Genau zum richtigen Zeitpunkt, zwei Wochen vor dem Heimrennen in Monza, hat Ferrari klargemacht: die Formel-1-WM 2007 ist für die Roten noch lange nicht verloren, auch im Jahr 1 nach Michael Schumacher ist man in der Lage, sich aus zwischenzeitlichen Tiefs, wie im Frühsommer, wieder herauszukämpfen. Ferrari jubelte in Istanbul zurecht über einen souveränen Doppelsieg, aber hörte man den Verantwortlichen bei McLaren-Mercedes zu, dann schien das alles gar kein so wirklicher Beinbruch zu sein. Ob Ron Dennis, Norbert Haug oder auch WM-Leader Lewis Hamilton - alle bedauerten zwar "ein paar unglückliche Umstände", ließen aber durchblicken, dass man doch bei etwas glücklicherem Verlauf wesentlich besser hätte aussehen können...

McLaren ist wieder Ferrari-Jäger., Foto: Sutton
McLaren ist wieder Ferrari-Jäger., Foto: Sutton

Der einzige, der aus der Reihe tanzte, war Weltmeister Fernando Alonso. Der war zwar mit seinem dritten Platz und seinen zwei aufgeholten Punkten auf seinen Teamkollegen Lewis Hamilton eher zu den Gewinnern zu zählen, lieferte aber trotzdem eine sehr realistische Einschätzung: "Wir waren hier gegenüber Ferrari einfach zu langsam, was sich irgendwo schon vorher angedroht hatte, wenn man die Ergebnisse der letzten Rennen anschaut. Und auch was die Starts angeht, haben wir ein gewisses Problem. Auch wenn wir anfangs der Saison da besser waren - inzwischen hat uns Ferrari offensichtlich überholt."

Auch wenn sich Alonso mit seiner harten Analyse möglicherweise bei seinem eigenen Team erneut keine Freunde machte - daneben lag der Spanier sicher nicht. In den letzten fünf Rennen war McLaren-Mercedes nur auf dem langsamen, eher untypischen Hungaroring wirklich aus eigener Kraft vorne. In Frankreich, England und jetzt in Istanbul zeigten sich die Ferrari-Vorteile auch in den Ergebnissen, am Nürburgring kam der Regen Alonso und den Silbernen zu Hilfe. Ferrari-Chef Jean Todt kommentierte die Einschätzung des Rivalen jedenfalls nur mit einem lächelnden "ich kann Fernando nur dafür danken, dass er eine so hohe Meinung von uns hat..."

Alonso weiß um die Stärke der Roten., Foto: Sutton
Alonso weiß um die Stärke der Roten., Foto: Sutton

Auch Marc Surer war von der Ferrari-Überlegenheit nicht wirklich überrascht: "Ich hatte das ein wenig erwartet, denn im Training konnte man sehen, dass es immer einen kleinen Vorsprung für Ferrari gibt." Und er weiß auch, wo einer der Gründe dafür lag: "Dass sie den Vorteil haben, mit den weichen Reifen besser fahren können als McLaren-Mercedes, hat ihnen geholfen - nicht zum ersten Mal übrigens. Und mit den weichen hat man nebenbei auch noch am Start Vorteile." Seine Prognose für den Rest der Saison: "Ich denke, dass es auf schnellen Strecken weiterhin Ferrari sein wird, die den Ton angeben werden, auf den langsameren Strecken dann eher McLaren-Mercedes."

Nur - wirklich langsam im Stile von Monaco oder Ungarn ist keiner der kommenden Kurse mehr, am ehesten kann McLaren noch auf Vorteile in Fuji hoffen - aber die Mehrzahl der restlichen Strecken scheint eher für die Roten zu sprechen. So glauben auch viele Experten, dass die WM noch lange nicht für Silber gelaufen ist, McLaren-Mercedes aufpassen muss, den Titel nicht doch noch aus der Hand zu geben. Vor allem in der Konstrukteurs-WM, wo elf Punkte Vorsprung kein wirklich beruhigendes Polster sind und man sich auch sicher nicht darauf verlassen kann, die in Ungarn am grünen Tisch verlorenen 15 Punkte in der Berufungsverhandlung vor dem FIA-Weltrat zurückzubekommen.

Todt hat noch nicht aufgegeben., Foto: Sutton
Todt hat noch nicht aufgegeben., Foto: Sutton

In der Fahrer-WM wird es für die Ferrari-Piloten zwar schwieriger - aber auch nicht unmöglich. Ex-Weltmeister Keke Rosberg sagt: "So lange Lewis Hamilton führt, sind 15, 16 Punkte Rückstand zu viel. Wenn er die Führung aber aus irgendeinem Grund verlieren sollte und wir auf 10 Punkte zu Alonso runterrutschen sollten, ist alles möglich." Noch optimistischer für Rot ist der heutige Toro-Rosso-Teamchef Gerhard Berger: "Auch da ist der Titel für Massa oder Räikkönen absolut noch drin. Ferrari scheint im Rennen generell ein bisschen stärker zu sein als McLaren - nur im Qualifying ist es eher ausgeglichen. Ich glaube, für die Fans wird es ein tolles Finale werden. Für mich wäre es das Schönste, wenn bis zum letzten Rennen noch jeder eine Chance hätte, Weltmeister zu werden. Das wäre ein richtiger Thriller. Dann sollte derjenige gewinnen, der sportlich einfach der Beste ist."