1. - S wie Startaufstellung

Probleme über Probleme hatten die Top-Piloten im Qualifying. Trotzdem stehen alle Vier wieder einmal auf den ersten vier Startplätzen. Am besten meisterte Kimi Räikkönen die Herausforderung. "Es war gut, aber im letzten Qualifying fühlte sich das Auto nicht mehr so an wie vorher." Räikkönen vermutet ein Problem mit dem Heck. "Es hat sich nicht angefühlt, wie es sollte, es war zu weich." Bis zum Rennen will man dem auf den Grund gehen. Zur Pole reichte es auch mit dem Problem.

Größere Probleme hatte sein Teamkollege Felipe Massa. Er verbremste sich mehrmals in der Schikane, auch auf seiner schnellsten Runde. "Ich wäre beinahe auf die Pole gefahren." Allerdings blockierten seine Räder in der letzten Schikane. "Dadurch verlor ich ein bisschen Zeit, das hat mich vielleicht etwas gekostet. Möglicherweise war ich etwas übereifrig und wollte zu viel herausholen." Trotzdem reichte es zu Platz 2 und der ersten Ferrari Doppel-Pole des Jahres.

Noch schlimmer erging es Fernando Alonso. Er drehte sich bei seinem ersten Qualifyingversuch und hatte so nur noch eine Möglichkeit, eine schnelle Zeit zu fahren. "Meine letzte schnelle Runde war in Ordnung - glücklicherweise, denn nach meinem Dreher davor war ich etwas besorgt", sagte der Spanier. "Meine Reifen verloren für einen Moment den Grip, und schon war es passiert." Nur Lewis Hamilton blieb fast von Problemen verschont. "Ich habe einfach ein bisschen Zeit im Mittelsektor verloren. Wahrscheinlich, weil ich den BMWs zu Nahe gekommen bin." Mehr als Platz 4 war nicht drin. Für Robert Kubica und Giancarlo Fisichella ging es nach dem Qualifying weiter nach hinten. Kubica wusste es schon vorher. Er wechselte den Motor und muss 10 Plätze zurück. Fisichella wechselte das Aggregat erst nach dem Qualifying. Seine Strafversetzung bringt ihn ganz ans Ende des Feldes.

2. - S wie Start

1998 kam es in La Source zum großen Knall, Foto: Sutton
1998 kam es in La Source zum großen Knall, Foto: Sutton

Wie so oft spielt der Start auch in Spa-Francorchamps eine entscheidende Rolle. "Es wird ein spannendes Rennen", glaubt Lewis Hamilton. "Schon bei der Anfahrt zur ersten Kurve kann viel geschehen und auf der langen Geraden nach Eau Rouge ist Überholen möglich." Eins spielt dabei keine so große Rolle: "Mein Startplatz ist auf der sauberen Seite", sagt Nick Heidfeld. "Das macht hier in Spa zwar keinen allzu großen Unterschied, könnte aber wenigstens ein kleiner Vorteil sein." Wenn in der ersten Kurve nichts passiert. Wir erinnern uns an den größten Massencrash der F1-Geschichte anno 1998 in eben jener La Source.

3. - S wie Schlüsselstellen

Spa-Francorchamps wird gerne als Achterbahn bezeichnet. Es ist eine der letzten altehrwürdigen Naturstrecken, Highspeed-Geraden mit Geschwindigkeiten über 320 km/h ebenso aufweist wie Haarnadel-Kurven, die mit 70 km/h durchfahren werden. Über allem steht dabei die legendäre Passage "Eau Rouge". Auch wenn diese Kurve ebenso wie der extrem schnelle Linksknick "Blanchimont" keine so große Herausforderung mehr ist wie einst, stellen beide und auch Abschnitte wie "Pouhon" unverändert hohe Ansprüche an das fahrerische Können.

4. - S wie Setup

Das Chassis wird in Spa-Francorchamps besonders beansprucht. Die Fahrer erzielen hohe Durchschnittsgeschwindigkeiten, die aerodynamischen Lasten sind lang und anhaltend. Auch in puncto Handling werden die Monoposti bis ans Limit getrieben. Spa weist auch mehrere Hochgeschwindigkeitskurven aus, sogenannte "aerodynamische Kurven". Lediglich Turn 6 und Turn 19 werden mit weniger als 150 km/h durchfahren. Unter normalen Umständen würden die Teams daher mit verhältnismäßig hohen Abtriebswerten fahren, um den Grip in den schnellen Ecken zu maximieren.

Spa-Francorchamps verlangt allerdings aufgrund seiner beiden sehr langen Geraden nach einer anderen Herangehensweise. Auf ihnen kommt es auf eine gute Höchstgeschwindigkeit an, damit ein Fahrer seine Position verteidigen bzw. einen Kontrahenten angreifen kann. In der Konsequenz bedeutet dies, dass die Teams mit vergleichbaren Downforce-Levels fahren wie bei den Läufen in Indianapolis und Montreal. Der Schlüssel zum Erfolg liegt daher in einer guten aerodynamischen Effizienz, bei der maximaler Abtrieb bei minimalem Luftwiderstand erzielt wird.

Eau Rouge ist mit den V8 keine große Herausforderung mehr., Foto: Sutton
Eau Rouge ist mit den V8 keine große Herausforderung mehr., Foto: Sutton

In puncto Fahrwerk tendieren die Teams zu einer eher straffen Abstimmung, um eine hohe aerodynamische Performance in den Highspeed-Passagen und gute Richtungswechsel in den schnellen Schikanen zu ermöglichen. Gleichzeitig ist es allerdings auch eine gute Beschleunigung aus der Schikane vor Start und Ziel sowie der "La Source"-Haarnadel wichtig. Wer hier nicht gut aus den Ecken kommt, begibt sich in Gefahr beim Anbremsen der nächsten Kurve überholt zu werden. Auch für die Reifen stellt Spa eine besondere Herausforderung dar. Kaum verwunderlich, dass Bridgestone seinen Partnern die beiden härtesten Mischungen aus dem Sortiment anbietet.

Die Bodenfreiheit wird maßgeblich von der Kompression in der legendären "Eau Rouge" diktiert. Vom Beginn der Kurve in der Senke bis zur Ausfahrt am Ende des Anstiegs kann sich die Bodenfreiheit des Wagens um bis zu 25 Millimeter verändern. Wenn der Unterboden zu stark aufsetzt, kann es passieren, dass der Fahrer die Kontrolle verliert. Mit den neuen V8-Motoren und den geltenden Aerodynamik-Bestimmungen können die Fahrer die "Eau Rouge" inzwischen voll mit rund 300 km/h nehmen. Bis zum Kurvenausgang sinkt die Geschwindigkeit auf rund 209 km/h. Wichtig ist, soviel Schwung wie möglich auf die folgende lange Gerade mitzunehmen, um bei der Anfahrt auf "Les Combes" seine Position halten oder sogar angreifen zu können.

Gemeinsam mit Monza handelt es sich bei Spa-Francorchamps um die anspruchvollste Motoren-Strecke. Die neue Generation der V8-Triebwerke gibt am kommenden Wochenende ihr Debüt auf der Ardennen-Achterbahn. Die gemeinsamen Testfahrten im Juli waren daher für alle Teams äußerst wertvoll. Die Aggregate werden in Spa überdurchschnittlich beansprucht. 73 Prozent einer Runde arbeiten sie unter Volllast (lediglich Monza mit 77 Prozent weist einen höheren Anteil auf). Darüber hinaus laufen die Triebwerke in Spa gleich zwei Mal für mehr als 20 Sekunden mit voll geöffneten Drosselklappen. Vor allem die rund 23 Sekunden dauernde Passage von "La Source" bis "Les Combes" setzt die Motoren und ihre Nebenaggregate mit der Senke und dem Anstieg durch "Eau Rouge" hohen Fliehkräften aus. Vor diesem Hintergrund schenken die Ingenieure dem Ölkreislauf besondere Aufmerksamkeit, der auch unter diesen extremen Lasten eine optimale Schmierung gewährleisten muss.

5. - S wie Strategie

"Zur Spritmenge kann ich wie immer nichts sagen." Das ist nichts Neues. Doch über die Strategie und Reifen konnte Nick Heidfeld sehr offen sprechen: "Ich denke, die Mehrheit wird hier mit Zwei-Stopp-Strategien antreten. Für uns kommt die Ein-Stopp-Variante nicht in Frage, weil die weicheren Reifen das hier nicht zulassen." Sie bauen nach einer Runde schon stark ab. "Nach einer Flaute kommt dann zwar noch einmal eine Phase, in der sie wieder mehr Haftung bieten, aber bei einer Ein-Stopp-Strategie kommt ja auch noch ein relativ hohes Fahrzeuggewicht hinzu. Allzu lang mit den "Option" zu fahren, bringt hier für uns wahrscheinlich nichts."

Auch die Boxenstopps werden wieder entscheidend sein., Foto: Sutton
Auch die Boxenstopps werden wieder entscheidend sein., Foto: Sutton

Mit knapp über 7 Kilometer ist Spa der längste Kurs im Kalender, gleichzeitig wirkt sich jedes durch Treibstoff verursachte Mehrgewicht besonders stark auf die Rundenzeit aus. Vor dem Hintergrund der geltenden Qualifying-Regeln kann sich ein niedriger Benzinverbrauch daher als großer Vorteil erweisen. Andererseits erscheint eine Einstoppstrategie nicht nur wegen der Reifen wenig sinnvoll. Kimi Räikkönen hält sie dennoch für möglich. "Vielleicht wird es jemand ausprobieren, vielleicht nicht."

Nico Rosberg stellte in Bezug auf die Reifen fest, dass die Strecke immer besser wurde, je mehr Gummi lag. "Wenn wir die Strategie gut ausspielen, können wir vielleicht etwas erreichen", glaubt er. Mit seiner Strategie ist Rosberg jedenfalls zufrieden. Das gilt auch für Heidfeld, der zwar nichts über seine Spritmenge verraten wollte, aber diesen Hinweis gab: "Der Sprit ist das Entscheidende." Und auch Norbert Haug spielte auf das Benzin von Fernando Alonso an. "Vielleicht ist die Zeit sogar mehr wert als die Pole Position, wir werden es morgen sehen."

6. - S wie Sonntagswetter

Ein Rennwochenende in Spa-Francorchamps ohne Regen erscheint undenkbar. Da es am Freitag und Samstag trocken blieb, muss es erfahrungsgemäß am Sonntag im Rennen mindestens einmal nass werden. Die Wetterfrösche scheinen jedoch nichts mit Spa-Erfahrungen anfangen zu können. Sie sagen leichte Bewölkung und Temperaturen zwischen 8 und 17 Grad voraus. Das Regenrisiko beziffern sie am Morgen mit fünf, am Nachmittag mit null Prozent. Aber wer glaubt in Spa schon den Wetterfröschen? Hier ist alles möglich - auch ein Regenchaos wie am Nürburgring.

7. - S wie Spannung

Die Konstrukteurs-WM mag, vorbehaltlich eines möglichen Einspruchs von McLaren, entschieden sein, aber die Fahrer-WM steuert auf ihren Höhepunkt zu. Alle vier Topfahrer stehen vorne, die beiden WM-Führenden stehen in umgekehrter Reihenfolge zur WM-Wertung nebeneinander in Reihe 2. "Es sollte ein guter Grand Prix werden", prophezeite uns Formel 3-Pilot Maro Engel. "Ich bin gespannt, wie lange Ferrari und McLaren fahren werden. Alonso scheint schnell zu sein, er hatte auch Glück, hat es aber gut gemacht, das Auto gut abgefangen."

Aber nicht nur an der Spitze geht es eng zu. "Toyota war in den Trainings am Freitag relativ schnell, BMW scheint jetzt aber wieder klar die 3. Kraft zu sein", glaubt Engel. "Ich erwarte nicht, dass Toyota auf das Podium fährt, wenn vorne nichts passiert." Das ist in Spa allerdings immer drin - nicht nur wegen des Wetters; auch die erste Kurve und der Defektteufel können ihren Tribut fordern. Dennoch traut Engel Ralf Schumacher Punkte zu. "Ich habe mit ihm gesprochen und er schien mit seiner Platzierung nicht so unglücklich. Die freie Strategiewahl sollte ihm in die Hände spielen." Nico Rosberg hat das nicht nötig. "Er hat einen Superjob gemacht, aber auch da glaube ich nicht an eine Überraschung." WM-Punkte sind aber auch für Nico das erklärte Ziel.