Verfolger: Robert Kubica. "Er ist in der besten Position, wieder auf das Podium zu fahren", glaubt Wurz. "Mit einer aggressiven Zweistoppstrategie könnte Alonso realistische Chancen haben, Vierter oder Fünfter zu werden", zeigt Danner die Chancen des Lokalhelden auf. Auch Klien rechnet nicht damit, dass Alonsos Rennpace mit seiner Qualifyingperformance mithalten kann. "Sie ist ganz sicher nicht so stark wie heute."

Damit rechnet nicht einmal der Spanier selbst. "Wenn ich Sechster würde, wäre das ein Traum", sagt er. "Wenn ich mir ansehe, dass ich im vorigen Rennen um Rang zehn gekämpft habe. Es wäre ein großer Sprung." Den hat auch Lewis Hamilton vor sich. Sein Optimismus hält sich jedoch in Grenzen. "Man kann nur mitfahren und hoffen, dass man länger draußen bleibt. Ich glaube aber, dass wir eine gute Strategie haben und die Pace auf dem Longrun. Wir haben die Chance auf das Podest."

Dafür muss Hamilton aber an seinem ehemaligen Teamkollegen Alonso vorbei. "Ich bin sehr gespannt darauf, wer im Ziel die Nase vorne hat: die zwei McLaren-Piloten oder Alonso", sagt Wurz. "Das ist ein sehr emotionaler Kampf, den ich mit einem Lächeln beobachten werde. Ich denke, es geht sich für Alonso aus."